Die Zeit verstrich wie in einem Traum. Akira war allein – oder zumindest fühlte sie sich so. Der Schatten von Raikus Opfer lag schwer auf ihrem Herzen, und die Welt schien kälter und dunkler als je zuvor. Doch tief in ihrem Inneren brannte noch ein Funke, ein Erinnerungsstück an Raikus Stärke und ihre gemeinsame Liebe.
Ihr Kind.
Die Flammen, die in Akira loderten, waren jetzt von Dunkelheit durchzogen, doch sie gab nicht nach. Die Energie, die sie aus diesem neuen Gleichgewicht zog, hielt sie aufrecht. Jeder Tag war ein Kampf, aber sie wusste, dass sie nicht aufgeben durfte – nicht für sich, sondern für das Leben, das sie trug.
Die Hüterin des Grenzlandes
Nach Wochen der Flucht, in denen sie sich zwischen den Reichen der Schattenwölfe und der Oni hindurchschlängelte, erreichte Akira eine Region, die sie nur aus Geschichten kannte. Es war das Grenzland – ein Ort, an dem die Magie so stark war, dass die Luft knisterte und die Realität verschwommen wirkte. Hier lebte eine alte Hüterin, die in Legenden als weise und unbestechlich galt.
Akira wusste, dass sie kaum eine Wahl hatte. Der Grenzstein war nah, und die Verfolger waren nicht weit hinter ihr. Sie hatte das Gefühl, beobachtet zu werden, obwohl keine Schritte zu hören waren. Ihre Kräfte waren erschöpft, und jeder Schritt durch das dichte Unterholz fühlte sich an, als würde sie durch einen Sumpf waten.
Als sie schließlich den Grenzstein erreichte, war er nicht verlassen. Eine schlanke, alte Frau mit langem, silbrigem Haar stand davor. Ihre Augen leuchteten wie das Licht des Mondes, und sie hielt einen Stab in der Hand, der an der Spitze wie ein verästelter Baum aussah.
„Du bist weit gekommen, Akira," sagte die Frau mit einer Stimme, die gleichzeitig sanft und gewaltig klang.
Akira keuchte, ihre Knie gaben nach, und sie fiel auf den Boden. „Bitte... helft mir. Sie werden mich finden. Und mein Kind..."
Die Frau trat näher, ihre Bewegungen geschmeidig wie Wasser. „Dein Kind wird geboren werden, Mischling der Flammen und Schatten. Aber bist du bereit, den Preis dafür zu zahlen?"
Akira sah auf, ihre Augen voller Entschlossenheit. „Ich werde alles tun."
Die Frau nickte langsam. „Dann wirst du bleiben. Doch wisse, Akira, das, was in dir wächst, wird nicht nur von dir bewacht. Die Magie selbst hat ein Auge auf euch geworfen."
Der Ritus des Schutzes
Die Hüterin nahm Akira in ihre Obhut und führte sie in eine verborgene Höhle, die von Licht durchzogen war, das nirgendwoher zu kommen schien. Hier war die Magie dicht und greifbar, und Akira spürte, wie sich ihr Körper langsam erholte.
„Das Kind, das du trägst, ist etwas Besonderes," erklärte die Hüterin eines Abends, als sie Kräuter in einem kleinen Topf zermalmte. „Es ist das Gleichgewicht von Feuer und Schatten. Eine solche Verbindung ist selten – und gefährlich."
„Gefährlich für wen?" fragte Akira, ihre Hand schützend auf ihren Bauch gelegt.
„Für jeden, der es nicht versteht," sagte die Hüterin. „Die Oni werden es als Bedrohung sehen. Die Schattenwölfe ebenso. Aber in Wahrheit... ist es eine Möglichkeit. Eine Brücke zwischen zwei Welten."
Akira schwieg, ihre Gedanken bei Raiku und den Opfern, die er gebracht hatte.
Die Hüterin bereitete einen Ritus vor, um Akira und ihr Kind zu schützen. Es war ein uraltes Ritual, das die Magie des Grenzlandes nutzen würde, um die Verfolger in die Irre zu führen. Doch es war nicht ohne Risiko.
„Du musst während des Rituals stark bleiben," warnte die Hüterin. „Die Kräfte, die wir heraufbeschwören, werden versuchen, dich zu brechen."
Akira nickte. „Ich werde alles tun, um mein Kind zu schützen."
Der Angriff der Verfolger
Das Ritual begann bei Sonnenuntergang. Die Höhle war erfüllt von flackernden Lichtern, und die Luft war schwer von der Energie, die die Hüterin heraufbeschwor. Akira kniete in der Mitte des Kreises, ihre Hände auf ihrem Bauch, während sie die Worte der Hüterin nachsprach.
Doch bevor das Ritual abgeschlossen werden konnte, wurden sie entdeckt. Eine Gruppe von Oni-Kriegern stürmte in die Höhle, gefolgt von Schattenwölfen, die lautlos aus den Schatten sprangen.
„Es endet hier, Akira!" rief einer der Oni, sein Schwert in der Hand.
Die Hüterin trat vor, ihre Augen blitzten. „Ihr wagt es, diesen Ort zu entweihen? Das Grenzland gehört niemandem!"
Die Oni und Schattenwölfe zögerten, aber ihr Hass aufeinander war so tief, dass sie schließlich ihre Waffen zogen. Ein chaotischer Kampf brach aus.
Akira, obwohl geschwächt, richtete sich auf und schleuderte Flammen, die von Schatten durchzogen waren, auf die Angreifer. Doch die Zahl der Verfolger war zu groß, und sie spürte, wie ihre Kräfte nachließen.
In diesem Moment geschah etwas Unerwartetes. Das Kind in ihrem Bauch schien auf die Gefahr zu reagieren. Ein Puls von Energie ging von ihr aus, eine Mischung aus Feuer und Schatten, die die Angreifer zurückwarf und die Höhle in ein unheimliches Licht tauchte.
Die Hüterin nutzte die Gelegenheit, um das Ritual zu vollenden. „Akira, jetzt!" schrie sie.
Akira kniete sich wieder hin, ihre Stimme heiser, aber entschlossen. Sie sprach die letzten Worte des Ritus, und ein Schild aus Licht und Schatten umgab sie. Die Angreifer wurden zurückgeworfen, und die Höhle begann zu beben.
„Ihr habt euren Weg gewählt," sagte die Hüterin, ihre Stimme wie Donner. „Jetzt werdet ihr den Preis zahlen."
Mit einer letzten Geste schloss sie die Höhle, und die Angreifer wurden von einer Welle von Energie fortgespült.
Das Vermächtnis beginnt
Als die Höhle sich wieder beruhigte, sank Akira erschöpft zu Boden. Die Hüterin trat zu ihr, ihre Augen sanfter als zuvor.
„Du hast es geschafft," sagte sie. „Aber dies ist erst der Anfang. Dein Kind wird mächtig sein, und mit dieser Macht wird auch eine große Verantwortung kommen."
Akira nickte schwach. „Ich werde es lehren, stark zu sein. So wie Raiku es war."
Die Hüterin lächelte. „Dann hat dein Kind eine Chance, das Gleichgewicht zu wahren."
Und so begann Akiras nächste Reise – eine Reise, auf der sie ihr Kind aufziehen würde, geschützt von der Magie des Grenzlandes, während die Welt draußen weiterkämpfte.
Doch sie wusste, dass die Gefahr noch nicht vorbei war. Die Oni und Schattenwölfe würden nicht aufgeben, und eines Tages würde ihr Kind selbst für das Schicksal der beiden Reiche kämpfen müssen.
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Die letzte Schattenflamme
FantasyZwischen den Welten von Licht und Schatten, Flammen und Dunkelheit, existiert eine Legende... Miyu ist kein gewöhnliches Wesen. Geboren aus der verbotenen Verbindung einer Oni-Kriegerin und eines Schattenwolfs, trägt er die ungezähmte Macht der Flam...