9 - Misstrauen

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Ich wusste aber, dass ich auf Dauer nicht so weiter machen konnte. Ein mittlerweile zwölfjähriger Junge, alleine in der weiten Welt? Ich hätte nie überlebt. Früher oder später hätte mich eine Bande Krimineller in ihrem Gebiet entdeckt und umgebracht. Meine Überlebenschancen waren also ziemlich gering. Doch ich traf auf einen alten Mann. Sein Name war Mr. Miles. Er war mysteriös und so anders als alle anderen Menschen, die ich getroffen hatte. Er stellte keine Fragen, hatte keine Anforderungen. Im Allgemeinen hatte er auf dem Weg von der kleinen Gasse, in der ich übernachtet hatte, bis zu seinem Haus nicht viel gesagt. Er kam mir merkwürdig vor. Vorsichtshalber hielt ich mein kleines Messer in der Hand und versteckte die Hand in der Hosentasche meiner dreckigen weißen Hose. Man wusste ja nie. Schließlich wusste man nie, wem man vertrauen konnte und wem nicht. „Steig aus, Junge.", sagte er, als wir an einem großen Haus mitten im Wald angekommen waren. Seine Stimme war tief. Tiefer als ich jemals eine Stimme gehört hatte. Aus irgendeinem Grund passte sie zu seinem Äußeren. Er war groß und breit gebaut; hatte aber einen mageren Körper, was durch die schwarze Stoffhose und den dunklen Mantel unterstrichen wurde. Seine grauen Haare stachen an den Seiten seines Hutes hervor. Er drehte sich zu mich um und stieg aus. Er ging einmal um den Wagen herum zu meiner Tür und öffnete sie. Erschrocken rutschte ich auf die andere Seite des Rücksitzes. „Steig schon aus. Bitte." Obwohl seine Stimme sehr tief war, klang sie doch sanft und weich. Das nahm mir ein wenig die Angst. Ich hatte nicht vor, mich dem Mann auf Anhieb zu widersetzen, also stieg ich langsam aus. „Was wollen sie von mir?" Meine Stimme war zittrig, fast schon brüchig. Ich versuchte, meine Worte dennoch bestimmend klingen zu lassen. „Das wirst du noch früh genug erfahren.", erwiderte er knapp und ging durch die Eingangstür des prunkvollen Hauses. Misstrauisch folgte ich ihm. Ich wusste, dass ich durch mein Alter im Falle eines Kampfes die besseren Chancen hätte, aber dennoch ließ mich dieses ungute Gefühl nicht los. Ein alter Mann, der einen Jungen mit zu sich nahm und nicht gerade freundlich schien? Ungewöhnlich, dachte ich, ziemlich ungewöhnlich.

Sie - Bezaubernde GefahrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt