Kapitel 4

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Mist! Mir fiel plötzlich ein, dass noch Leichen auf der Straße lagen, um die ich mich kümmern musste. Wie es im Gesetzbuch der Guardians stand, musste ich die Polizei rufen und sagen, dass ich dir Leichen bei einem Spaziergang gefunden hatte. Also zog ich mir wieder eine Jeans und ein Top an und rief die Polizei, während ich zurück in die Straße ging. Als die Polizei kam, um mich auszufragen, sagte ich kurz meinen Satz und durfte dann gehen. Als ich wieder Zuhause war, sah ich auf die Uhr. Es war schon elf Uhr, also machte ich mich bettfertig, damit ich nicht schon wieder verschlief.
Als ich dann wenige Minuten später im Bett lag, ging ich den Tag nochmal in meinem Kopf durch. Es war so viel geschehen, ich hoffte, dass nun nicht jeder Tag so anstrengend werden würde. Jeden Morgen mit den Menschen in der Schule sitzen und nachmittags dann gegen Roboter kämpfen. Und was ist mit mir passiert, als ich Aden sah? Es war wie eine Krankheit. Mein Gesicht wurde rot, mein Körper fühlte sich an wie Wackelpudding und alles in mir kribbelte. Von so einer Krankheit hatte ich noch nie gehört. Konnte es vielleicht sein, dass...? Nein, das konnte nicht sein. Es durfte nicht sein! Ich konnte nicht verliebt sein, ich hatte keine Gefühle. Liebe ist ein Gefühl! Und wenn sie sich so anfühlte, dann wusste ich nicht, was die Menschen so toll daran fanden.

Irgendwann war ich wohl eingeschlafen, denn plötzlich wurde ich von meinem Wecker geweckt. Ich schlug die Augen auf und tastete im Halbschlaf nach dem Ungetüm, das sich Wecker nannte. Dieser schrille Ton brachte mich noch um. Als ich den Wecker endlich zu fassen bekam, stand ich auf und schmiss ihn gegen eine Wand, an der er in tausend Teile zersprang. Endlich Ruhe! Ich öffnete eine Schublade und nahm einen neuen Wecker heraus. Ich weiß, Menschen schalten ihren Wecker einfach aus und benutzen den gleichen Wecker nochmal, aber das kann ich nicht. Der Weckerton machte mich so aggressiv, dass ich den Wecker einfach zerstören musste. Ich ging in die Küche und suchte dort nach einem Kehrblech, damit ich die Überbleibsel meines Opfers, dem Wecker, entsorgen konnte. Dann zog ich mich an. Da es Sommer war und gutes Wetter gemeldet war, griff ich zu einer kurzen Hose und einem Top. Mein Outfit kombinierte ich mit bequemen Sneakers. Ich hasste Sandalen und Ballerinas, aber vor allem hohe Schuhe, denn die waren so unbequem. In Sneakers konnte man zumindest schnell laufen, wenn es mal nötig war. In der Küche machte ich mir etwas zu essen und dann packte ich meine Schultasche. Ich sah auf die Uhr. Ich hatte noch Zeit, also machte ich mir noch einen Kaffee und warf einen Blick in die Zeitung.

Newstone; Heute wurden drei Leichen in Newstone gefunden. Nach mehreren Befragungen von Zeugen stellte sich heraus, dass es sich um einen weiteren Angriff der Roboter gehandelt habe. Die Polizei hat daraufhin die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt.

Als ich den Kaffee getrunken hatte, fuhr ich in die Schule. Dort sah ich schon einige Polizisten, die für die Sicherheit der Schüler sorgten. Als ich die Klasse betrat fiel mein Blick auf einen Schüler, der am Tag zuvor noch nicht da war. Es war Aden, der Aden, dem ich am Tag zuvor das Leben gerettet hatte. Ich starrte ihn wohl an, denn Kylie kam zu mir und flüsterte: "Das ist Aden. Aber an deiner Stelle würde ich ihn nicht so anstarren, das ist zu auffällig."
Ich spürte wie ich rot anlief. Ich senkte meinen Blick und setzte mich auf meinen Platz neben Aden. Ich wusste ja, dass der Typ neben mir Aden hieß, aber das hatte ich wohl bei dem Angriff am Tag zuvor vergessen und außerdem gab es doch bestimmt mehrere Jungs mit diesem Namen. Ich beschloss mich zusammenzureißen.
"Hey, ich heiße Hope und wie heißt du?", fragte ich ihn dann höflich.
"Ich heiße Aden", sagte er und würdigte mich keines Blickes.
"Das ist ein sehr schöner Name", ich lächelte ihn an, doch er war immer noch in ein Buch vertieft, das vor ihm lag.
Ich spürte etwas an meinem Arm. Es war Kylie, die mir am die Schulter tippte. Ich sah sie an.
"Ich sagte doch, dass Aden nicht sehr gesprächig ist. Aber wenn du an ihm interessiert bist kann ich dir gerne helfen", flüsterte sie mir ins Ohr. Dann zwinkerte sie mir zu und ich wurde erneut rot. Am Tag zuvor schien Aden viel gesprächiger zu sein. Wieso war er jetzt so abweisend?
"Danke, Kylie, aber das ist nicht nötig. Ich stehe nicht auf Aden", flüsterte ich ihr dann zu.
Sie sah mich lange an und fing dann an zu grinsen
"Ach wirklich? Zuerst starrst du ihn an, als wäre er ein Alien, dann wirst du rot, wenn man dir sagt, dass es auffällt und dann streitest du ab, dass du auf ihn stehst? Meine Liebe, du bist sowas von verknallt in ihn."
Kylie lächelte triumphierend, als ich beschämt nach unten sah und erneut rot wurde. Das konnte alles nicht sein. Ich war ein Guardian, ich hatte keine Gefühle. Das ist alles nicht wahr. Was war bloß los mit mir? War das der Umgang mit den Menschen?
Plötzlich spürte ich einen Blick in meinem Nacken. Ich löste meinen Blick von meinem Schoß und sah zu Aden, der mich nun ansah.
"Hope ist auch ein sehr schöner Name", sagte er dann lächelnd.
Und dieses Lächeln! Es war das schönste Lächeln, das ich je gesehen hatte. Ich hatte schon oft von Schmetterlingen im Bauch gehört und immer darüber gelacht. "Wie kann man denn Schmetterlinge im Bauch haben?", hatte ich gesagt. Doch nun, als Aden mich so ansah, da wusste ich was gemeint war, denn eine Horde Schmetterlinge raste durch meinen Magen und ohne einen Grund musste ich lächeln. Er war so unglaublich süß und ich hätte nie gedacht, dass Menschen so wundervoll aussehen konnten. Aden sah mir tief in meine Augen. Diese Augen fand ich schon am Vortag wundervoll und sie schienen noch schöner geworden zu sein.
In meinem Kopf ging ich die Warnung nochmal durch, die ich mein ganzes Leben gehört hatte. Bei der ich mich immer gefragt hatte, wieso sie mir immer wieder gesagt wurde.
Gefühle lenken vom Kämpfen ab.
Jedes Mal die selbe Warnung. Jedes Mal der selbe Gedanke:
Ich habe keine Gefühle.
Das dachte ich zumindest. Aden löste seinen Blick von mir und sah wieder in sein Buch.
Ich wand mich an Kylie.

"Okay, hilf mir bitte."

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