Flucht!

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Nach dem mich Joshua verarztet hat, gab er mir noch ein Schmerzmittel und kümmerte sich dann liebevoll um Skye. Sie war immer noch geschockt und wusste nicht, was genau los war. Sorgfältig behandelte er auch ihre Wunden und blauen Flecken, die sie fast überall hatte. Sie mussten die Kleine richtig rangenommen haben... Mistkerle...wenn ich die in die Finger bekomme, dann setzt was!
Nach einiger Zeit begann das Schmerzmittel zu wirken und ich setzte mich langsam auf. „Warte, ich helfe dir!", schaltete sich Joshua ein. Bedankend sah ich ihn an und lehnte dann keuchend an der Wand. „Danke. Aber was ist, wenn sie dich hier bei uns erwischen?" Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht. „Ich hab mich hochgearbeitet, bin jetzt auch einer der höheren in der Gruppe hier, keine Sorge." Er richtete sich auf und streckte sich erst mal. „Ach und Luke", schaute er zu mir runter, „In zwei Stunden. Nutzt die Zeit, es wird nur dieses Mal so eine Chance geben." Mit diesen Worten hob er die Hand und verliess den Raum.
Etwas verwirrt blickte ich ihm hinterher. „Hast du kapiert, worum es geht?", fragte Skye flüsternd. Ich lächelte sie aufmunternd an und nickte. Dieser Joshua, einfach immer noch ein echter Kumpel. Langsam kam Skye zu mir und setzte sich neben mich hin, legte den Kopf an meine Schulter und kuschelte sich sanft an mich. Ihr Körper war nicht gerade warm, aber strahlte trotzdem etwas aus, was mich erwärmen ließ. Vorsichtig gab ich ihr einen Kuss auf den Kopf. Es tat mir alles so leid. Nun verstand ich, warum sie Skye so fertig gemacht hatten. Wegen mir. Sie schlugen sie, traten auf ein Mädchen ein, das eh schon total wehrlos war. Wegen mir. Haben sie hierher mitgenommen. Wegen mir. Nur, damit sie ein Druckmittel gegen mich haben. Alles meine Schuld. Wäre ich nicht, könnte Skye jetzt noch ruhig leben. Ein glückliches Leben führen. Ich bin so ein schlechter Freund. Damals...ich weiß noch, wie es war, als ich sie zum ersten Mal erblickte. Es war an einem Samstagmorgen. Im Krankenhaus. Sie saß neben dem Bett und schlief. Neben den schmerzen, war sie das erste, was ich feststellte. Sie war da. Immer und von Anfang an. Seit dem Tag drehte sich alles in meinem Kopf um sie.
Ein leises Husten riss mich aus meinen Erinnerungen an früher. Ich guckte zu Skye, wie sie immer noch an meiner Schulter lehnte und anscheinend schlief. Das war wirklich sehr viel für sie gewesen. Und wäre das nicht schon genug gewesen, hatte sie sich anscheinend noch erkältet. Die Kleine tat mir richtig leid. Nein, nicht nur, weil sie meine Freundin war, ich wünschte es keinem, dass er von dieser Gruppe fertig gemacht wird. Naja...doch. Ein paar gibt es, denen ich es wünschen würde. Zum Beispiel der Typ, von dem mir meine Süße erzählt hatte. Sie hatte es nicht einfach gehabt. Nicht verstanden zu werden ist eine Sache, Missbrauch die andere. Ich kannte ihn nicht, doch ich fühle, wie enorme Wut in mir aufstieg. Ich verabscheute ihn, könnte ihn mit eigenen Händen erwürgen. Ein kurzer Schmerz zuckte durch meine Hand. Ich schaute darauf und sah, dass ich sie total angespannt hatte. Ich zwang mich sie wieder langsam zu entspannen, was sich als gar nicht so einfach gestaltete.
Das Jubeln und Gelächter liess mich hochfahren. Das war es, was Joshua gemeint hatte! Etwas unsanft rüttelte ich an Skye. „Hey, Skye! Aufwachen!" Mit einem leisen Brummeln öffnete sie ihre Augen und blinzelte mich verschlafen an. Sofort verlor ich mich in ihnen und ein Lächeln legte sich über meine Lippen.„Was denn...?" Ich schüttelte leicht meinen Kopf und mein Lächeln verschwand. „Es ist Zeit", antwortete ich ihr und versuchte mich aufzurichten. Der Schmerz ging wie eine Schlange durch meinen Körper und erfasste jeden Winkel davon. Keuchend musste ich mich an der Wand abstützen.
"Luke...alles gut?"
"Ja. Mach dir keine Sorgen", antwortete ich ihr und man konnte deutlich meinen Schmerz in der Stimme hören. "Wir müssen uns beeilen!"
Den Schmerz zu ignorieren war zwar schwer, aber irgendwie schaffte ich es, griff nach Skyes Hand und ging mit ihr aus dem kalten, dunkeln Raum.
Wie immer flackerten Lampen an der Decke und man hörte die Stimmen deutlich von links kommen, also zog ich sie nach rechts. "Nicht so...schnell...", flüsterte die Kleine. Aus den Augenwinkel blickte ich zu ihr und sah, wie sehr sie zitterte. Ohne noch mehr Zeit zu verlieren, nahm ich sie huckepack und ging im schnellen Schritt weiter.
Ich musste aufpassen, dass ich nicht stolperte, denn trotz der Beleuchtung, sah man nicht gerade sehr viel. Naja, was hieß hier Beleuchtung. Ein Flackern, das jede Sekunde verrecken könnte, traf es wohl eher. Erstaunlicherweise bin ich nie gestolpert und so erreichte ich mit der kleinen Feder auf meinem Rücken bald die Tür. Hier würde es nach draußen gehen. Raus, in die kalte Nacht. Skye zitterte so schon sehr stark und ich hörte, wie ihre Zähne aufeinander klapperten. Ich öffnete die Tür und ein kalter Wind kam uns entgegen. Der Griff um meinen Hals verstärkte sich, als sie sich enger an mich drückte. Ich trat hinaus. Die Gegend war mir nicht wirklich fremd, aber trotzdem kannte ich mich nicht gut aus. Ich wusste von früher noch, dass ich nach links gehen musste.Seit einiger Zeit schleppte ich uns durch die dünne Schneeschicht, die auf den ganzen Straßen lag. Um Skye etwas abzulenken, sprach ich leise mit ihr. Ab und zu fühlte ich ein kleines, sanftes Nicken an meinem Rücken aber mehr auch nicht. Mein Plan war es, sie zu mir nach Hause zu bringen und dort etwas aufzupäppeln. Ja, mir ging es zwar auch nicht gut, aber das spielte keine Rolle.

Just my demonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt