Blutrausch

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Mit ungläubigem Blick starrte ich auf den leblosen Körper. Das konnte doch alles nur ein Traum sein. "Das...kann nicht dein Ernst sein...", begann ich zu kichern. Ich hob das Messer und rammte es ihm mehrere Male in den Brustkorb. Das Blut flog wie roter Regen durchs Zimmer und befleckte alles, was in erreichbarer Nähe war. Mit trüben Augen schnitt ich der Leiche die Kehle auf, dann zog ich die Klinge über sein Gesicht, entlang der Wangen. Man sah seine Zähne, die schmerzvoll aufeinander lagen. Ein letztes Mal stach ich das Messer in seine zerfetzte Leiche.
Schwer atmend stand ich auf und ging einige Schritte zur Wand zurück, bis ich mit dem Rücken dagegen stand. Verwirrt blickte ich auf meine zitternden, von Blut beschmutzen Hände. Ich ließ mich auf die Knie fallen und hörte mich selber unkontrolliert Lachen. Ein Lachen zwischen Trauer und Rache.
Tränen vermischten sich mit dem Blut an meinen Händen. Ich weinte? Keine Ahnung warum, aber irgendwo tief in mir, verspürte ich Schmerz, Schmerz, der mich auffressen würde. Mit zittrigen Beinen stand ich auf und begab mich zu Dannys totem Körper. Ich griff nach dem Messer und zog es aus der Leiche. Ich musste hier weg, einfach nur noch weg. Mit Knien die Wackelpudding glichen, taumelte ich die Stufen runter und dann ins Freie. Es war kalt und schneite sehr stark, meine Fußspuren würden also verdeckt werden. Mit lautlosen Schritten verließ ich die Umgebung, wo ich mich mal wie zu Hause gefühlt hatte. Ich hatte gerade meinen "Bruder" umgebracht. Der Gedanke daran, dass Danny wie ein Bruder war, ließ mich aufschluchzen. Doch auf der anderen Seite, war er nichts weiter, als jemand von der Gang und diese Gruppe hatte nichts Besseres verdient als den Tod.
Lange war ich noch draußen unterwegs. Ich wusste nicht, wohin ich ging, ich ließ meine Füße dies entscheiden. Es war mir eigentlich egal, was nun passieren würde, einfach nur egal.
Da saß ich nun. An einen Baum gelehnt im Schnee. Die Kälte war mir egal, denn ich fühlte sie nicht. Mir war irgendwie komisch. Nein, nicht komisch in dem Sinn von ich "fühle mich nicht gut", eher in dem Sinn von "ich brauche mehr". Ja, das war es. Ich wollte mehr. Mehr Blut, mehr Schreie, mehr Leid. Das Grinsen auf meinem Gesicht wurde breiter. Lange blickte ich das Messer an, welches ich im der Hand hielt. Das Blut daran war bereits geronnen und begann abzufallen. Nach einigen Minuten erhob ich mich aus dem Schnee. Die Kleidung war durchnässt und meine Beine zitterten immer noch. Mein Blick wanderte umher und ich stellte fest, dass ich im Park sein musste. Also ging ich nach Süden, denn dort war die Straße am nächsten.
Dort angekommen, entdeckte ich schon jemanden. Einen Junge, vielleicht 15 Jahre alt. Ich begab mich zu ihm und frage, wie es ihm denn ginge.
"Mh? Warum willst de das wissen?"
Mit den Schultern zuckend sah ich in den Himmel, wo immer noch kalte Flocken herum wirbelten.
"Weißt du, was gut zu Weiß passt?", lächelte ich ihn an, "Rot". Mit diesen Worten versenkte ich die Schneide in seinem Bauch.
Der schlappe Körper des Jungen sackte zu Boden. Er zog schmerzend die Luft ein und versuchte zu schreien. Doch anstelle eines Schreies, kam nur ein qualvolles Quiken aus seiner Kehle. Ich wartete, bis sich der Teenager nicht mehr rührte. Sein Herz hatte aufgehört zu schlagen, die Augen waren nach oben gerichtet und die letzte Träne sickerte ihm über das Gesicht. Seinen Handgriff lockerte sich und die Hand sinkte neben die Leiche, die Hand, mit der er krampfhaft vor Schmerzen sein Oberteil hielt. Ich kniete mich zu ihm runter und suchte sein Geldbeutel. Auf Geld war ich nicht aus, das war mir so egal. Unwissend, was ich tat, kramte ich den Personalausweis heraus. Nachdem ich den Namen gelesen hatte, zerschnitt ich sie mit dem Messer und legte die zerstörte Karte auf den leblosen Körper, nachdem ich meine Fingerabdrücke weggewischt hatte.
Ein letztes Mal betrachtete ich ihn, schloss ihm dann die Augen und richtete mich auf, trat einige Schritte zurück und ging davon.
Die ganze Zeit über blickte ich auf den vom Schnee bedeckten Boden. Als ich meinen Kopf hob, fuhren gerade Krankenwagen und Polizisten vorbei. Es war Ohrenbetäubend. Ich blickte über meine Schulter zurück. „Zum Glück ist es Nacht, sonst würde man meine blutigen Kleider sehen...", hörte ich mich selbst vor mich hin murmeln. Einen Fuß vor den anderen gesetzt, stapfte ich weiter durch das kalte Nass. Irgendeinmal, ich weiß nicht mal wieso, stand ich vor meinem Zuhause. Die Lichter waren ausgeschaltet, es sah so aus, als wäre es einsam und verlassen. Naja, war es ja eigentlich auch, aber da ich wusste, dass Skye im Keller ist, war es nicht verlassen. Skye. Endlich gehörte sie nur mir alleine, nur mir. Danny kann ihr nichts mehr antun, er hat ins Gras gebissen. Mit kalten Händen öffnete ich die Tür und betrat den Flur. Es war mulmig warm und man fühlte sich direkt geborgen und sicher.
Ich legte meine kalte Hand an den Lichtschalter, betätigte ihn und wenige Sekunden später schaltete sich die Lampe über mir an. Es war keine gewöhnliche. Meine Mutter hat sie damals von Tokyo mitgebracht, als sie dort ein Meeting mit einer anderen Firma hatte. Um ehrlich zu sein, konnte ich damals und auch heute nicht sagen, ob sie mir nun gefällt oder nicht. Einerseits war sie kitschig und passte nicht in den Flur. Aber auf der anderen Seite war diese am Rand verzierte, aus Glas gemachte und glitzernde Lampe das, was einem das Gefühl gibt zu Hause zu sein.
Als ich meine Hand vom Schalter nahm, blieb ein dunkelroter Abdruck zurück. Ein Abdruck von meiner Hand und Dannys Blut. Schwer drehte ich den Kopf Richtung Treppe. Nur noch Duschen und dieses...Zeugs...von mir runter waschen. Ich wollte keinen Kontakt mehr mit ihm haben, auch nicht durch Blut. Mit müden Schritten begab ich mich ins Bad und stellte mich kurzer Zeit darauf unter das heiße Wasser.
Abgetrocknet und in Unterwäsche stand ich in meinem Zimmer vor dem Schrank. Mein Blick überflog die verschieden farbigen Kleider. Als ich etwas entdeckte, was gerde gut zu meiner Stimmumg passte, zog ich es aus dem Stapel und stulpte mir den grauen Pullover über die nassen, zerzausten Haare. Dunkelblaue Jeans und schwarze Socken waren ebenfalls schnell angezogen. Mit leichen Füßen gleitete ich die Treppe runter, wobei es mich am Ende beinahe auf die Schnauze schlug.
Unten angekommen begab ich mich zur Tür die zum Keller führte. Leise öffnete ich sie.
"Skye?", sagte ich lieblich in die Dunkelheit. Doch ich bekam keine Antwort.

Just my demonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt