Kenne ich ihn doch nicht so gut?

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»Wollen wir etwas zocken?« fragte er mich. Ich zuckte mit den Schultern. Ich wusste schließlich nicht, welche Art von Spielen er besaß. Kenshin zog mich in sein Zimmer. Nachdenklich stellte er sich vor ein vollgestopften Regal. Ich setzte mich auf sein Bett und betrachtete ihn still. »Auf was hättest du denn Lust?« Er wandte sich mir zu. Kurz dachte ich nach und kam zu den Entschluss, dass ein Ego-Shooter wahrscheinlich am besten wäre. Sonst würde ich ihn noch in Wirklichkeit erschießen. Und das wäre nicht so vorteilhaft. Ich glaube es wäre verständlich, wenn ich ihn abknallen würde, bei dem was er beim Frühstück angestellt hatte. Kenshin schnappte sich ein Spiel aus dem Regal. Er reichte mir einen Controller und schon startete das Spiel. Nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass ich das Spiel besser beherrschte als er. Zu Kenshins Missfallen. »Wieso kannst du das so gut?« seufzte er und legte seinen Kopf auf meine Schulter. Seine Augen waren bis zur Hälfte geschlossen. Er wirkte so... ruhig und glücklich. Ich versuchte mich auf das Spiel zu konzentrieren, doch Kenshin zog meine gesamte Aufmerksamkeit auf sich. »Ich dachte, du wolltest etwas spielen und nicht kuscheln.« sagte ich scherzeshalber unter einem nervösen Lachen. Doch von Kenshin kam keine Reaktion. Er lehnte sich nur an mich. Plötzlich legte er seine Hand auf meine, die noch den schwarzen Controller hielt, worauf ich sofort zusammen zuckte. Mein Puls wurde schlagartig schneller. Er machte mich noch verrückt! »Schau mir in die Augen, Akira...« Die Hitze stieg mir spürbar ins Gesicht. Ich wollte nicht, dass er sieht, wie rot ich gerade war. Aber anscheinend gehörte es nicht zu meiner Freiheit das zu entscheiden. Er drehte mein Gesicht einfach zu sich. »Was empfindest du für mich?« fragte er erstaunlich ruhig. Wie konnte er in so einer Situation so gelassen sein? Erwartungsvoll sah er mir in die Augen und ich schaute ihm ebenfalls in die blutroten Iren. Ich verlor mich darin. Das Spiel ignorierten wir beide, obwohl es sicher nicht gut um unsere Charaktere stand. Weiche Lippen holten mich aus meinen Tagträumen. Völlig überfordert schreckte ich zurück. Kenshin lächelte mich jedoch furchtbar nett an. Wieso musste er mich denn dauernd küssen? »Ich warte auf deine Antwort, Akira.« Natürlich wollte er wissen was ich für ihn fühle. Wie soll ich das denn beantworten? Ich weiß es doch selbst nicht. Meine Gefühle spielten in letzter Zeit sowieso dauernd verrückt. Wie sollte ich also wissen was genau ich für ihn empfinde? Er ist mir wichtig. Mehr weiß ich aber nicht. »I-Ich weiß nicht...« stotterte ich. Mein Herz schlug mir dabei bis zum Hals. Er zog mich sanft in eine innige Umarmung. Ich legte meine Arme um Kenshin und zog ihn etwas näher an mich. Seine Wärme tat mir unglaublich gut. Mein Herzschlag beschleunigte sich wieder, doch ich war nicht der einzige, der so reagierte. Kenshins Herz schlug ebenfalls schneller. Ich blendete die Welt um mich herum vollkommen aus. Wir befanden uns in unserer eigenen kleinen Welt. »Kenshin... Ich glaube, ich... lie-« kam es aus plötzlich aus mir heraus, doch ich wurde von dem lauten Zuschlagen einer Tür unterbrochen. Gerade in diesem wichtigen Moment. Ich wusste nicht ob ich mich darüber ägern oder freuen sollte. »W-Was hast du gesagt?« fragte mich Kenshin. Das werde ich bestimmt nicht wiederholen! Sekunden später wurde auch die Tür des Zimmers in dem wir uns befinden aufgeworfen. Ayumi erblickte uns und fing sofort an zu grinsen. »Ich geh' dann mal wieder.« Man merkte, dass es ihr etwas peinlich war, sie freute sich trotzdem über ihre Entdeckung. Trotzdem sah sie gerade ihren Bruder in einer engen Umarmung mit einem andern Kerl. Wem wäre das nicht peinlich? Meine Gesichtsfarbe verfärbte sich immer mehr in ein tiefes Rot. Wieso gerade Ayumi? Da wäre mir sogar Haruka lieber gewesen! Und sie hätte mich wahrscheinlich Wochenlang damit aufgezogen. Die Tür fiel leise ins Schloß. »Na toll...« seufzte Kenshin. Er sprang auf und machte sich auf den Weg in Ayumis Zimmer, um ihr diese Situation zu erklären.

Still und schweigend saß ich neben Ayumi auf dem großen Sofa im Wohnzimmer. Kenshin stand in der Küche und kochte unser Mittagsessen. Was es wohl geben wird? Ayumi tippte wie verrückt auf ihrem Handy rum und beachtete mich scheinbar gar nicht. »Seid ihr jetzt zusammen, oder so?« wollte sie wissen. Sie sprach zwar mit mir, würdigte mich aber keines Blickes. Ayumi war viel zu vertieft in ihren Chat. »Nein.« sagte ich gelassen. Nun legte sie doch ihr Handy zur Seite. »Und was dann?« Ich musste zugeben, damit hatte sie mich. Freunde, waren wir schon lange nicht mehr. Aber zusammen sind wir genauso wenig. Wir waren irgendetwas dazwischen. »Was meintest du bei unserer ersten Begegnung eigentlich mit 'eine deiner Bekanntschaften'?« wechselte ich das Thema. »Ach das. Willst du das wirklich wissen?« Ayumi wirkte besorgt. Nicht so, wie normalerweise. »Ja! Deswegen frage ich ja.« entfuhr es mir leicht genervt. Also wirklich... »Naja... Als Kenshin und sein damaliger Freund sich getrennt haben, hatte er viele Liebhaber um die Trennung zu verarbeiten. Du würdest dich wundern, was das alles für Typen waren. Selbst einer aus meiner Klasse gehörte dazu.« Die letzten zwei Sätze hatte sie nur witzelnd gemeint, aber waren hundert prozentig wahr. Es war ein seltsames Gefühl so etwas von Kenshin zu hören. Ich hätte immer gedacht, dass er so etwas ernst nimmt und nicht wegen einer Trennung durch die Gegend hurt. Ich kannte ihn anscheinend doch nicht so gut, wie ich dachte...

Was willst du von mir?! (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt