Kapitel 2

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- Foto von Paige Walden -

Ruckartig zog ich die oberste Schublade auf und nahm das kleine, aus Holz geschnitzte Kästchen mit meinen Initialen und meinem Geburtsdatum darauf hinaus. Ich öffnete sie und kramte mit zitternden Händen die kleine Klinge hervor.
Die Tränen rannten mir inzwischen in Strömen die Wange herunter und brannten wie Salz in einer offenen Wunde. Ich weinte viel zu oft und es wunderte mich, dass ich überhaupt noch Tränen übrig hatte. Schnell schob ich den Ärmel meines Pullovers nach oben und entblößte meinen ziemlich entstellten Unterarm mit einem Dutzend dünner Narben, die sich untereinander aufreihten. Ohne lange zu überlegen setzte ich die Klinge an und drückte sie langsam aber sicher tief in mein Fleisch. Blut quoll aus der Wunde und ich zog ihn einmal quer über meinen Arm.  Die gebräunte Haut verfärbte sich in Sekunden dunkelrot und Blut tropfte auf meine graue Hose. Ich schluchzte und stöhnte bei dem Schmerz, der langsam meinen leeren Körper ausfüllte. 2 mal zog ich eine gerade Linie auf die empfindliche Haut, dann legte ich das blutverschmierte Werkzeug auf meine Kommode. Meine Augen folgten den Bahnen, die die Blutstropfen zogen, während ich das Gefühl der Lebendigkeit auskostete. Der Schmerz verlieh mir etwas menschliches, etwas das ich glaubte nicht mehr zu besitzen. Er begann im Kopf und floss durch jeden Winkel meines Körpers. Ich spürte, wie er gegen meinen inneren Schmerz, meine Einsamkeit ankämpfte und hoffte er wird dieses Mal gewinnen. Doch er scheiterte. Wie oft musste ich mich verletzten, bis das Leid in mir drin verschwand? Ich wollte sterben, doch dafür war ich schon zu tot.

Als der Schmerz schließlich versiegte nahm ich mir ein altes Tshirt und drückte es auf die Wunden, um die Blutung zu stoppen. Nachdem die Klinge wieder in der Kiste verstaut und diese in der Kommode versteckt war, legte ich mich unter meine Bettdecke und starrte die Wand an. Es kostete mich alle Kraft die ich besaß, nicht nach unten zu Mum und Chris zu gehen, mich von Ihnen in die Arme nehmen zu lassen und so lange zu weinen, bis dieser schreckliche innere Schmerz aufhörte mich aufzufressen.

Ich schaue auf die Uhr, 18:48. Um 21 Uhr sollte Brook kommen, also nutze ich die Zeit, legte mich hin und fiel in einen kurzen, unruhigen Schlaf

...

"Mein Engel, du siehst wunderschön aus! Gott, ich habe die schönste Tochter der Welt!"

"Oh Daddy, hör auf!", lachte ich und wurde rot. Mein Dad guckte mich mit den stolzen Augen eines Vaters an und drückte mich fest an sich.

"Du bist das schönste Mädchen, dass ich jemals gesehen habe PP!", sagte er sanft und küsste mich auf die Stirn.

"Ich hab dich lieb, Daddy", flüsterte ich.

"Ich dich auch mein Schatz!"

Ich blickte zu ihm auf und schaue in sein liebenswertes, vertrautes Gesicht mit den kleinen Falten um die Augen und den Mund, als es plötzlich zu verblassen begann. Sein Lächeln verschwand und über seine Augen legte sich ein dunkler Schatten. Seine Hand, die ich hielt wurde kalt und er entzog sie mir langsam.

"Daddy, geh nicht, Daddy! Daddy!", weinte ich und versuchte seinen Arm zu fassen. Doch er verschwand langsam, bis nur noch seine Umrisse vor mir zu erkennen waren.

"DADDY, bitte geh nicht, lass mich nicht allein...", rief ich verzweifelt.

"Paige! Paige, alles ist gut, alles ist gut", hörte ich eine Stimme von irgendwo her. Mein Kopf dröhnte erneut und ich suchte den Ort nach der Stimme ab, doch sie schien überall.
Sie wurde lauter und lauter, bis ich endlich wach wurde.

. . .

Vielen Dank für's weiterlesen! Ich hoffe ihr habt einen tollen Tag :)

Ich würde mich sehr über's Voten und Kommentieren freuen!

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TOO DEAD TO DIEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt