"Dann finde ich es eben selbst heraus!"

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Shirins POV

"Shirin, wach auf, es ist schon 10 Uhr." Ich nehme Dagis sanfte Stimme wahr, ich schrecke sofort auf , die Blondine steht bereits angezogen und geschminkt im Türrahmen. "Shit, wir wollten uns doch mit Paola um halb 11 im Studio treffen, shit", sage ich, während ich aus meinem Kleiderschrank ein zusammenpassendes Outfit rauskrame und es anziehe. Danach husche ich hastig ins Bad und lege Makeup auf, zum Duschen ist keine Zeit. Ich trage meine Wimperntusche auf, als das Klingeln der Tür durch die Wohnung hallt. "Dagi, machst du auf?", frage ich und schminke mich weiter. "Klar." Ich höre die Tür aufgehen, ich gucke kurz, wer es ist. Paola?

"Was machst du hier? Ich dachte, wir treffen uns im Studio?", fragt Dagi, ich bin fertig mit Schminken und trete hinzu, ich binde mir währenddessen meine Haare. "Ich will wissen, was gestern passiert ist, weil ihr gestern nicht gekommen seid und heute heißt es, dass Melina wieder nicht kommen kann. Was ist los?" Huh, Melina kommt nicht mit? Das hat mir Dagi noch gar nicht gesagt, aber ich habe mir es schon gedacht. Ohne die Aufforderung reinzukommen abzuwarten kommt Paola in unser Apartment und schließt die Tür hinter sich, ihre brauen Augen strahlen Sorge und Neugier aus. Ich habe Melina heute selbst noch nicht gesehen, das Mädchen auch nicht. "Dann finde ich es eben selbst heraus!", meint die Brünette dann und geht erstmal instinktiv Richtung Melinas Schlafzimmer, wir folgen ihr. Die Tür ist ein Spalt weit offen, ich höre eine Stimme und halte Paola und Dagi auf, sodass wir hören können, was gesagt wird. "Versteh doch, wir tun dir nichts. Wir wollen dir nur helfen." Es ist Melina, sie versucht wahrscheinlich rauszufinden, wer die Unbekannte ist. "Ihr hättet mir geholfen, indem ich mich hättet sterben lassen..." Ihre Stimme ist so schwach und bricht am Ende. "Wer ist das? Mit wem redet Melina?", fragt uns Paola leise, ich gehe nun voran ins Wohnzimmer und die Beiden folgen mir, wir setzen uns auf die Couch und ich fange an die Geschichte zu erzählen.

"Wir sind gestern Abend Brötchen kaufen gegangen, also Dagi, Melina und ich, weil Melina Hunger hatte. Danach wollten wir dann auch ins Studio kommen. Aber auf dem Weg zurück ins Apartment wurden wir Zeugen wie ein Mann ein Mädchen verprügelt. Wir haben ihn verscheucht und wollten dem Mädchen helfen, aber es war wirklich schwach. Sie sagte nichts außer, dass sie nicht nach Hause möchte und dass sie sterben will." Ein Gefühl von Trauer steigt mir auf und ich mache eine Pause, Dagi erzählt die Geschichte weiter. "Die Unbekannte verlor ihr Bewusstsein, aber wir konnten sie nicht da liegen und sterben lassen. Wir haben beschlossen, sie erstmal hier zu behalten bis sie aufwacht und dann sehen wir weiter."

"Das arme Mädchen", meint Paola nun mitfühlend, dann kommt Melina ins Wohnzimmer. "Paola, was machst du denn hier?" "Ich wollte schauen, was los ist." Melina nickt und setzt sich zu uns. "Und? Irgendwas rausgefunden?" "Sie heißt Laura und 16, mehr kann ich euch auch nicht sagen. Sie vertraut uns nicht." Ich stehe auf, die anderen schauen mich fragend an. "Ich versuch auch mal etwas aus ihr herauszubekommen."

Ich gehe in Melinas Schlafzimmer und sehe das Mädchen an der Bettkante sitzend, sie blickt auf ihre Hände. Der Rest ist mir gefolgt und wir treten alle in das Zimmer. "Je näher ich an sie herantrete, desto mehr erkenne ich, dass ihre Hände bluten. "Dagi, hol den Verbandskoffer. Der liegt im Bad", sage ich leise, aber laut genug, dass Laura uns jetzt bemerkt. Hastig dreht sie sich um und versteckt ihre Hände vor uns. Sie guckt uns erst ängstlich mit großen, unschuldigen Augen an, aber dann verändert sich ihr Blick, er wird prüfend und ungläubig.

"Dagi? Dagi Bee? Und Shirin und Paola?... Melina!" Sie scheint uns jetzt zu erkennen, ihre Stimme klingt überrascht und etwas fester, sie blickt hastig um sich, sie scheint erst jetzt alles zu realisieren, wer wir sind und wo sie ist. Paola und ich setzen uns neben sie auf das Bett, Melina, wieso auch immer, bleibt an der Tür stehen. "Hey, geht es dir gut?", frage ich sie dann einfühlsam, ich lege meinen Arm um sie. Statt mir zu antworten zeigt sie mir einen Funken Vertrauen und streckt mir ihre Hände entgegen, ich schaue sie mir an, auch Melina kommt nun näher. Lauras Hände sind ganz wund, wie ist uns das gestern nur nicht aufgefallen? Wenige Sekunden später kommt auch Dagi wieder zu uns mit dem Verbandskoffer, ich nehme die Hände der Verletzten und die Blondine bandagiert diese. "Besser?", frage ich lächelnd und lasse sie wieder los. "Danke." Das erste Mal sehe ich Laura lächeln, ich muss es sofort auch. "Möchtest du uns jetzt erzählen, was passiert ist?", fragt Melina vorsichtig, das Mädchen seufzt und gibt uns die nötigen Einblicke in ihr Leben.

"Ich wurde an meiner Schule gemobbt, meinen Eltern war das egal. Sie interessierten sich nur für meinen Bruder. Ich habe das Ganze nicht mehr ausgehalten und bin mit meinem Fahrgeld fürs neue Schuljahr abgehauen und bin hier in Köln gelandet. Ich bin seit mehreren Wochen hier, habe aber kein Geld mehr. Ich wollte mein Handy gestern verkaufen, weil es leer ist und ich gefroren habe. Aber da kam dieser Mann, nahm mein Handy und wollte, dass ich..."

Sie bricht ab, aber jede von uns weiß, was sie meint. Er wollte mit ihr schlafen, sie sollte sich verkaufen. Laura muss echt Stolz besitzen, selbst in einer solch ausweglosen Situation sich treu zu bleiben. Ich wäre einfach darauf eingegangen, ich hätte einfach nachgegeben. Melina nimmt sie nun, wie aus dem Nichts, in ihre Arme und drückt sie ganz fest an sich. "Keine Sorge. Du bleibst erstmal hier, du brauchst nicht auf der Straße verhungern."

Ich hab beschlossen, es hier enden zu lassen (das Kapitel, nicht die Story, haha) und das Kapitel mal ein bisschen kürzer zu halten. Hab jetzt wieder Schule, deshalb hab ich weniger Zeit zum Schreiben.


Why I got you on my mind? Abgeschlossen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt