"Nur damit das klar ist."

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Melinas POV

"Laura? Ist es das?" Ich blicke rüber zu ihr, sie nickt nervös. Wir beide sitzen auf der Rücksitzbank von Joyces Auto, sie sitzt vorne und fährt. Auf dem Beifahrersitz hat es sich Kelly gemütlich gemacht, sie scheint zu schlafen, weil ein leises Schnarchen aus ihrer Richtung kommt.

Joyce bringt das Auto zum Stehen, Laura rutscht unruhig auf ihrem Sitz hin und her. "Laura, du brauchst nicht nervös sein", versuche ich sie zu beruhigen und streiche ihr eine braune Strähne aus dem Gesicht. Sie blickt aus dem Fenster, in der Einfahrt steht ein alter Lupo, der schon einige Jahre auf den Buckel zu haben scheint, auch das Haus sieht etwas heruntergekommen aus. "Scheiße", murmelt meine Freundin leise, aber ich höre es und auch die Anspannung in ihrer Stimme. "Ich kann das nicht!" Sie vergräbt ihren Kopf in ihren Händen, sie hatte Angst, aber heute ist die nunmal die Zeit gekommen und sie muss sich damit auseinander setzen. Joyce, Kelly und ich sind auch für sie da, sie muss es nicht alleine tun.

"Komm, du schaffst das, wir sind da!", meint nun Joyce und dreht sich zu uns um, Laura nickt zögernd. Die Ältere rüttelt nun Kelly wach, sie springt sofort auf und steigt aus, Joyce folgt ihr kurz darauf. "Du musst es ihnen nicht erklären, wir nehmen deine Sachen mit und gehen dann wieder", erkläre ich ihr nochmal den Plan, sie nickt und wir steigen dann auch aus.

Joyce öffnet das Gartentor und Kelly, Laura und ich folgen ihr. An der Tür angekommen bleiben wir erstmal stehen, die Jüngste kramt einen Schlüssel aus ihrer Rucksack, den ich ihr vor ein paar Tagen gekauft habe. Mit deiner Hand schließt sie die Tür auf, die andere halte ich fest. Sie schwitzt ein wenig, sie ist sehr nervös, zu recht. Ich meine, wer wäre es nicht, wenn man von zu Hause abgehauen ist und jetzt, einige Monate später, wieder kommt um seine wichtigsten Sachen zu holen. Sie atmet noch einmal tief durch und dreht den Schlüssel im Schloss um, sodass es klickt. Die junge Brünette öffnet langsam und zaghaft die Tür, ich lasse ihre Hand nicht los, Kelly schließt sie dann, als wir alle in das Haus eingedrungen sind.

Ich schaue mich kurz um, es ist relativ schön eingerichtet, aber klein und eng. Wir stehen in einem Flur, der in eine Küche mündet, in die wir nun auch gehen.

"Juli? Bist du das?" Laura zuckt augenblicklich zusammen, eine Frauenstimme hallt durch die Wohnung, wahrscheinlich ist es ihre Mutter. Sie fragt anscheinend nach Lauras Bruder, der noch in der Schule zu sein scheint, weil es halb 11 am Morgen ist. Ich nehme knarrende Dielen wahr, es sind Schritte und sie kommen immer näher. "Wir halten sie auf", meint Kelly und Joyce gibt ihr Einverständnis durch ein Nicken. "Passt auf", meint Laura leise, die zwei Frauen nicken.

Während sie in der Küche bleiben, zieht mich meine feste Freundin weiter zu einer Tür. Auf dieser steht ihr Name und einige Poster mit Sprüchen wie 'Keep Out!' oder 'Willkommen im Chaos'. Laura hat es nicht so mit Ordnung, sie erinnert mich in dieser Art ein wenig an Kelly, sie ist auch eine Chaotin, aber Laura kann immerhin kochen.

Sie drückt die Türklinke hinunter und drückt die Tür mit einem Quietschen auf. Dann löst sie sich von mir und stürmt in das Zimmer, es ist ihr Zimmer gewesen. Langsam trete ich nun auch ein und sehe mich um, es ist etwas klein, aber schön. Links befinden sich ein Schrank, zwei Sessel und ein Tisch, an der Wand gegenüber ein Fenster und ein Bücherregal, rechts ein Doppelbett und ein Schreibtisch. Auffällig ist, dass alles schwarz und weiß ist, auch die Tapete. Laura stellt ihren Rucksack auf den Boden ab und öffnet ihn, dann fängt sie an ihr Zimmer zu durchsuchen.

"Soll ich mit suchen?", biete ich an, sie zeigt auf das Bücherregal. "Suche meine Paramore CDs, es sind vier, das Lorde Album und meine Magische Zirkel Bücher, es sind sechs" gibt sie mir als Auftrag, nickend versuche ich die Sachen ausfindig zu machen. Sie hat viele CDs, vieles verschiedenes, von Lindsey Stirling über Paramore bis zu Lorde. Ich nehme die vier von der Rockband und das 'Pure Heroine' Album und lege sie neben dem Rucksack ab. Dann hole ich noch die Bücher, ich habe noch nie von ihnen gehört, aber die Autorin, Lisa Jane Smith, kenne ich von den Vampire Diaries, ich lege sie neben den CDs ab.

Laura sitzt auf dem Bett, sie hat Tränen in den Augen, welche auf ein Buch mit hübschen Einband tropfen. "Hey, was ist los?", frage ich, setze mich neben sie und lege einen Arm um sie. "Es ist nur... mein Tagebuch..." Sie wischt sich die Tränen weg und schlägt das Büchlein zu und wirft es Richtung Rucksack. Ich möchte gar nicht wissen, was drin steht, sie muss es mir nicht sagen. "Wir sammeln noch dein restliches Zeug zusammen und dann gehen wir", sage ich ruhig und sanft, sie nickt und geht an ihren Sessel. Sie schnappt sich einen Plüschminion, ich muss grinsen. Sie ist irgendwie verrückt nach den kleinen Kerlen, aber sie sind auch wirklich knuffig.

Ich bemerke nun zwei Poster, die an ihren Schrank hängen, auf dem einem sind Dagi und ich, auf den anderen nur ich, ich tippe Laura auf die Schulter und mache sie darauf aufmerksam. "Warst wohl ein Fan", meine ich lachend, sie wird leicht rot und schnappt sich noch ein paar Pullover und T-Shirts aus ihrem Schrank.

Zu guter Letzt holt sie noch einen Basketball unter ihrem Bett hervor und packt nun alles in den Rucksack. "Ich wusste gar nicht, dass du spielst." Sie zieht ihn sich auf den Rücken und schaut sich nochmal um. "Es hat mir geholfen, es hat mich alles andere vergessen lassen. Weißt du wie das ist, wenn du überhaupt nichts kannst und dann findest du diese eine Sache, in der du besser bist als andere? Bei mir ist das Basketball, ich hab' mich beim Spielen immer wie etwas Besonderes gefühlt, es hat mir Spaß gemacht." Ich lächle, sie hat es so schön gesagt, sie fängt auch an zu lächeln.

"Laura, du Miststück!" Eine wütende Frau, um die 40, kommt angerannt und schlägt meiner Freundin ins Gesicht. Diese schreit auf und hält sich ihre blutende Nase, es zeichnet sich jetzt schon ein blaues Auge ab.

Die Mutter möchte noch einmal zuschlagen, aber ich stelle mich ihr in den Weg. "Verpiss dich, du Schnepfe! Was fällt dir eigentlich ein meine Tochter zu verführen!", schreit sie mich an, ich bin geschockt. "Wie bitte?", frage ich nach und blicke die Frau ungläubig an. "Du hast schon richtig verstanden. Meine Tochter war hetero und dann kamst du!" Ich kann nicht glauben, was sie mir da in den Kopf wirft, Laura hat sich anscheinend nie vor ihr geoutet. Mal ehrlich, das hätte ich auch nicht, diese Frau ist intolerant wie nochmal was.

"Ich war vorher schon lesbisch, ich war nie hetero, Mutter." Lauras Stimme klingt verachtend, die Mutter dreht sich wieder zu ihr und schlägt sie so hart, dass sie auf den Boden sackt.

Ich kann sie nun verstehen, sie ist aus einem guten Grund abgehauen, etwas geschockt helfe ich meiner Freundin wieder auf die Beine. Ich nehme ihr den Rucksack ab und nehme sie bei der Hand. "Nein, du bleibst hier!" Die Frau packt ihre Tochter an der Hand, ich versuche sie ihr zu entreißen. Als ich Probleme bekomme, greifen mir Kelly und Joyce unter die Arme und ziehen die Mutter von Laura weg.

"Nur damit das klar ist: Laura hat sich für mich entschieden und sie liebt mich!", meine ich verachtend und ziehe meine Freundin aus dem Raum dicht gefolgt von meinen beiden Komplizen. Ich reiße die Tür und renne zum Auto, als ich auf einmal einen Hund höre. Er springt uns hinterher und hoppst Laura in die Arme. "Jackson...", murmelt sie und drückt ihn fest an sich. Er ist ein Mischling, er hat etwas von einem Collie, aber er ist kleiner. Der Hund schleckt ihr Gesicht ab, sie lächelt.

Joyce und Kelly sind nun auch beim Auto, sie steigen wieder vorne ein, ich warte noch auf Laura, die sich nicht von ihrem Hund trennen will, sie scheint eine tiefe Bindung zu ihm aufgebaut zu haben.

"Nimm' ihn mit", flüstere ich ihr ins Ohr, sie dreht sich zu mir um und strahlt. Sie steigt ein und klopft auf ihren Schoss, Jackson springt sofort in das Auto und macht es sich auf Laura gemütlich, ich steige auf der anderen Seite ein. "Dürft ihr in eurer Wohnung Hunde halten?", fragt sie mich dann, als wir losfahren. "Nein, aber es wird eine kleine Überraschung geben, wenn wir zurück in Köln sind", meine ich grinsend, sie blickt nur verwirrt, sie hat noch keine Ahnung, was unter anderem Shirin, Dagi und Simon, seit wir losgefahren sind, gemacht haben.

Hier mal wieder ein neues Kapi, auch mal wieder ein längeres. Ich hoffe es gefällt euch :3

Why I got you on my mind? Abgeschlossen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt