Familienleben? Nein Danke!

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Tom's P.O.V

"Wo bist du?", waren die ersten Worte, die mein Vater in den Hörer bellte.
"Seit wann interessiert es dich wo ich mich aufhalte?", fragte ich gelangweilt und zog an meinem Joint.
"Was soll das? Du weißt genau, dass Ana und ihre Tochter heute kommen und wir hatten abgemacht, dass du dabei bist!"
Mein Dad checkte es einfach nicht. Ich war nicht interessiert an unseren neuen Mitbewohner. Weder an seiner neuen Freundin noch an deren Tochter.
"Das hast du entschieden, ich hab nie zugestimmt. Wann raffst du endlich, dass die nur dein Geld wollen?" Mein Vater war Marketingleiter einer Tochterfirma von Apple und verdiente damit Schweinegeld. Da war es kein Wunder, dass Frauen auf ihn abfahrten.
"So sprichst du nicht über Ana!", warte mich mein Vater "Sie ist anders"
"Ja klar. Anders als wer? Conny? Ach warte die war ja auch anders als Andrea und diese widerum war anders als..."
"Es reicht! So lass ich mich von dir nicht behandeln. Werd endlich erwachsen und beweg deinen Hintern hierher, sonst wird das Konsequenzen nach sich ziehen"
"Mach was du willst", antwortete ich genervt und legte dann auf. Mein Vater drohte mir ständig mit irgendwelchen Konsequenzen, die er aber nie umsetzte, da er sowieso nie da war. Ich hatte die Nase gestrichen voll von seinen Frauengeschichten.
"Alles okay?", fragte Wes, mein bester Kumpel.
"Yeah, alles easy. Mein Vater schleppt heute nur wieder einer seiner Frauen mit nach Hause" Ich ließ meinen Joint  auf den Boden fallen und drückte ihn mit dem Schuh aus. Wes lachte kurz auf.
"Hat die wieder so ne Strebertochter?"
Ich verdrehte die Augen. Ich wusste nur zu gut was Wes meinte. Die letzte Freundin meines Vaters, die bei uns einzog, hatte eine Tochter namens Lissy. Sie hatte ein Gebiss wie ein Pferd und eine Brille, die sie aussehen ließ, wie eine hässliche Eule. Also alles in einem ergab es kein tolles Bild. Was aber noch schlimmer war, war dass mein Vater mich zwang sie mit zur Schule zu nehmen. Erstmal dachte jeder ich hätte eine Freundin und letzteres war, dass sie mir auf den Weg zur Schule mein rechtes Ohr abgekaut hatte. Ich glaub ich könnte heute noch eine Doku über Pferde halten wegen ihr. Ich schüttelte mich bei der Erinnerung.
"Soviel ich weiß hat sie eine Tochter. Mein Vater zwingt mich wieder dazu sie mit zur Schule zu schleppen. Der kann mich mal" Wes schnaubte belustigt.
"Dann hoff ich mal für dich, dass es nicht wieder so ne Brillenschlage ist oder dein Vater sich wieder ganz schnell von der Neuen trennt. Wer weiß vielleicht ist sie sogar heiß. Man weiß nie"
"Die Freundin meines Vaters?"
"Nein, die Tochter, du Spast" Er grinst mich an.
"Werd ich früh genug erfahren. Ich teils dir rechtzeitig mit. Was ist mit der Party von Dylan heute Abend? Kommst du?", wechselte ich das Thema.
"Ne, weißt doch, dass ich arbeiten muss". Er schüttelte genervt den Kopf. "Alter, das ist unser letzter Tag in Freiheit, morgen fängt Schule wieder an. Wann erklärst du deinem Vater endlich, dass er sein Geld selbst verdienen muss?"
"Sei nicht so streng mit ihm. Er hat seine Frau erst vor einem Jahr verloren", verteidigte er ihn.
"Darf ich dich daran erinnern, dass die Frau auch deine Mutter war? So schlimm es auch ist, du lebst dein Leben weiter. Das sollte er solangsam auch mal wieder versuchen und nicht zuhause sein Bierchen ausschlürfen", antwortete ich ihm. Es war ziemlich heftig, als Wes' Mutter vor einem Jahr überraschend an Krebs gestorben war. Sie war auch für mich wie eine Mutter gewesen und war für mich da als meine leibliche Mutter es nicht war. Sie war immer so lebenfroh und hat jeden herzlich empfangen, wenn ihm etwas auf dem Herzen lag. Etwa wie eine Seelenklämptnerin. Sie hat bis zu ihrem letzten Tag gekämpft. Wes' Vater hingegen war nicht so stark. Er hatte kurz nach ihrem Tod die Arbeit geschmissen und trank sich von da an in den Schlaf. Wenn er so weiter machte, würde auch er bald ins Gras beißen und ich wusste nicht ob Wes das überstehen würde.
"Du verstehst das nicht. Deine Mum ist nicht tod", sagte er traurig.
"Ne sie hat mich verlassen als ich ein kleines Kind war" Verächtlich kickte ich ein Kieselstein weg.
"Sorry, ich wollte keine alten Geschichten wieder auskramen"
"Mach dir nicht ins Hemd deswegen. Lassen wir das Thema einfach bleiben", entgegnete ich knapp zurück. Über meine Mum gab es nicht viel zu sagen. Das Einzigste, was ich wusste, war, dass sie mit einem Mann durchgebrannt ist, der doppelt so alt war wie sie und sie dafür ihr Kind im Stich gelassen hat. Mehr gab es darüber nichts zu sagen.
"Wie auch immer. Ich sollte mal nach meinem Dad sehen" Wes stand vom Boden auf und klopfte seine Hose ab.
"Ich schätze wir sehn uns dann morgen in der Schule"
"Yeah alles klar, bis morgen" Wir gaben uns noch einen Handschlag und dann stieg Wes auf sein Motorrad. Auch ich begab mich zu meinen Auto, stieg ein und fuhr los. Wo ich hinfahren wollte war mir allerdings noch nicht bewusst.

Don't forget to breathe, BabyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt