Airplanes

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Das Leben ist wie ein Flugzeug. Es hebt ab, manchmal mit Startschwierigkeiten. Langsam steigt es höher und höher. Je höher es kommt, desto dünner wird die Luft. Nicht immer fliegt das Flugzeug ruhig und gerade. Das ist von Flugzeug zu Flugzeug unterschiedlich. Wenn es seinem Ziel näher kommt, sinkt es wieder. Die Räder werden ausgefahren, damit es nicht heftig auf dem Boden aufprallt. Manchmal jedoch ist etwas an einem Flugzeug kaputt. Es versucht sich in der Luft zu halten, doch früher oder später stürzt es ab oder schafft es nur mit Mühe und Not zum Ziel. Die Schäden sind oft reparierbar , manchmal auch nicht.
Flugzeuge werden in der Regel nicht nur einmal benutzt. Sie müssen immer wieder neu starten und landen, immer wieder die Schwierigkeiten bewältigen.
'Mein Flugzeug', war gerade erst wieder abgehoben, nachdem es länger am Boden gewesen war.
Die Situation im Klinikum, sowie die Situation zwischen Niklas und mir war äußerst angespannt gewesen. Kaum ein Wort, nur das Nötigste, hatten wir mit einander gesprochen. Doch allmählich hatten wir uns wieder gefangen. Normal, von Kollegen zu Kollegen, redeten wir wieder mit einander.

Als ich heute auf der Arbeit ankam, herrschte Schweigen im Ärztezimmer. Kein schönes, entspanntes Schweigen. Es war eher eine bedrückendes, trauriges Schweigen. Verständnislos runzelte ich die Stirn. Schließlich brach ich die Stille:" Was ist denn hier passiert?" Mehrere Augenpaare bohrten sich in mich, welche mein ungutes Gefühl auch nicht gerade beruhigten. Am liebsten wäre ich einfach aus den Zimmer gegangen. Noch immer sprach keiner ein Wort. Eine Hand tippte mir auf die Schulter. "Ben...", flüsterte Theresa mir leise ins Ohr, als ob es gefährlich wäre seinen Namen laut auszusprechen.

Gegen Nachmittag wusste ich dann, was passiert war. Ben und Dr. Sherbaz hatten einen Motorradunfall gehabt. Dr. Sherbaz ging es gut, doch Ben hatte ein Bein verloren.
Obwohl ich keinem der Beiden wirklich nah gestanden hatte, traf es mich hart. Noch härtere als ich Ben mit eigenen Augen sah. Am meisten leidet seine Seele , wurde mir sofort klar. Ich schenkte ihm ein Lächeln, das ihn aber nicht zu erreichen schien. Er erwiderte es nicht, rührte sich noch nicht mal. Er lag einfach nur da und fokussierte einen Punkt, der nur für existierte.

In meiner Pause saß ich draußen, kaute auf einem Rigel herum und versuchte meine Gedanken zu ordnen. "Er kann sich einfach nicht damit abfinden!", murmelte Elias und setze sich neben mich. Er wirkte niedergeschlagen, fast so niedergeschlagen wie Ben.
Aus einem plötzlichen Instinkt heraus, nahm ich ihn in den Arm. Alle Dämme brachen. Ich musste an mich halten, um nicht mit zu weinen. Als Elias sich schließlich von mir löste, waren seine Augen rot verquollen und mein Kittel Tränen durchnässt. "Entschuldigung", murmelte er. Ich strich ihm nochmal über den Rücken, dann stand ich auf, um meiner Arbeit fortzusetzen.

In aller Freundschaft -die jungen ÄrzteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt