der silberne sommervogel

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es war auf einer expedition im tiefen osten von afrika, mitten in einer ausgetrockneten wüste. wir waren dort zur suche nach der poststelle, welche uns jahr für jahr pakete mit immer einer klaren glasmurmel und einer hand voll sand schickten. uns, den pöstlern, schickten sie diese pakete. es war seltsam diese pakete zu öffnen, irgendwie fast schon magisch.

also gingen wir dann, nach einigen jahren, entschlossen unseren urlaub gut zu nutzen, gingen mein freund adalbert und ich nach afrika, den absender der pakete zu finden. wir hatten einige dieser murmeln mitgenommen, nur um sicher zu gehen das wir auch ja den richtigen menschen treffen.

unser reisebegleiter – keine ahnung ob wir ihn denn auch richtig verstanden – geschweige denn ob er uns verstand, führte uns auf verschlungenen wegen durch dickichte, dann wieder über dünen die in sand sandeten um dort in einer neuen welle von sand zu begründen. das war ein afrika ohne die wilden löwen und ohne die grauen elefanten. trostlos und leer. irgendwie hätte ich gesagt es wäre ausgestorben, wären wir nicht noch lebendig gewesen. vielleicht waren wir sogar bei zeiten das einzige lebende im umkreis von ein paar tagesfahrten – aber wer kann dies denn schon genau sagen. unserer jeep war mit mehreren kanister wasser beladen, anfangs hatten wir diese ja noch belächelt – aber bei fünf litern am tag sind die kanister doch schnell leichter geworden beim anheben.

nun dort draussen im afrika, da waren wir also, auf dem weg in das unbekannte, zu suchen einen unbekannten wegen einigen glasmurmeln – wegen einiger pakete.

nach vier tagen fahrt durch das niemandsland zeichnete sich am horitzont eine palmengruppe ab – hoffentlich wieder frisches wasser dachte ich mir insgeheim – der geschmack des sonnengewärmten kanisters hat mich zwar am leben erhalten – aber ein genuss ist er sicher nicht gewesen.

diese palmengruppe – eine oase, erreichten wir einige stunden später. sie war verlassen – aber wasser spielte zwischen den palmen, köstlich.

wir machten ein feuer an, entschieden wache zu schieben, da bei so viel wasser sicher irgendwo leben in der nähe sein könnte. unser führer übernahm die erste schicht, wild gestikulierend und mit grossem tanz beschwörte er ein letztes mal die schutzgötter bevor adalbert und ich uns schlafen legten.

die zweite schicht in der nacht war meien. der mond stand klar am himmel, fast vollmond – aber noch in hoffnung.

gegen eine palme gelehnt zählte ich die sterne, schaute den feinen wellen auf dem wasser zu. erst als ein trockenes palmenblatt knirschte, bemerkte ich die gestalt direkt vor mir. mit schleichenden schritten nähert er sich mir, den finger an den lippen, nicht dass ich die anderen noch wecke.

„what do you want here?" fragte er mich. ich zog eine der murmeln hervor. „i'm working for the post – and we get some packet's with this pearls in it." versuchte ich es in meinem besten englisch. der mann nahm die kugel aus meiner hand, hielt sie gegen den mond. das bläuliche licht schien in der kugel zu einem roten glühen zu werden. mit einem gebrochenen deutsch sprach der mann nun weiter: „ein träne von die sommervogel. sehr selten – sie die haben bekommen?" ich nicke eifrig und antworte: „jedes jahr wurde uns eine per post geschickt." der mann schaute mich überrascht an – nickte in gedanken und nahm seinen gehstock zur hand. „com mit me" forderte er mich auf.

mit einem blick zurück auf adalbert und unseren führer folgte ich unsicher dem mann. wohin führt er mich wohl nur.

nicht weit – so musste ich dann merken – nur um die düne herum – dort stand ein ganzes dorf kleiner sand-lehm hütten, mit palmenblättern gedeckte rundhäuschen. in den dunklen fenstern starrten dutzende von augenpaaren mir nach – ich sah das weiss im mondlicht aufblitzen. ein feuer brannte in der mitte des dorfes. dort sass ein alter mann, greis, weisses haar ziert sein haupt. sein blick – schimmrig, blind er mir schien. der mann, der mich brachte, zeigte dem greis die murmel. schlagartig war der greis wieder wach – sein blick klarer als die kugel. „sie sind gekommen – wahrhaftig – sie sind gekommen!" mit diesen worten umarmte er mich. tränen liefen über seien wangen. die bewohner des dorfes traten vorsichtig aus den hütten, betrachteten mich – freundlich auf eine art.

„schön das du gekommen bist" beginnt der greis seien rede, „wir sind das dorf der sommervögel – jeden sommer sind wir hier, doch wenn der winter naht, dann werden wir zu schmetterlingen und fliegen der sonne nach. dies ist der zauber einer alten druidin – immer werden wir der sonne folgen müssen, jahr für jahr. doch jahr für jahr wird die träne der trauer, mensch nochmals werden zu müssen, zu einer kleinen perle aus glas. dieser perle" er hebt meine glasmurmel hoch. „in der hoffnung, einer finde uns, schicken wir diese perlen immer los, auf reisen um die welt. ihr habt uns gesucht – danke! nun, da ihr uns gefunden habt – dürfen wir endlich sommervögel bleiben." ich warf nun ein: „es sind schmetterlinge, keine sommervögel." der alte schaute mich lächelnd an „doch doch, sommervögel, denn wie vögel sind wir, und dem sommer folgen wir. sommervögel – nicht schmetterlinge." mit einem rascheln verschwanden einige dorfbewohner, schmetterlinge flatterten plötzlich um den platz herum, das feuer spielte mit ihren farben. „wir werden morgen alle frei sein – und euch werde ich einen lohn geben -" ich erwiderte: „lohn? ich wollte mich für die kugeln bedanken"

doch der greis war nicht mehr da. nur noch die leeren häuser und ein schwarm voller schmetterlinge, welche unsere expedition noch einige tage begleiteten.

einige wochen später kam ein paket an mich, drin ein ring und eine kette, beide mit einem silbernen schmetterling...



A wie ZerreissendWhere stories live. Discover now