A wie Zerreissend

Der Mann mit der schwarzen Hand

Drei Männer stehen an der Verzweigung im Park, schauen sich um, zucken mit den Schultern. Der breitschultrige Blonde blickt auf seine Uhr, sieht sich nochmals um. Aus dem weißen Bart des Alten kommt die Frage: »Na, Paul, was sagt die Uhr?« Der Blonde, Paul, hält sich die Uhr ans Ohr: »Tic-Tic-Tic-Tic« »Siehst du etwas, Konstantin?« Fragt der Alte den hageren Mann mit Brille. Konstantin räuspert sich, hustet, räuspert sich, hustet würgend und schüttelt den rot anlaufenden Kopf. »Aber er muss doch hier sein«, meint Paul, schaut die bestätigend nickende Runde an. »Sind...«, Konstantin ringt nochmals nach Luft: »Sind wir am richtigen Ort?« Der Alte kramt in seiner Manteltasche, zieht ein zerknittertes Foto hervor, vergleicht das Bild mit dem Ausblick. Mit gestrecktem Arm dreht sich der Alte, geht einige Schritte zur Seite, hält das Foto hoch und dann wieder vor sich hin. »Ja, schaut euch das Bild an. Genau hier war er letztes Jahr.« Die beiden anderen Männer werfen auch einen Blick auf das Foto, nicken. Der Alte holt ein weiteres Foto hervor, hält es in die andere Richtung: »Vorletztes Jahr lag er dort.«
Konstantin hält einen Spaziergänger an, unterhält sich mit ihm während der Alte und Paul ihn beobachten. Der Alte wendet sich an Paul: »Worüber sprechen die?« »Keine Ahnung, Nicolas, keine Ahnung. Ich verstehe sie nicht.« »Konstantin vertrödelt doch nur unsere Zeit. Wir müssen suchen.«
Konstantin kommt zu den anderen zurück, zeigt mit der Hand in eine neue Richtung: »Dort wurde er auch gesehen.« Konstantin dreht sich weiter: »Und dort, und da und dort.« »Ich habs doch gewusst«, meint der alte Nicolas: »Früher war er auch schon da, ach, da wart ihr noch nicht mal auf der Welt. Er war immer hier.« »Ich sehe nichts«, antwortet Paul, Konstantin hält sich die Hand über die Augen und sucht mit den Augen den Park ab. »Siehst du etwas?«, fragt Nicolas Konstantin, dieser zuckt mit dem Kopf, hält inne, streckt den Zeigefinger: »Dort hinten, seht ihr den Schatten?« »Ja«, antwortet Paul, kneift die Augen zu, streckt sich und nickt. Konstantin läuft los, spricht weit entfernten Mann an den Öfen an. Nicolas und Paul folgen Konstantin, bis sie zu dritt um den Mann hinter den Öfen stehen. Die schwarze Hand des Mannes zeigt in verschiedene Richtungen, er teilt seine Erinnerungen mit den Dreien. Die Glut in den Öfen knistert leise vor sich hin, die Wärme verliert sich gleich wieder. Paul nimmt Nicolas zur Seite: »Was meinst du, ist er ein Verdächtiger?« »Auf jeden!«, flüstert Nicolas zurück: »Der war immer in der Nähe!« Paul runzelt die Stirn, geht den Mann am Ofen an: »Was machen sie hier?« Die schwarzen Händen heben sich: »Ich...« Beginnt der Mann hinter dem Ofen. »Ja?« Wird er unterbrochen, dann darf der Mann weiter sprechen: »Ich warte auf meine Kunden.«

»Er müsste schon längst hier sein.«, denkt Nicolas laut. Paul und Konstantin sitzen neben ihm auf der Bank, beide nicken. Konstantin steht auf, läuft zum Mann mit der schwarzen Hand, spricht wieder mit ihm, bringt eine Tüte zurück. »Wie lange warten wir noch?«, will Paul wissen. »Bis er kommt«, antwortet Nicolas. Schweigend sitzen sie nebeneinander, drehen die Köpfe bei der kleinsten Bewegung. Die Tüte wird kalt, die Männer haben nichts entdeckt.

»Kommt er noch?«, wagt Konstantin zu fragen. Der Alte zuckt mit den Schultern, Konstantin fährt fort »Der Mann mit der schwarzen Hand räumt seinen Stand. Er muss den nächsten Stand vorbereiten.« »Sogar der Mann mit der schwarzen Hand sah ihn diese Jahr nicht..«, Paul hievt sich hoch, schaut sich nochmals um. »Er kommt nicht mehr«, ergänzt Nicolas, Konstantin blickt um verschwindenden Mann mit der schwarzen Hand nach: »Er hat uns vergessen. Kommt er nächstes Jahr in den Park?«, will Paul wissen, hält die Fotos der weißen Landschaft in der Hand. Konstantin schält die letzten, erkalteten Marronis und teilt sie mit den Männern. Die gelben Blumen auf der grünen Wiese richten sich nach der Sonne. »Der Frühling beginnt schon.« »Nein«, korrigiert Nicolas Paul: »Nein, der Sommer kommt. Der kommt aber sicher. Nicht so wie der Winter, der Sommer kommt sicher.« Sie Blicken sich um. »Paul? Was sagt deine Uhr?«