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"Herzlich Willkommen bei Pizza-Friend. Darf ich ihre Bestellung aufnehmen?" Zum gefühlten hundersten Mal wiederholte ich dieselben Worte, die ich persönlich nicht mehr hören konnte. Gelangweilt schrieb ich die Bestellung auf als mein Chef in meine Richtung kam. Sofort setzte ich ein Lächeln auf und sang den nervigsten Satz des Abends: "Vielen Dank für Ihre Bestellung, und vergessen Sie nicht, sind sie ein Freund von Pizza sind sie auch ein Freund von uns!" Der Kunde murmelte unverständlich etwas das sich wie "Was auch immer" anhörte und legte auf. Ich drehte mich um und strahlte meinem Chef ins Gesicht. "Kann ich Ihnen weiterhelfen?" Mr. Hastings war ein kleiner Mann mit kurzem, braunem Haar. Er nahm seine Arbeit sehr ernst, aber er war auch immer für einen Spaß zu haben. "Ein junger Mann hat verlangt dass du ihm seine Pizza bringst. Hier ist die Adresse und die Bestellung. Er hat sogar gesagt, wenn du kommen würdest zahlt er extra. Also bis später!" Ich schnappte mir die Autoschlüssel und die beiden Pizzaschachteln die er mir hingelegt hatte und ging zu dem Auto, welches vor der Pizzeria parkte. Es war klein und gelb und von innen roch es - wer hätte das gedacht - nach Pizza. Ein paar Minuten lang saß ich im Auto und dachte nach. Warum wollte er dass genau ich komme? Oder noch viel wichtiger, wer war er? Ich beschloss dass ich mich einfach überraschen lassen würde und fuhr los. Nebenbei schaltete ich den Radio ein. Lauthals und mit voller Begeisterung sang ich zu 'Marvin Gaye' von Meghan Trainor und Charlie Puth.

Erst als ich vor dem richtigen Haus stehen blieb, wurde ich nervös. Ich atmete kurz tief durch, schnappte mir die Pizzakartons vom Beifahrersitz und stief aus dem Auto. Schritt für Schritt ging ich zum Haus, bis ich vor der Eingangstür stehen blieb. Ich läutete an und wartete, bis jemand die Tür öffnet. Von innen hörte ich nur schwache Schreie, etwas das nach "Aiden! Mach die Tür auf!" klang. Moment mal - Aiden?! Ehe ich mich versah öffnete sich die Tür und meine Befürchtung wurde bestätigt. Aiden Walker stand vor mir, auch bekannt als mein Erzfeind seit dem Vorfall vor fast 7 Jahren. Ich schüttelte meinen Kopf um diese Erinnerung aus meinem Gedächtnis zu bekommen. "Gwen." Er lehnte lässig an den Türrahmen und grinste mich an. Ich verdrehte die Augen und streckte ihm die Pizzaboxen entgegen. Im nächsten Moment erschien sein bester Freund Jackson hinter ihm, mit welchem ich mich überraschender Weise gut verstand. Was ich aber nicht zeigte. Er war immerhin der beste Freund meines Feindes. "Hey Jackson!" Jackson grinste und erwiederte meine Begrüßung. Aiden nahm die Pizzen aus meiner Hand, während Jackson bezahlte. "Veratet ihr mir warum genau ich herkommen sollte?" Aiden machte ein verwirrtes Gesicht, Jackson jedoch setze ein unschuldiges Lächeln auf. Als keiner von beiden etwas sagte zog ich eine Augenbraue hoch, immer noch wartend. Ich würde hier nicht eher wegfahren, bevor mir einer von beiden eine Antwort gibt.
Aiden drehte sich nach rechts, um Jackson besser sehen zu können, als plötzlich jemand hinter mir einparkte.
"Hey, Leute!" Meine beste Freundin Charlie stieg aus ihrem roten Mercedes und kam hopsend die Stufen hoch. Mich wunderte es nicht zu sehen, dass ihre Haarfarbe lila war. Zwei Wochen davor waren sie noch grün, und davor bunt wie ein Regenbogen. Charlie liebte es sich die Haare zu färben - es war ein Wunder, dass sie von den ganzen Chemikalien noch keine Glatze hatte.
"Mmmh, Pizza.", sagte sie und holte sich ein Stück aus dem Karton, während sie sich durch Jackson und Aiden durchquetschte. Im vorbeigehen lächelte sie mich kurz an, doch ihre Aufmerksamkeit galt den Pizzaschachteln. 
Charlie, Jackson und Aiden waren schon fast beste Freunde. Was auch der Grund war, warum ich mehr Zeit mit Aiden verbringen musste als mir lieb war. Und wenn ich in der Schule in der Mittagspause nicht allein essen wollte, musste ich Aidens Anwesenheit in Kauf nehmen. Sogar ich, ein großer Fan von Sherlocks Lebenseinstellung, war nicht bereit, den Ruf des einsamer Loosers einzunehmen. 
Ich starrte auf die Zeiger meiner Armbanduhr. Nur noch eine Stunde bis Feierabend, und wenn ich die restlichen drei Pizzen bis dahin nicht rechtzeitig auslieferte, musste ich Überstunden machen, und dann hätte ich weniger Zeit für Netflix. Und ich musste unbedingt mit der neuen Staffel von American Horror Story anfangen.
Ich verabschiedete mich von Jackson und Charlie und drehte mich um, um zu meinen Wagen zu gehen, als Aiden mir nachrief: "Hey, Gwen! Hast du nicht was vergessen?"
"Richtig. Du schuldest mir noch Trinkgeld." Nicht mein bester Spruch, aber ich würde ihm auf keinen Fall diesen bescheuerten Slogan vorsingen.
Aiden zog einen 50-Dollar in mehreren 10 und 5 Dollar Scheinen aus seiner Hosentasche und wedelte damit vor meinem Gesicht herum.
Verdammt. Ich konnte das Geld gebrauchen, aber nach kurzem überlegen beschloss ich, dass es das nicht wert war.
"Vergiss es." Doch plötzlich legten Jackson und Charlie je 10 Dollar dazu.
"Wow, 20 Dollar. Da hat aber jemand tief in die Tasche gegriffen.", sagte ich zu ihnen und verschränkte die Arme.
"Hey", protestierte Charlie, "das sind immerhin 20 Dollar mehr die du normalerweise bekommst."
Ich seufzte. 70 Dollar - damit könnte ich mir eine Konzertkarte kaufen. Ich stopfte meine Hände in die Jackentaschen und murmelte: "Sindsieeinfreundvonpizzasindsieaucheinfreundvonuns."
"Ach, komm schon, Gwendolyn. Das kannst du besser.", nervte Aiden.
Ich holte tief Luft und lächelte. Für das Geld. "Sind Sie ein Freund von Pizza, sind Sie auch ein Freund von uns!" Tatsächlich gab es auch eine längere Version dieses Liedes, doch glücklicherweise zwang mich Mr. Hastings nicht dazu diese zu singen.
Die drei brachen in Gelächter aus, während ich nur unbeholfen vor ihnen stand.
"Kann ich jetzt endlich mein Geld haben? Es gibt auch noch andere Kunden, die auf ihre Pizza warten."
Aiden, immer noch lachend, zog einen 5-Dollar-Schein hervor, drückte ihn mir in die Hand und schlug mir die Nase vor der Tür zu, bevor ich auch nur Luft holen konnte.

Und das, liebe Leute, war Aiden Walker.

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Bild von Gwen an der Seite :)

-K & Z

The Not So Real Reality ShowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt