《Wasser》
Die Sonne ging unter und das Mondlicht bedeckte das Zimmer. Das Mädchen rührte sich immer noch nicht, ihren Kopf auf die verschränkten Arme auf dem Tisch gelegt. Dann hörte sie jemanden ihren Namen rufen. Sie schlug die Augen schlaftrunken auf------erst konnte sie nichts erkennen, dann wurde das Bild vor ihr deutlicher. Sie erkannte die verschwommene Umrisse von Raisel.
»Clarissa?«, rief Raisel nochmal.
Clarissa hob den schweren Kopf, der sich wie Blei anfühlte.
»Was ist?« Immer noch benommen von dem Schlaf murmelte sie.
»Du musst aufwachen. Ich will dir was zeigen«, sagte Raisel. Sie musste ein Lachen verkneifen, da Clarissas Haare zerstreut waren und auf ihren trockenen Mund klebte.
»Wasser...«, rief Clarissa kaum verständlich. Sie streckte ihre Hand kraftlos aus und griff in die Luft, als wollte sie nach einem Becher Wasser reichen.
Raisel biss auf ihre Lippen, die sich schließlich öffneten und sie grinste belustigt über das ganze Gesicht. Sie ging in die Küche und kam mit einer Flasche Mineralwasser zurück.
»Du bist aber eine Schlafmütze!«
Clarissa öffnete die Augen vollständig. Mit tauben Fingern nahm sie die Flasche und trank sie innerhalb von Minuten leer. Erst jetzt merkte sie, wie peinlich es gewesen war, so vor Raisel zu erscheinen. »Oh! Tut mir leid. Ich wusste nicht... dass du kommst.« Sie lächelte verlegen und strich mit beiden Händen über das Haar.
»Kein Problem«, erwiderte Raisel freundlich.
Es bestand eine Pause.
»Was wolltest du mir zeigen?«, erinnerte sich Clarissa.
»Folge mir«, sagte Raisel geheimnisvoll.Sie wanderten schon seit ungefähr einer halben Stunde durch den Wald, und Clarissas Neugier wurde immer stärker. Was wohl auf sie wartete? Was hatte Raisel vor? Es knisterte unter ihren Füßen, als sie auf die dünnen Ästen auf dem Boden trat. Sie folgte Raisel dicht auf den Fersen in einer Geschwindigkeit, dass sie fast rannte. Der Wind säuselte wild und blies ihre Haaren durcheinander, und die Dornen kratzten an ihren Beinen, aber sowohl Clarissa als auch Raisel verlangsamten ihr Tempo nicht im geringsten. Ihre Haut brannte und Clarissa verzerrte das Gesicht vor Schmerz. Zum Glück gewöhnte sie sich bald daran und die Schmerzen ließen nach. Die ganze Zeit über flogen Blätter von den Bäumen herab, die auf ihre Gesichter geweht wurden. Der Wind wurde stärker. Raisel schien sich zu entfernen und Clarissa sah nichts mehr.
»Raisel! Wo bist du? Warte!«, rief sie schlotternd und versuchte, schneller zu gehen. Sie bekam keine Antwort. Bald tropfte auch Regen auf ihr Gesicht. Clarissa wurde langsamer, und für einen Moment dachte sie, der Wind hätte ihr etwas zugeflüstert. Angst stieg in ihr auf. Sie hatte nicht damit gerechnet, das der Wald so groß war. Verwundert rannte sie nach vorne, wandte sich dann nervös in eine andere Richtung.
In der Verzweiflung verlor sie plötzlich ihr Gleichgewicht und sie hatte das Gefühl, vom Wind hoch getragen zu werden. Sekunden später landete sie vor Raisel auf die Füße und zu ihrer Überraschung hörte das Unwetter sofort auf und die Sonne erschien am Horizont. Was war das?!
»Bleib dicht bei mir«, sagte Raisel grinsend.
»Oh ja, das werde ich!« Clarissa lächelte bitter.Sie gingen in normalen Schritten weiter. Bald sah Clarissa die Spitze eines riesigen, dunkelroten Ahorns und daneben einen Fluss, der viel größer war als den See einen Tag zuvor und fast wie ein Meer aussah. Es waren auch Bergen zu sehen, die deutlich flacher waren. Moment mal, es dämmert schon?
»Wir sind da«, sagte ihre Freundin aus dem Nichts heraus.
»Na endlich!«, seufzte Clarissa, »Und jetzt?« Sie blickte erwartungsvoll.
»Spring ins Wasser«, sagte Raisel kurz und knapp. Ihre Lippen umspielten eine amüsantes, elegantes Lächeln.
Sich vollkommen unsicher, was sie tun soll, starrte Clarissa verwirrt ihre Freundin für eine kurze Zeit gaffend an.
»Ist das dein Ernst?«, fragte sie scherzend und lachte spaßig.
»Ja«, erwiderte Raisel zu ihrer Überraschung ernst.
Clarissas Lachen verstummte und ihr Blick sprang hin und her zwischen dem Wasser und Raisel. Als Raisel dies bemerkte, schaute sie Clarissa fest in die glänzenden Augen und drängte leise, »Vertraust du mir?«
Clarissa hob den Kopf. »Ja, aber...«, murmelte sie.
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Der Sekundenzeiger
AdventureClarissa merkte schon immer, dass sie nicht wie die anderen war. Nicht nur, weil sie immer wieder Dinge sah, die sie nie erklären konnte, sondern auch ihre Denkweise und Hobbys trennen sie von ihren Klassenkameraden. Als sie eines Tages in eine ande...