Im Chaos der Gefühle

Teil3

Am nächsten Morgen verschlafe ich erstmal und komme deshalb auch fast zu spät zur Schule. Ganz außer Atem erreiche ich das Lehrerzimmer. Frau Mandl steht schon davor, sie sieht etwas verärgert aus. Vermutlich, weil ich so spät dran bin. „Entschuldigung, ich-" stammle ich verlegen, doch sie unterbricht mich etwas harsch: „Marie, in der 11. Klasse sollte man doch etwas mehr Pünktlichkeit erwarten können. Ich weiß zwar die Gründe, weshalb du die Schule gewechselt hast, aber deswegen kannst du dir hier so etwas einfach nicht erlauben." Ich werde rot. Ups, das ist das Letzte, was ich wollte. Ich will vor dieser Frau erwachsen und selbstbewusst erscheinen. Wieso mir das plötzlich vor ihr so wichtig ist, weiß ich selbst nicht einmal genau.

Zum Glück sind die Formalitäten bald geklärt und ich kann zurück in den Unterricht. Der Lehrer der betreffenden Stunde weiß Bescheid und nickt mir deshalb nur zu, als ich in den Klassenraum komme, und mich auf meinen Platz neben Tom niederlasse. Er flüstert mir mit einem Grinsen zu: „Oh, Gott sei Dank bist du doch da. Ich dachte schon, du seist krank oder sowas und ich müsste den Tag ganz allein durchstehen!". Erneut an diesem Morgen werde ich rot, ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Also wende ich mich meinen Unterrichtsmaterialien zu und schweige einfach. Mich ärgert es zwar selbst, dass ich darauf keine Antwort gegeben habe, aber jetzt kann man es sowieso nicht mehr ändern.

In der Pause fragt mich Tom, ob ich denn einen Freund hätte. Solche Fragen bin ich überhaupt nicht gewohnt, an meiner alten Schule war ich eher die graue Maus, die keiner beachtete. Ich antworte mit nein, was auch stimmt. Ich hatte noch nie einen Freund. Aber das muss Tom ja nicht erfahren, zumindest jetzt noch nicht. „Und du..? Hast du eine Freundin..?", stammle ich. Verdammt, wieso muss ich auch so schüchtern sein? Er schüttelt grinsend den Kopf, nickt mir zu, dreht sich um und geht zum Gang hinaus. Aus Jungs wird man echt nicht schlau.