Ich wachte mit dem dumpfen Gefühl von noch nicht ganz abgeklungener Übelkeit auf. Außerdem war mir kalt. Scheißkalt. Zum dritten mal heute wachte ich aus einer Ohnmacht auf. Langsam bekam ich Kopfweh davon.
Na toll, das auch noch...
Ohne die Augen zu öffnen rieb ich mir mit Zeige- und Mittelfinger die Schläfen. Das half ein bisschen aber mir war immer noch wahnsinnig kalt. Es war als würde mir jegliche Wärme durch den Stein auf dem ich lag entzogen werden.
Los, steh auf und schau ob du dich irgendwo hinlegen kannst, wo kein Stein ist!
Ich tat wie mir mein Kopf befohlen. Mit einer trotzig, kindlichen schaut-ich-bin-schon-wieder-wach-Manier schlug ich die Augen auf. Und sah nichts.
Oh Gott...bin ich blind? Was ist passiert, was haben sie mit mir gemacht, wo bin ich?
Tausende Fragen und noch mehr schossen mir durch den Kopf. Ich setzte mich auf. Ich realisierte bald, dass ich gar nicht erblindet war, sondern, dass meine Augen sich nur erst an die Dunkelheit des Ortes hatten gewöhnen müssen. Was nicht verwunderlich war, da ich von einem hellen Strand direkt in ein Verlies gewandert war. Mit nur einem kleinen Fenster. Und es war dunkel draußen. Ich seufzte. So schnell würde ich aus der Geschichte wohl nicht rauskommen. Als sich meine Augen endlich halbwegs an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich mir mich und meine Umgebung auch endlich näher ansehen. Ich saß allem Anschein nach in einer kleinen Einzelzelle in gutem altem mittelalterlichem Stil. Von meinem Sitzplatz in der linken hinteren Ecke des Raumes konnte ich eine circa zwei Meter lange Steinbank an der Wand mir gegenüber erkennen, auf der offensichtlich etwas lag. Doch bevor ich mir das näher anschaute, wollte ich mir den Grundriss der Zelle einprägen, was bei Gott nicht schwierig war. Abgesehen von der Bank, befanden sich ein Kübel mit Wasser, ein leerer Kübel in der hinteren, rechten Ecke (mit leichtem Schaudern wurde mir bewusst wofür der Leere wohl gedacht war.) und eine grob gewebte Decke, in der Zelle. Der Wind heulte zwischen den drei soliden Gitterstäben hindurch und ich umschlang mit meinen Armen meine Schultern, um mich davor zu bewahren noch mehr auszukühlen. Natürlich war das sinnlos. Ergeben erhob ich mich, um mir die Decke zu holen, und mich dann wieder zurück in meine Ecke zu setzen. Ich hatte diesen Winkel des Raumes sofort am liebsten, da man von hier aus aus dem Fenster blicken konnte. Ich sah zwar nicht viel, da es immer noch tiefste Nacht war aber ein paar Sterne zu sehen war immer noch besser als nichts. Nach Stunden des aus dem Fenster Starrens und dem sich selbst Hinterfragens schlief ich endlich ein, zusammengekauert wie ein verprügelter Hund auf meiner gräulich-grünen, kratzigen Decke.
Ich schlief nicht lange. Zitternd und unterkühlt wachte ich im Morgengrauen auf. Im Schlaf war die schon angerissene Naht an meinem Bikinihöschen entgültig gerissen und hatte mich halb nackt zurückgelassen.
Na toll, das auch noch. Hoffentlich hat mich niemand...sowieso egal, was nützt es dem denn?
Ich beschloss mir aus der Decke ein Kleid zu basteln, das war das beste wozu ich fähig war, mit diesen eingeschränkten Möglichkieten hier unten. Ich sah mich um, ob ich irgendeinen Stein oder etwas ähnlich spitzes finden könnte, da der Stoff zu grobfädrig war, um ihn mit der Hand einfach zu reißen. Auf dem kalten Stein kniend sah ich mich um, und sah das erste Mal wirklich nach daußen. Ich konnte ein Stück Himmel sehen, grau und unwirtlich, genau wie meine Umgebung, ich konnte einen Baum sehen, eine Eiche, deren dunkle Blätter mir Schatten spendeten. Außerdem hörte ich Vögel, Spatzen, Möwen und welche, die ich nicht kannte. Von Zeit zu Zeit schwirrte das eine oder andere Insekt zwischen den Gitterstäben hindurch. Der vertraute Geruch des Waldes, das Rauschen von Wind im Blätterdach der Bäume und die vom Vogelgezwitscher erfüllte Luft, fühlten sich an wie zu Hause. Das beruhigte mich. Aber nichtsdestotrotz...es lag noch etwas anderes in der Luft. Etwas erwartendes, etwas das Veränderung bringen würde. Als würde mir ein Raubtier im Nacken sitzen, das nur darauf wartete, dass es zubeißen könnte.
soll es doch zuschnappen, dieses imaginäre Tier...
Ich zuckte zusammen, als mich ein lautes Geräusch abrupt aus meinem Gedankenfluss riss. Da kam jemand! Schnell zog ich mir die kratzige Decke bis zum Hals und rutschte näher ans Gitter. Ich presste meinen Kopf beinahe zwischen den Stäben, die bis zum Boden reichten, durch, in dem verzweifelten Versuch etwas sehen zu wollen. Ich kniff meine Augen zusammen, der Gang war zu dunkel, um wirklich etwas erkennen zu können. Trotzdem konnte ich eine riesenhafte Gestalt am Ende des dunklen Schlundes ausmachen. Mit langsamen, behäbigen, fast schon bedächtigen Schritten, als wollte das Monstrum niemanden verletzen, kam es auf mich zu. Wo war mein Moment Frieden hin? Mir schien, dass sogar die Vögel verstummt waren, jedenfalls hörte ich sie nicht mehr. Aber viellecht war ich auch nur zu fokussiert auf das Wesen da vor mir. Ich konnte mir nur vorstellen, wie ich aussehen musste. Ein kleines, nacktes Menschlein, kauernd auf dem Boden, mit verstrubbelten Haaren und der Verwirrung in den Augen. Geradezu als würde ich darum bitten gefressen zu werden (das war noch das Beste worauf ich zu hoffen wagte). Ein verletzliches Vögelchen, flugunfähig. Ich badete regelrecht in Selbstmitleid, sodass ich nicht einmal merkte, dass das Wesen mich fast schon erreicht hatte. Ich hörte nur das Schnaufen und Stampfen, als es an meiner Zelle vorbei ging. Ich schüttelte den Kopf, um meine glasigen Augen loszuwerden, und sah gerade noch, wie das Monster einen weiteren Menschen in die andere Zelle trug. Es trug das zweite Mädchen behutsam, geradezu sanft, als wäre sie etwas besonderes, sehr wertvolles, unersetzliches für ihn. Ich konnte gerade noch einen kurzen Blick auf einen braunen Haarschopf mit blodierten Strähnchen und einen schlanken gebräunten Arm, der schlaff an den Oberschenkel des Monsters schlug, erhaschen. Dann hatte es sie in die Zelle gebracht. Leider konnte ich nicht durch Wände sehen. Aber was wollte es mit uns? Sammelte es Menschenmädchen? Wozu? Aß es uns? Oder schlimmeres? Ich vergrub meinen Kopf in meinen Händen, und kauerte mich zusammen, in meinem Kopf fuhren all die Fragen Karussell.
Nach ein paar Tagen in dieser Zelle verlor ich jegliches Zeitgefühl, obwohl ich die Tage zu zählen versuchte. Doch wie es sich herausstellte schlief ich ohne Pflichten und Wecker den Großteil der Zeit. Außerdem war schlafen die einzige Möglichkeit meiner Realität zu entkommen. Die mich ziemlich ankotzte.
Außerdem wurden die Fragen nicht weniger jeden Tag. Wie sich herausstellte, waren ich und Blondsträhnchen nur die ersten einer langen Reihe von Mädchen, die das Monster hier hielt. Und es hielt uns regelrecht. Wir bekamen zweimal täglich etwas zu essen, meistens irgendetwas breiiges, undefinierbares, das man schließlich dann doch aß, obwohl es aussah wie Erbrochenes, weil man so Hunger hatte. Hin und wieder gab es dazu grünliches Brot und eine Brühe, die mich an Tee erinnerte, und die ich bald sehr lieb gewann. Meiner Schätzung nach brachte uns das Wesen alle drei Tage einen neuen Kittel, er war eklig beige und scheuerte, aber viel Auswahl hatte man hier unten nicht. Außerdem beschwerte sich niemand, da wir die Schwere des Kleides sehr bald zu schätzen wussten, als die Nächte recht plötzlich begannen kühler zu werden. Von Zeit zu Zeit machte eines der Mädchen den traurigen Versuch sich mit einer der anderen zu unterhalten, doch diese Gespräche erlagen sehr bald dem schieren Desinteresse an allem, das man sehr schnell entwickelte, wenn man eingesperrt war. Doch eigentlich ging es uns nicht so schlecht hier. Es gab zu trinken, zu essen, es war niemals kalt und unsere "Toiletten" wurden jeden Tag geleert. Das warf nur noch mehr Fragen auf. Warum hält man jemanden gefangen und tut nichts mit demjenigen, außer ihn verhältnismäßig gut zu behandeln? Doch die größte Frage ergab sich erst nachdem ich gesehen hatte, wie fünf Mädchen in Zellen getrugen wurden. Denn jetzt fing das Monster an Jungen zu bringen.
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Die Unendlichen
FantasíaAva entdeckt durch Zufall, dass es noch Elfen gibt. Sie wird in eine merkwürdige Prüfung verstrickt, die den wahren Elfenkönig herausfinden soll, so wie es alle 100 Jahre wiederholt wird.