Herzstillstand

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Chirugie. Als Chirurgie wird die Behandlung von Krankheiten durch operative Eingriffe definiert. Doch für mich ist sie viel mehr, für mich ist sie mein Lebensinhalt. Chirurgie lässt mein Herz schneller schlagen. Sie lässt mich alles um mich herum vergessen, macht es mir möglich zu fliegen.

Ich wollte Arizona gerade von meiner gemeinsamen Nacht mit Jackson berichten, als plötzlich unsere Pager piepten. "Ich fürchte, wir müssen uns später noch sehen, damit Sie mir von Ihrem kleinen Abenteuer erzählen können", meinte Arizona zu mir und zwinkerte mir verschwörerisch zu. Ich verdrehte lächelnd die Augen, wurde jedoch ein wenig rot, woraufhin Arizona lachen musste. Wir rannten nun zum Eingang der Intensivstation. Auf dem Weg nach draußen griffen wir uns einen blauen Kittel und stellten uns dann zu den anderen wartenden Ärzten. "Es kam zu einem Schusswechsel vor einem Café, es gibt mehrere Schwerverletzte", klärte uns Owen Hunt auf. Einige der Ärzte sahen mich fragend an, woraufhin der Chefarzt mich knapp als die neue Herz-Thorax-Chirurgin vorstellte. Man konnte nun die Sirenen der Krankenwagen deutlich hören. Der erste fuhr, dicht gefolgt von zwei weiteren Fahrzeugen auf den Hof. "Ich übernehme!", rief ich und lief zu dem Wagen. Eine schlanke, große Frau mit braunen Haaren und hübschen Gesichtzügen folgte mir und erklärte mir, Sie sei Assistenzärztin. "Was haben wir?", fragte ich die Sanitäter, als sich die Tür des Krankenwagens öffnete. "John Miller, 43 Jahre. Multiple Schusswunden im Brustkorb, es kam vor Ort zum Herzstillstand, wir konnten ihn reanimieren." Ich betrachtete meinen Patienten kurz. Bis vor Kurzem ging ich bei meinem ersten Eingriff im Grey +Sloan Memorial Hospital von dem Anlegen eines einfachen Aorto-Koronaren- Bypasses aus. Doch diese Verletzungen übertraf die geplante Operationen um Längen und ließ mein für Herz-Thorax-Chirurgie schlagendes Herz schneller pochen. Ich rannte mit der Liege des Patienten und gefolgt von der Assistenzärztin in das Krankenhaus, wo ich von einer rothaarigen Frau in einen OP eingewiesen wurde. Ich zog eine OP-Haube auf, wusch meine Hände und betrat den OP-Saal. Ich zog einen Kittel an und schlüpfte in die Handschuhe. Ich trat an den Patienten, atmete tief durch und öffenete ihn. "Saugen! Ich kann vor lauter Blut nichts sehen!", entgegnete ich der Assistenzärztin, die meiner Anweisung rasch folgte. Nach einiger Zeit konnte ich die drei Kugeln, die sich im Brustkorb des Mannes befanden, ausfindig machen und ließ kurze Zeit später die letzte Hülse in die Schale fallen, die mir eine OP-Schwester hinhielt. Ich konnte nun die Blutungen lokalisieren und hatte gerade die letzte gestoppt, als mein Patient plötzlich einen Herzstillstand erlitt. "Paddles!", rief ich laut und griff nach ihnen. "Auf 300 Laden!", befahl ich energisch. "Weg!" Ich verpasste dem Herzen des Mannes einen Stromschlag, doch es tat sich nicht. "Laden! Weg!", meinte ich nochmals, doch das Herz schlug weiterhin nicht. Ich begann, das Herz zu massieren; aufgeben kam für mich nicht in Frage. Und da - das Herz bewegte sich wieder. "Wir haben einen Synusrhythmus, die Sauerstoffsättigung steigt!", hörte ich eine OP-Schwester begeisert sagen.  Ich entschied mich den Patienten selbst zuzumachen und verließ anschließend den OP. Während ich mich wusch, entdeckte ich Owen Hunt im Raum, der mir begeistert entgegnete, dass meine OP hervorragend gelaufen und er froh sei, mich ab nun in seinem Team zu haben. Gemeinsam mit ihm machte ich mich nun zu dem OP-Plan, um meine durchgeführte OP einzutragen. Dr. Hunt erzählte mir, dass er später mit einigen Kollegen etwas trinken gehen würde, und lud mich ein, auch zu kommen. "Dann kann ich Sie den anderen vorstellen, die Möglichkeit hatte ich heute leider noch nicht. Ich würde mich freuen, wenn sie kommen." Ich nahm die Einladung dankend entgegen. Nachdem der Chefarzt verschwunden war, griff ich nach einem Stift und trug den Eingriff ein. Als ich meinen Namen an den Plan schrieb, breitete sich eine wohlige Wärme in meinem Körper aus und ich musste lächeln. Jetzt war ich richtig in Seattle angekommen.  Als ich kurz später den Stift zurücklegen wollte, spürte ich einen heißen Atem in meinen Nacken und mein ganzer Körper begann zu kribbeln. Ich sog den Geruch der Person ein, die hinter mir stand und wusste genau, um wen es sich handelte.

Grey's Anatomy - Was wäre, wenn...?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt