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,,Wo warst du bitte, junge Dame?!'', begrüßte mich meine Mum schreiend als ich das Haus betrat. Ich streifte meine Schuhe von meinen Füßen. Meine Mutter ignorierte ich. ,,Ava? Hallo? Ich rede mit dir!'' Ich stürmte an ihr vorbei und wollte gerade die Treppen hochgehen als ich in meinen Vater rannte. ,,Huch? Warum hast du's denn so eilig?''

,,Lass mich durch'', zischte ich und drückte mich an ihm vorbei. ,,Ava Alexandra Hemmings, bleib sofort stehen!'', rief meine Mutter mir wütend hinterher. So fest ich konnte, schlug ich meine Zimmertür zu, schloss sie ab und ließ mich kurz darauf auf mein Bett fallen. Mein Kopf brummte und ich wollte einfach nur noch schlafen. Meine Eltern konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht ertragen. Als ich gerade dabei war einzuschlafen, hämmerte jemand gegen meine Tür. ,,Ava, jetzt reicht es aber! Mach die Tür auf! Was ist denn los mit dir!?'' Meine Mutter schrie so laut, das mein Kopfweh sich gefühlt um das Tausendfache verschlimmerte. Konnte sie mich nicht einfach in Frieden lassen? Womit hatte ich das verdient? ,,Na schön'', hörte ich sie noch sagen, ehe ich ihre, sich entfernenden,Schritte hörte. Endlich Ruhe, dachte ich und schloss erneut meine müden Augen. Doch die Ruhe hielt nicht lange an. Auf einmal spürte ich einen kalten Luftzug, der von meiner offenen Zimmertür verursacht wurde. Ich setzte mich hastig auf. Mum stürmte herein, zog mir meine Decke von den Beinen und zog mich an meinem Arm nach oben, sodass ich vor ihr stand. ,,Was soll das?'', fragte ich aufgebracht und entzog mich ihrem festen Griff. ,,Du fragst mich was das soll? Weißt du, das Gleiche könnte ich dich fragen! Du bleibst die ganze Nacht weg, kommst um zwölf Uhr Mittags nach Hause, obwohl du Abends nicht Bescheid gesagt hast und lässt dir dann nicht einmal eine gute Ausrede einfallen! Und dazu kommt noch, das du dich wie die größte Zicke auf Erden aufführst und gekleidet bist wie ein Penner!'' Ich sah sie einfach nur an. Auf eine Erklärung oder Entschuldigung konnte sie lange warten. Mein neues Ich hatte beschlossen, das sie das nichts mehr anging. ,,Du hast dazu also immer noch nichts zu sagen?'', fragte sie herausfordernd und zog eine Augenbraue nach oben. Ich setzte meinen arrogantesten Blick auf und verschränkte meine Arme vor meinem Körper. Ich ließ meinen Blick umher schweifen und wartete auf ihre Reaktion. ,,Was ist nur mit dir passiert?'', fragte sie nun traurig. ,,Ist dir irgendwas zugestoßen?'' Ich schüttelte den Kopf. ,,Na schön. Wenn du nicht mir sprichst muss ich eben andere Maßnahmen ergreifen. Gib mir dein Handy'', befohl sie streng. Ihr fürsorglicher Ton war wieder komplett verschwunden. ,,Nein'', antwortete ich bestimmt. Jetzt sah sie überrascht aus. ,,Nein?'', wiederholte sie. Ich nickte. ,,Ich werde dir mein Handy nicht geben. Es bringt dir sowieso nichts mich zu bestrafen. Es geht dich nichts an, wo ich war also muss ich es dir auch nicht erzählen. Ich habe mein eigenes Leben, da hast du nichts zu bestimmen'',gab ich trotzig von mir. Meine Mutter wurde wütend. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten. ,,Aha? Schön. Dann kannst du ab jetzt auch selbst deine Wäsche waschen, du kannst dir was zu Essen kochen und deine Klamotten kannst du auch selbst bezahlen'' Ich schluckte. Das sie so reagieren würde, hätte ich mir ja eigentlich denken können. Trotzdem überraschte es mich, das sie mich so schnell aufgab. Ich nickte nur als Antwort. Meine Mutter verschwand mit einem lauten Knall meiner Tür.

,,Ich liebe dich, Ava'' Ich muss hier weg. Ich muss weg von ihm. Warum lässt er mich nicht einfach gehen? ,,Ich liebe dich über Alles auf der Welt'' Er soll still sein. Ich habe ihm doch schon einmal gesagt, das es nicht geht. Ich kann es einfach nicht. Er streicht mir über meine Arme. ,,Warum zitterst du? Hey, ich bin es doch nur''Er küsst mich zärtlich und sieht mir dann tief in die Augen. ,,Warum sagst du nichts? Habe ich was falsch gemacht?'' Ich will rennen, aber ich kann nicht. Meine Beine bewegen sich nicht. Ich bekomme Panik. Warum ist hier drin so schlechte Luft? Jemand muss das Fenster öffnen. Plötzlich bewegen sich meine Beine doch. Sie laufen gezielt auf das einzige kleine Fenster in diesem Raum zu. Meine Arme öffnen es und eiskalte Luft schlägt mir ins Gesicht. Kurz schließe ich meine Augen. Als ich sie wieder öffne, stehe ich am See. An unserem See. Ich fühle mich gut. Ich atme tief ein. Alles wird wieder gut. ,,Ava? Bist du das?'' Sam! Sammy ist hier! Sie rennt auf mich zu und fällt mir schließlich in die Arme. ,,Wo warst du die ganze Zeit?'', fragt sie vorwurfsvoll. Tränen sammeln sich in ihren Augen. ,,Ich hätte dich so sehr gebraucht, aber du warst nicht da! Du bist die mieseste beste Freundin auf dieser Welt, weißt du das?'' Sam brüllt mich an. Plötzlich holt sie aus und schlägt mich. ,,Was soll das?!'', kreische ich und schucke sie, sodass sie auf den eisigen Boden fällt. ,,Das weißt du ganz genau. Du! Du bist schuld! Nur wegen dir hat er das getan!'' Ihre Worte tun mir weh. Was will sie von mir? ,,Was meinst du damit, verdammt nochmal?!'' Sie kommt auf mich zu. Sie ist mir viel zu nah. Ich bekomme schon wieder keine Luft. ,,Ethan. Er hat sich nur wegen dir gegen das Leben entschieden. Und das nur, weil du feige bist. Du bist so unfassbar feige. Er kam dir nur einen Schritt zu nahe und du machst einen Rückzieher. Wie konntest du ihm das nur antun?'' Mir wird schlecht und ich bekomme keine Luft. Ich taumle nach hinten. Ich stehe am Abgrund. Noch ein Schritt und ich lande im Wasser. ,,Na los! Spring rein und tue uns damit einen Gefallen, du Miststück!'' Ich breite meine Arme aus. Ich muss mich nur fallen lassen, dann ist Alles vorbei. Dann kann ich hoffentlich wieder bei ihm sein. Ich kann meinen Ballast hier lassen und mit einem reinen, unbeschwerten Herzen zu ihm gehen. Ich werde endlich stark genug sein. ,,Ich hab dich lieb, Sammy'', sage ich und lasse los.

Mein Herz schlug mir bis zum Hals, ich zitterte vom kalten Schweiß auf meiner Haut und fühlte mich wie betäubt. Um mich herum war es dunkel. Schnell machte ich meine Nachttischlampe an. Sofort fühlte ich mich besser. Es war nur ein Traum, sagte ich mir immer wieder. Plötzlich bekam ich furchtbare Angst. Was, wenn Ethan sich tatsächlich etwas angetan hatte? Das würde ich nicht ertragen. Ich musste ruhig bleiben. Ich hatte nur geträumt. Sam war weg und Ethan war vermutlich Zuhause und schlief tief und fest. Trotz, das ich mir probierte dies einzureden, stand ich auf und zog meinen Vorhang zur Seite. Das Licht in seinem Zimmer war an. Ich sah auf meine Uhr: 2:00. Wieso war er wohl noch wach? Ich hätte mich am Liebsten selbst geohrfeigt. Er sollte mir scheißegal sein. Ich legte mich wieder ins Bett und schaltete mein Licht aus. Am nächsten Tag war Schule und ich wollte nicht so aussehen, wie ich mich fühlte, also schloss ich die Augen und probierte einfach an Nichts zu denken.




The missing girl and her broken pastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt