Er liebt mich, er liebt mich nicht

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Er liebt mich, er liebt mich nicht

„Er liebt mich!" Ein dumpfer Aufschlag und ein Scheppern.

„Er liebt mich nicht!" Ein Klirren von zerbrochenem Glas.

„Er liebt mich!" Wieder ein Scheppern und Klirren. Ein Teller gesellt sich zu den Scherben auf dem Boden.

„Du solltest aufhören", sage ich, um etwas gesagt zu haben, nicht weil ich mir einbilde, dass meine Worte verstanden, wenn denn überhaupt gehört werden.

„Er liebt mich nicht!" Das nächste Glas fällt auf den Boden und zerspringt. Im Schrank ist noch Einiges an Geschirr. Du kannst das Spiel wahrscheinlich noch eine Stunde lang fortführen.

„Er liebt mich!"

Ich erinnere mich, wie wir beide Gänseblümchen gerupft haben in der Hoffnung die entscheidende Antwort auf die so wichtig erscheinende Frage zu bekommen. Doch damals war alles tatsächlich nur ein Spiel und wir haben keine Tränen vergossen, nur weil „Er liebt mich nicht!" herauskam.

Heute wiegt alles viel schwerer. Heute geht es um verlieren, verlassen, aufgeben. Die Teller und Gläser sind nur ein schwaches Symbol für das, was heute in dir zerbrochen ist.

„Er liebt mich nicht!" Der Krug knallt zu Boden, doch er bricht nicht. 'Gute Qualität!', schießt es mir durch den Kopf.

Vielleicht fragst du mich später, warum ich dich nicht ernsthaft aufgehalten habe in deinem Wahnsinn. Aber was ist schon Wahnsinn? Sind Teller wirklich mehr wert als Gänseblümchenblätter, wenn du glaubst, die Wahrheit nicht ertragen zu können?

„Er liebt mich!" Mittlerweile erschöpft lässt du die Kristallschüssel fallen. Einige Zacken am Rand platzen ab, doch auch sie bleibt weitgehend heil. Du schenkst ihr einen fast schon beleidigten Blick.

„Er liebt mich nicht mehr...", flüsterst du und bleibst einfach still stehen.


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