Kindheitserinnerungen

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,,Ally, was ist denn nur los mit dir in letzter Zeit?" Erschrocken fuhr ich hoch und ließ das Brötchen in meiner Hand dabei fallen, diesmal aber zum Glück auf den Teller und nicht auf den Boden. ,,Ähmm... Bitte?", fragte ich gedankenverloren, und hörte David neben mir am Frühstückstisch leise lachen. Ich schenkte ihm einen genervten Blick, wandte mich dann aber wieder meinem Essen zu. ,,Ach, was soll ich denn nur mit dir machen", seufzte meine Mutter. ,,Du bist gar nicht bei der Sache! Wir haben gerade darüber gesprochen, welche Vereine es hier in der Gegend gibt. Vielleicht könntest du dich ja bei einem anmelden, dann würdest du wenigstens mal ein bisschen unter Menschen kommen! Aber stattdessen starrst du lieber auf dein Brötchen." Sie sah mich mit ihrem vorwurfsvollsten Blick an.  ,,Mama, ich hab genug Freunde. Und außerdem; was könnte hier", ich fuchtelte wild mit meinen Armen, ,,denn schon groß auf mich warten? Höchstens eine Pfadfindergruppe, und ich gehe bestimmt nicht zu den Pfadfindern." ,,Ally, das ist nun wirklich unhöflich. Du wirst dich daran gewöhnen müssen, dass wir ab jetzt hier leben werden. Es gibt in der Nähe ein paar Freigegenstände, die dir gefallen könnten! Wie wäre es mit Reiten? Das hast du doch früher so gerne gemocht. Ich weiß noch, wie du als fünfjähriges Mädchen immer auf deinem Pony Luna geritten bist, so süß hast du damals ausgesehen in deinem pinken Reitanzug... War das nicht zu der Zeit, in der du so unsterblich in diesen Moritz verliebt warst?" Ich errötete, versuchte schnell das Thema zu wechseln. ,,Naja, ich weiß nicht, ob Reiten das Richtige für mich ist. Was gibt es denn sonst noch so Angebote?" Trotz meines geheuchelten Interesses wusste ich, dass ich mich für nichts davon entscheiden würde. Nie im Leben, doch meine Mutter schien dadurch wenigstens ihr peinliches Schwelgen in Erinnerungen für einen Moment vergessen zu haben. David jedoch nicht. Er grinste schadenfroh, als er bemerkte, wie peinlich mir dieses Thema war, und fragte dann meine Mutter mit einem herausfordernden Blick in meine Richtung: ,,Warum erzählen Sie mir nicht noch etwas über Allys Kindheit?" Ich stieß ihm unter dem Tisch gegen das Bein, was er allerdings gar nicht beachtete. Ich trat wieder zu, diesmal fester. Er zog seinen Fuß nicht mal weg. Auch den dritten Tritt steckte er weg, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Stattdessen beugte er sich zu mir, und flüsterte mir etwas ins Ohr. ,,Wenn du mit mir unter dem Tisch füßeln möchtest, dann sag's doch einfach, Ally." Ich musste unwillkürlich grinsen, und er zwinkerte mir zu, bevor er sich wieder meiner Mutter zuwandte, die gerade mit Freuden eine Geschichte über meine erste Kindergartenliebe breitredete. Als sie ernsthaft eine Story über meine erste Blasenentzündung erzählen wollte, unterbrach ich sie endgültig. ,,Mama, ich glaub, ich hab mich entschieden. Ich will wieder reiten." Sie sah mich erstaunt an, nickte dann mit viel zu übertriebenem Enthusiasmus. Anscheinend hoffte sie so darauf, dass ich mich hier in die Gesellschaft einbezog, dass sie dafür sogar das Geld für Reittraining mit Freuden bezahlte - als hätten wir nicht schon genug Geldprobleme. Außerdem wollte ich gar nicht in einen Verein, ich hatte nur keine Lust mehr auf meine peinlichen Kindheitsgeschichten. Allein der Gedanke an Muskelkater und stinkende Klamotten grausten mich, es wunderte mich nur, dass David genauso entsetzt dreinschaute wie ich. Schließlich musste ich mich jetzt mit irgendeinem störrischen Gaul herumschlagen, ihm konnte das herzlich egal sein. ,,Na, da könnt ihr ja gleich die Gelegenheit nutzen, um euch besser kennen zu lernen, stimmt's, David?" Erschrocken fuhr ich herum. Hinter mir stand der Hausbesitzer, nur in einen Bademantel gewickelt und mit (wenn überhaupt vorhandenen) nassen Haaren. Deswegen war er also nicht zum Frühstück gekommen. David nickte langsam, ohne mich aus den Augen zu lassen. Ich hingegen verstand nur Bahnhof. ,,Was? Wie meinen Sie das, sich bei dieser Gelegenheit besser kennenlernen?" Der Mann lächelte. ,,Du kannst mich duzen, immerhin wohnen wir jetzt zusammen. Hat dir mein Sohn denn nicht erzählt, dass er auch reitet? Ich glaube, er trainiert sogar die Neulinge. Wie dich." Jetzt war ich die, die verdutzt aus der Wäsche guckte. Ich drehte mich wieder in David Richtung. ,,Du reitest?" Erneut nickte er. Deswegen also dieser entsetzte Blick. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 25, 2016 ⏰

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