Prolog

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Eine einsame Träne stahl sich meine Wange herunter, während ich fassungslos auf das Fernsehen blickte. Warum? Wie konnte er mir das nur antun? Es war doch immer unser gemeinsamer Traum gewesen, zu X- Factor zu gehen. Zusammen! Natürlich, es war schon lange her, seit wir begeistert von unseren Zukunftsplänen geredet hatten. Doch wir hatten uns geschworen, niemals ohne den anderen dort mitzumachen. Waren das für ihn nur noch alberne Kinderschwüre? Unbedeutende Worte zweier bester Freunde? Ich konnte es noch immer nicht fassen. Es tat mir so weh; mein Herz fühlte sich bleischwer an, als würde es in einem zu engen Behälter stecken und drohen, jeden Moment zu explodieren.

Ich hörte ihn leere Worte sagen. Er habe schon immer gerne gesungen- mit seiner Schwester. Bei dieser Lüge bebten meine Lippen und ich presste sie ärgerlich zusammen. Er hatte nie mit seiner Schwester gesungen! Immer nur mit mir. Wie konnte er das so verleugnen?

All die Trauer, darüber, dass er sich in all den Jahren kein einziges Mal mehr gemeldet hatte, all die Unsicherheit, ob es ihm in der langen Zeit, in der wir uns entfremdet hatten, gut ergangen war oder ihm etwas Schlimmes passiert war, all die Hoffnung, die ich die letzen sechs Jahre verspürt hatte, dass er sich vielleicht doch meldete, all diese Gefühle lösten sich urplötzlich in brennend heiße Wut auf. All die Jahre hatte er mir solch einen Kummer bereitet!

Ich hörte seine wunderschöne Stimme aus dem Fernseher klingen und wusste, dass ich das nicht mehr aushalten würde, wenn ich länger sitzen blieb. Wie in Trance stand ich auf und verließ das Zimmer unter den verwirrten Blicken meiner Mutter, während mir Tausende von Tränen unaufhaltsam das Gesicht herunterliefen.

Are we friends or are we more? (COMPLETED)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt