1.Teil - 07.Kapitel
Seitdem mein Dad mir die frohe Nachricht verkündet hatte, waren fünf Tage vergangen. Fünf Tage, in denen ich weder gesprochen, noch gegessen, noch mein Zimmer verlassen hatte. Eine Veränderung lag in der Luft, das war mir schon seit Harrys und meinem Besuch auf dem Friedhof aufgefallen. Eine Veränderung, die zwar in mir drin stattfand, man aber auch von Außen ganz gut erkennen konnte, denn ich war krank geworden. Mit Fieber hatte es angefangen, gefolgt von Kopfschmerzen, Sehstörungen und Schwindelkeitsgefüh. Die Nacht wurde zum Tag und andersherum. Während ich mich um drei Uhr morgens schweißgebadet hin und herwälzte, schlief ich tagsüber und wurde von Albträumen geplagt, die auch nicht verschwanden, nachdem ich aufgewacht war. Megan meinte ich habe mich bei jemandem in der Schule angesteckt, wo gerade die Grippe rumging, doch ich wusste es besser. Ich war mit meiner Kraft am Ende. Meine Vermutung, dass sich meine jetzige Situation gar nicht mehr verschlechtern konnte, hatte sich als falsch erwiesen. Sie wollten mich wegschicken, mich ein für alle mal loswerden.
Erst als ich zwei Stunden nach dem Gespräch im Wohnzimmer einen Flyer am Kühlschrank, mit der Aufschrift: 'St Elizabeth Boarding School for Girls, Cambridge' vorfand, konnte ich das, was sie mir gesagt hatten, erst richtig glauben. Sofort wurde ich von der Übelkeit gepackt und verbrachte den restlichen Abend im Badezimmer. Die Übelkeit wollte auch nicht mehr verschwinden. Also hatten sie mich für den Donnerstag und den Freitag in der Schule krank schreiben lassen.
Am Sonntag war das Fieber endgültig abgeklungen, doch ich lag noch immer im Bett und weigerte mich aufzustehen. Mein Mund fühlte sich ausgestrocknet an, wie auch der Rest meines Körpers. Ich hatte das Gefühl nicht einmal mehr meine Hand bewegen zu können, vor lauter Schwäche, vom Aufstehen ganz zu schweigen. Doch mein Vater schien das anders zu sehen.
„Evelyn mach die Tür auf!" Das Klopfen an meiner Zimmertür wurde lauter, doch ich rührte mich kein Stück und starrte stattdessen weiterhin an die Decke, als würde dort etwas unglaublich Interessantes kleben. Doch so war es nicht. Alles was zu sehen war, war weiße, abgesplitterte Farbe, die Stellen der eigentlich braunen Decke zum Vorschein brachte.
„Du kommst zu spät zur Schule! Und ich muss zur Arbeit", hörte ich erneut die strenge, doch mittlerweile erschöpfte Stimme meines Vaters auf der anderen Seite der Tür. „Du kannst dich nicht ewig hier einsperren."
Doch. Und wenn es sein müsste, dann eben bis zum Ende meiner Tage, was ohne Nahrung und Trinken gar nicht mal so lange dauern konnte.
Ein Seufzen verriet mir, dass er letztendlich aufgegeben hatte.
Es war bereits viertel vor acht und somit viel zu spät um jetzt noch pünktlich zum Unterricht zu erscheinen.
Es war sogar ein relativ guter Tag, wenn man mal beachtete, dass es Mitte November war. Die Sonne schien und weit und breit war keine Wolke zu sehen, doch ich hatte das Fenster geschlossen und die Vorhänge zu gemacht.
Mein Bauch gab komische Geräusche von sich und ich fühlte mich einfach nur elend, wie ich so da lag. Mein Körper fühlte sich schlaff an, ich war müde und mir war schwindelig.
Langsam setzte ich mich auf, wobei sich alles zu drehen begann. Noch langsamer schwang ich meine Beine vom Bett und versuchte mich hinzustellen, in dem ich mich an dem kleinen Nachttisch abstützte.
Die ungewaschenen und verzottelten Haare fielen mir ins Gesicht und anstatt sie mir aus dem Gesicht zu streichen, hob ich den Kopf, wobei eine erneute Welle der Übelkeit über mich kam und ich es gerade noch rechtzeitig schaffte die Zimmertür zu öffnen und ins Bad zu stürzen.
Erschöpft lag ich auf dem Fußboden und versuchte trotz aller Müdigkeit die Augen geöffnet zu halten und der Wahrheit ins Gesicht zu blicken. Ich hatte es mir alles nur eingebildet. Ich war nicht krank geworden, ich hatte dafür gesorgt krank zu werden und zwar in dem ich mir immer wieder den Finger in den Hals gesteckt hatte. Das Befreiende Gefühl von Leere, fühlte sich einfach zu gut an.
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(The) Return
Roman pour Adolescents„Was ist der Sinn des Lebens? Und wenn es keinen gibt, wofür lohnt es sich dann zu leben? Wenn man keinem wichtig ist, wenn jegliche Hoffnung nie existierte und dem Leben jeder Sinn entzogen wurde?" Die siebzehn jährige Evelyn ist umgeben von dunkle...