1.Teil - 04.Kapitel

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1.Teil - 04.Kapitel

Ich hob den Kopf, um zu sehen wer gemeint war, konnte aber außer mir keine andere Person erkennen.

Keine, außer ein Junge, der gar nicht so weit von mir entfernt auf einer niedrigen, schneebdeckten Mauer saß, die bis zum Ende der Straße verlief.

Und als seine grünen Augen, geradewegs in meine blickten, wusste ich, dass er nur mich meinen konnte. Ich war so überrascht, dass ich sogar kurz stehen blieb. Natürlich hatte ich kein Feuer für ihn, konnte er sich das nicht selber denken?

Würde ich rauchen und Dad und Megan würden dies rausbekommen, würden sie mich wahrscheinlich gar nicht mehr aus dem Haus lassen. Dann könnte ich mich offiziell als eine Gefangene bezeichnen. Ich war mir sogar sicher, dass es so sein würde.

Wie damals bei Aurora.

Mein Blick heftete sich auf die Zigarette, die der Junge abwartend zwischen den Fingern hielt und wieder begannen sich etwas verschwommene Bilder aus meiner Vergangenheit vor mir abzuspielen.

Flashback

Mit einem lauten Knall wurde die Haustür zu geschlagen und ich hörte gerade noch rechtzeitig wie Aurora die Treppe nach oben stürmte und in ihrem Zimmer verschwand. Kurz darauf ging die Haustür wieder auf und mein Dad kam herein. Er sah wütend aus, murmelte irgendetwas vor sich hin und lief dann ebenfalls nach oben.

„Öffne sofort die Tür Aurora!", brüllte er. Verwundert stand ich vom Küchentisch, an dem ich bis zu dem Zeitpunkt meine Hausaufgaben gemacht hatte, auf und lief in den Flur, um zu sehen was los war. „Wenn du nicht sofort die Tür aufmachst, schwöre ich dir", begann er, kam aber nicht dazu zu ende zu sprechen, da sich ihre Zimmertür auf einmal wieder öffnete und sie an ihm vorbei wieder nach unten lief. Mit geöffnetem Mund starrte ich sie an. Ihre Haare. Sie waren nicht mehr lang und braun, sondern gingen ihr nur noch bis zum Kinn und waren pechschwarz gefärbt worden. Aber ich traute mich nicht irgendetwas zu sagen. Nicht in dem Moment. Sie schienen mich auch kaum zu bemerken. Er kam auch wieder nach unten gelaufen und hielt sie am Arm fest, noch bevor sie die Haustür öffnen konnte. „Du gehst nirgendswo mehr hin!", rief er. Sie riss sich los. In ihrem Gesichtsausdruck, mit dem sie ihn nun musterte, war nichts als Verachtung zu sehen „Als ob ich mir von dir noch irgendetwas sagen lasse! Weißt du eigentlich wie peinlich das eben war?!" „Peinlich?! Nein, peinlich ist es sich die Haare schwarz zu färben und sich in aller Öffentlichkeit aufzuführen wie ein Junkie!" „Oh bitte! Das war ein kleiner Joint, nichts was mein Leben nicht noch schlimmer machen könnte!" „Du bist sechtzehn Jahre alt und lebst unter meinem Dach!" „Ich bin siebzehn! Und glaub mir, sobald sich die Möglichkeit ergibt, werde ich aus diesem Drecksloch ausziehen. Du schaffst es dich ja nicht einmal richtig um uns zu kümmern, guck dir Evelyn an! Dieses Oberteil trägt sie schon seit einer Woche. Und was willst du überhaupt von mir?! Dir bin ich doch sowieso egal, triff dich doch lieber weiter mit Blondchen!" Verwirrt sah ich zwischen beiden hin und her. Sie schrie, dann er wieder. So ging es bestimmt ganze zehn Minuten lang, bis sie schließlich doch noch rauslief, doch er folgte ihr.

„Ich sagte du bleibst hier!"Aber sie war schon durch das kleine Eingangstor gelaufen. Dort drehte sie sich noch einmal um. Dieses Mal hielt sie eine Zigarette zwischen den Fingern, breitete ihre Arme aus und sah ihn abwartend und belustigt zugleich an. „Was willst du tun Dad? Mich weiterhin für alles verantwortlich machen?! Lass es gut sein, ist angekommen." Dann ging sie. „Das war das letzte Mal! Und sag diesem Jungen, dass wenn ich ihn das nächste Mal sehen sollte, er etwas erleben kann!"

Doch sie hörte ihn nicht und drehte sich auch nicht mehr um.

Flashback Ende

(The) ReturnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt