3. Kapitel

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Alina P.O.V.

Niemand traut sich, mich anzusprechen, nicht einmal Minho.
Mit einer derartigen Aggression, dass ich beinahe den Nächststehenden niederschlagen könnte, laufe ich im Schlafsaal auf und ab, renne einen Graben in den Boden. Mein Bauch knurrt ab und an, erinnert mich an die fettige Pizza, die schon Ewigkeiten herzuseien scheint. Mittlerweile ist uns allen klar geworden, dass die Typen aka unsere Retter nicht mehr kommen werden, wir sind hier eingeschlossen. Ohne Essen, nur mit dem Wasser aus dem Badezimmer. Alle möglichen Theorien schwirren mir durch den Kopf, von einem Überfall angefangen bis hin dazu, dass es tatsächlich wieder ANGST sein könnte; aber das glaube ich nicht. Das will ich nicht glauben...

Der Alarm geht so plötzlich los, dass ich über meine eigenen Füße stolpere und beinahe auf die Nase geflogen wäre, hätte ich mich nicht rechtzeitig am nächsten Bettpfosten festgeklammert. Newt und Maren kommen aus dem Bad gestürmt, letztere trägt nur das Shirt des Blonden, dass ihr knapp bis unter den Po reicht; dementsprechend zieht sie es auch ständig weiter hinunter, um alles Nötige zu verdecken. Newt ist folglicherweise oben ohne, und einen Moment lang kann ich nicht anders, als seinen muskulösen Oberkörper zu mustern. Doch statt typisch pubertäre Mädchengedanken schießen mir ganz andere Dinge durch den Kopf:
Ob Minho genauso gut gebaut ist? Bestimmt. Bestimmt besser...
What the hell? Alina, konzentrier dich mal!!
Mir klingeln schon die Ohren von dem durchdringenden Ton des Alarms und ich presse mir fest die Hände dagegen, doch der Lärm vibriert weiter in meinen Gehörgängen und verursacht mir Kopfschmerzen. Auch die Lichter wirken ziemlich verwirrt und laufen hin zur Türe, zerren an der Klinke und treten dagegen, doch sie geht wie erwartet nicht auf.
"Das ist ein beklonkter Frischlingsalarm!"
höre ich Minho durch durch das schrille Heulen brüllen und erst nach ein paar Sekunden verstehe ich den Sinn der Worte. Als Teresa auf die Lichtung geschickt wurde, ertönt das gleiche Signal, nur viel leiser und kürzer. Kommen etwa Neue an? Oder wie läuft das hier?

Genauso plötzlich wie er kam, verstummt der Alarm auch wieder. Es ist so still im Raum, dass ich meine das Summen der drückenden Ruhe bereits hören zu können, jeder Atemzug, jeder einzelne Herzschlag der hier anwesenden Menschen ist nichts weiter als leises Ticken in meinem Hinterkopf, wie eine Bombe. Nach einer Weile setzt sich Alby langsam in Bewegung, seine schweren Schritte hallen merkwürdig laut durch den Raum. Vor der Tür bleibt er schließlich stehen. Wie in Zeitlupe greift er nach der Metallklinke, drückt sie vorsichtig hinunter. Es mach leise klick, dann springt das Tor auf, und dahinter... Dunkelheit. Absolute, undurchdringbare Schwärze wie zäher Nebel.

Eine zweite Person gesellt sich zu Alby; Minho. Der Asiate linst neugierig in das unheimliche Dunkel, scheint nicht im geringsten verunsichert zu sein. Diese Unbeschwertheit gibt mir einen Stoß, ob nun Trotz gegenüber des Hüters oder simples Vertrauen, er würde die Situation richtig einschätzen, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Wie von selbst setzen sich meine Beine in Bewegung und ehe ich mich versehen kann, finde ich mich auch schon vor dem Eingang zum bodenlosen Nichts wieder. Die zwei Jungen werfen mir undeutbare Blicke zu, sie scheinen zu überlegen, ob sie mich angiften oder ignorieren sollen. Ich nehme ihnen die Entscheidung ab und gehe schnurstraks aus dem Zimmer, hinein in die unheilvolle, totenstille Halle. Tags zuvor noch war sie hell erleuchtet gewesen und ich meine mich an einen Lichtschalter erinnert zu können, einige Meter entfernt von meinem Standpunkt aus. Wenn ich mich an der Wand entlang taste, dann könnte ich ihn vielleicht finden und dann...
"Alina! Was tust du da?!"
höre ich Marens panische Stimme und beinahe hätte sich ein Lächeln auf meine Lippen verirrt; aber auch nur beinahe. Trotz allem, was ich ihr an den Kopf geworfen habe, macht sie sich immer noch Sorgen um mich, um ihre hilflose kleine Schwester. Ich dagegen habe mit ihr so gut wie abgeschlossen, glaube ich zumindest.
Die Wut, die in meinem Brustkorb wie ein Inferno brennt und jegliche Liebe zu meiner Familie zu verzehren scheint, dieser unbeschreiblich großer Zorn auf momentan alles und jeden saugt an meinen Energiereserven wie eine lästige Zecke und erschöpft mich. Ich habe das Gefühl, bald nicht mehr weitergehen, weiterkämpfen zu können, doch anstatt zusammenzuklappen schlägt mein Körper einen anderen Weg ein. Er wird leichtsinnig, wird lebensmüde, handelt ohne Verstans und logischem Denken. Wenn ich nicht bald an einem Herzkollaps zusammenbreche von dem vielen Ärger und der ständigen Trauer, beinge ich mich noch selbst um, und sei es eine noch so dämliche Aktion. Zum Beispiel jetzt, wo ich ins Unbekannte vordringe, wo genauso gut ein grausamer Tod auf mich warten könnte.

Mit den Armen weit von mir gestreckt gehe ich langsam durch die Dunkelheit, hinter mir kann ich leises Stimmengemurmel vernehmen, mehrmals fällt mein Name. Ich versuche die hitzigen Diskussion, die gerade wegen meiner übereilten Aktion ausgebrochen, zu ignorierwn und versuche mich stattdessen an den Standort dieses verdammten Lichtschalters zu erinnern. Dabei fällt mir der leicht säuerliche Geruch auf, der in der Luft liegt. Ich kann den Duft nicht genau zuordnen, und doch kommt er mir bekannt vor...
Plötzlich stoße ich gegen etwas Schweres, Hartes, und gebe einen überraschten Schrei von mir. Sofort höre ich Schritte und eine Stimme, die durch die Dunkelheit echot und mir aus unerklärlichen Gründen einen leichten Schauer über den Rücken jagt.
"Was ist?"
fragt Minho laut, er klingt gepresst und angespannt. Durch das schwache Licht durch die offene Tür kann ich seine verschwommene Silhouette erkennen, wenige Meter entfernt von mir. Selbst seine bloßen Umrisse wirken wahnsinnig attraktiv, finde ich.
"Nichts... hier... ist nur... irgendwas..."
stammel ich unsicher und taste dies Etwas ab. Es fühlt sich an wie ein alter Boxsack und baumelt leicht hin und her, wenn man es anstupst; doch wenn man genauer fühlt, kann man eine wage Form erkennen. Bilder tauchen vor meinem inneren Auge auf, sofort brennt es mir im Hals und ich würge leise, stolpere keuchend zur Seite. Wieder ertönen Schritte.
"Alina?"
ruft Minho nun doch leicht nervös, aber ich antworte nicht. Ich will hier nur mehr raus, raus aus diesem Raum, in dem vermutlich lauter...

Etwas Flaches bohrt sich in meinen Rücken, als meine Beine nachgeben und ich gegen die Wand kippe, dann klickt es und eine Lampe nach der anderen schaltet sich flackernd an. Das grelle Licht blendet mich anfangs, doch dann blinzel ich vorsichtig gegen die Helligkeit an und sehe mich zögernd um. Obwohl ich bereits geahnt habe, was sich hier abspielen könnte, so überbietet die gezeigte Szenerie doch jede meiner Fantasien. Ich beuge mich vornüber und würge und huste, doch es kommt nichts mehr aus meinem Magen heraus, da nichts mehr drin ist.

Leichen. Überall Tote, bleich und aufgedunsen wie Luftballons, die Zugen hängen ihnen lila-blau verfärbt aus den offenen Mündern. Dicke Stricke graben sich in die verrenkten Hälser unsrer einsten Retter, nun sind sie nichts weiter als Kadaver, die die Luft verpesten.

Ein schriller Mädchenschrei hallt durch den Saal, vermutlich Teresa. Maren und Sophie würden niemals, niemals dermaßen Kreischen, nicht wegen so etwas. Stimmengewirr erfüllt die Luft, doch der Sinn der vielen Worte prallt an mir ab und das letzte, was ich sehe, ehe ich abdrifte, ist Minhos besorgtes Gesicht, als er sich über mich beugt. Dann wird es Nacht.

The ScorchSisters [Maze Runner FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt