Kapitel 15

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Ich befand mich in unserem Wohnzimmer und blickte starr auf unseren TV-Screen, der nun die heutigen Nachrichten anzeigte. Es war ziemlich schwer gewesen, mich von Cara loszueisen, die völlig durcheinander und geschockt von dem Video wie eine Verrückte auf mich einredete und das Geschehene im kleinsten Detail analysierte und zu allem meine Meinung wissen wollte. Und ich wiederum hatte Caras Verhalten analysiert. Im Gegensatz zu manch anderen Leuten war sie nicht ganz so extrem geschockt, sie war schließlich nicht leichenblass auf die Straße gerannt. Zum Glück. Ich musste zugeben, dass the Eagles das ziemlich gut hinbekommen hatten. Auch auf mich hatte das Video extrem eindrucksvoll und schockierend gewirkt. Aber ob die Leute dem auch glauben würden? Auf dem Fernseher wurde einer der Pressesprecher der Regierung angezeigt, Mr. Donalden. Seine tiefe beruhigende Stimme drang durch die Lautsprecher zu meinen Ohren und ließ mich aufmerksam aufhorchen.

„Ich spreche nun zu allen Bürgern der Vereinigten Staaten. Das, was viele von Ihnen heute Nachmittag auf ihren Screens gesehen haben, war etwas Grausames und Schlimmes und die Leute, die diese Art von Lügen und Unsicherheiten verbreiten, werden dafür bestraft werden. Ich möchte Sie alle daran erinnern, dass wir in einer vollkommenen und friedlichen Gesellschaft leben, und uns nichts ferner liegt, als irgendjemandem von Ihnen weh zu tun, wie dieses abscheuliche Video propagiert. Erinnern Sie sich daran, wer uns diesen wunderschönen und friedlichen Ort geschenkt und ermöglicht hat. Die U.S.A ist als einziges Land aus der Asche wieder auferstanden, und dafür sollten wir alle bis an unser Ende dankbar sein! Also glauben sie solchen intriganten Lügnern nicht, und bleiben sie auf der richtigen Seite! An der Seite der ehrwürdigen Regierung, denn bei uns ist ihnen Sicherheit, Gerechtigkeit und Frieden gewiss.", beendete Donalden seine Rede, bei der es mir kalt den Rücken runter lief. Erneut spürte ich wieder die Wut in mir, die sich immer breiter machte. Das darf doch einfach nicht wahr sein! Verdammt, ich hatte es doch geahnt. Ab jetzt würden alle Regierungsleute wohl zweimal aufpassen, wer sich in ihre Systeme einhackt um Videospots abzuspielen. Und die Leute, die unser Video vorher erreicht und sie zum Zweifeln bewegt hatte, waren nach dieser Rede doch hundert Prozent wieder auf der Seite der Regierung. „Ach verdammt.", murmelte ich und drückte fest auf den Ausschaltknopf des TV Screens.

„Warum so sauer, Hale?", fragte Liam verwundert, der gerade ins Wohnzimmer geschlendert war. Überrascht ihn zu sehen, hob ich meinen Kopf. „Hast du's nicht mitbekommen?", fragte ich. Liam ließ sich neben mich plumpsen und kratzte sich an der Stirn. „Wenn du DAS Video meinst, dann, klar hab ich das mitbekommen. Ich bezweifle, dass es jemandem gibt, der noch nicht davon gehört hat.", antwortete er mir ruhig und spielte währenddessen an seinem schwarzen Wollpullover herum. „Ja, und? Was sagst du dazu?", hakte ich nach, gespannt zu erfahren, was mein Bruder davon hielt, der schließlich noch nichts wirklich von der Organisation ‚The Eagles' wusste, von der ich mittlerweile ein Teil war. Langsam löste er seinen Blick von seinem Pulli und schaute mich an. „Es ist alles so verwirrend, aber irgendwie ergibt es auch einen Sinn, verstehst du? Diese Verfolgungsjagd nach dem kleinen Jungen, die da abgespielt worden ist, glaubst du die haben Carlsen auch so gejagt?", fragte er zögerlich und ich sah ihm den Schmerz an, den er zu verbergen versuchte. Er musste Carlsen wohl wirklich vermissen und es tat mir so leid, dass ich nichts für ihn tun konnte. „Ich weiß es nicht, Liam. Aber ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass Carlsen sich nicht wehren würde. Und was das Video angeht, glaube ich alles, was angezeigt wurde.", sagte ich. Ich wollte unbedingt, dass auch mein Bruder dem glaubte, was The Eagles zu vermitteln versucht hatten. Er schien hin und her gerissen zu sein und das verstand ich nur zu gut. Wer wollte schon dieser beschissenen Wahrheit ins Auge blicken? Aber andererseits war das auch genau das, was Liam und ich bereits vermutet hatten, kurz nachdem ich mich in das System der Beschützerzentrale eingehackt und Carlsens Name in dieser Liste gefunden hatte. „Ja, weißt du, ich glaube eigentlich weiß ich, dass das keine Lüge oder bloße Propaganda war, aber andererseits wünschte ich, es wäre so. Mir vorzustellen, dass diese Dinge mitten unter uns passieren, ist...grausam.", murmelte Liam und schaute mich dabei traurig an. Ich seufzte und umarmte ihn ganz fest. Was sollte ich dazu auch noch sagen? „Aber weißt du, ich frage mich, warum wir bisher noch nie was von diesen Eagles gehört haben, und wer sie wirklich sind. Du nicht?", fragte er mir ins Ohr flüsternd. Froh darüber, dass er mein Gesicht jetzt nicht sehen konnte, antwortete ich ihm ausweichend. „Naja, ich denke sie sind eine Organisation, die etwas bewegen wollen und gegen die Regierung und deren Vorgehensweise ankämpfen." Wir lösten uns aus der Umarmung und er musterte mich aufmerksam. „Ja, vielleicht ist das so. Sag mal, würdest du bei denen mitmachen, also jetzt nur mal angenommen du würdest einem von denen begegnen...", fing Liam an. Ohman, das war wirklich eine verzwickte Situation. Eigentlich wollte ich meinem Bruder alles erzählen, denn ich war mir sicher er hatte bereits mitbekommen, dass ich ihm etwas wichtiges verschwieg. Aber andererseits wusste ich, dass das nicht richtig wäre, nicht jetzt. Liam musste selber darauf kommen, und ich könnte ihm immerhin den Weg weisen. „Ja, ich würde mitmachen, auf jeden Fall. Und du?", fragte ich gespannt. Liams Blick schwiff erneut ab als er schließlich gedankenverloren mit den Schultern zuckte. „Hm, ich weiß nicht, aber ja, ich denke schon auch. Für mich wäre es nur schwierig zu unterscheiden, wer die Wahrheit sagt und wer nicht. Kein Wunder nach den ganzen Lügen und der Geheimniskrämerei...", meinte er. Ich klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter und ließ ihn allein, weil ich wusste dass es jetzt das war, was Liam brauchte. Zeit um nachzudenken.

Die EntscheidungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt