Kapitel 4

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RILEY

Grinsend gucke ich unser Meisterwerk an.
"High-Five!", grinst Alex und hält seine Hand hoch. Ohne zu zögern schlage ich ein.

Eine Weile stehen wir nebeneinander und gucken uns das Gemälde an. Der Sonnenaufgang von gestern.

"Ich hab' 'ne Frage", unterbricht er die Stille.
"Schieß los", abwartend gucke ich ihn an.
"Hattest du nicht eigentlich einen Bruder?",  fragt er leicht verwirrt. Ich schlucke. Darüber habe ich seit Jahren nicht mehr gesprochen.
"Ja. Aber der ist bei meinem Vater", antworte ich. Mein Blick stur auf das Gemälde gerichtet.
"Wann habt ihr euch das letzte Mal gesehen?", fragt Alex vorsichtig.
"Vor sechs Jahren. Ein Tag vor meinem elften Geburtstag."

Alex legt seine Arme um mich und ich schlinge meine um seinen Oberkörper.

"Das waren die schlimmsten sechs Jahre meines Lebens."
Alex fragt nicht nach. Ich spreche einfach weiter.
"Mit fünfzehn war ich mit diesem Arsch Collin Blake zusammen. Nach vier Monaten Beziehung wollte der Spast dann Nacktbilder von mir. Naiv wie ich war habe ich dem dann welche geschickt. Ich war scheiße naiv. Dann wollte er mehr Nacktbilder und hat mich erpresst. Er hat gesagt, dass er dann die Bilder veröffentlichen würde. Ich hatte Angst, dass er die veröffentlicht und habe dann wieder welche geschickt.
Ein paar Tage später hat der mich zu sich eingeladen.
Er wollte mit mir schlafen, aber ich wollte nicht. Darauf meinte er, es sei ihm egal. Er hat mich einfach vergewaltigt. Er hat- er hat mir meine scheiß Unschuld genommen", weine ich gegen Alex' Brust. "Er hat mich ungefähr fünf Tage in seinen Keller weggesperrt. Fünf Tage saß ich in Unterwäsche und diesem scheiße kalten Keller. Ab und zu hat er mich wieder missbraucht. Am fünfte Tag kam sein Vater in den Keller. Er hat mir Sachen gegeben, er war selber total geschockt über das, was sein Sohn mit mir gemacht hat. Sein Vater hat mich nach Hause gebracht. Mama, sein Vater und ich sind dann zur Polizei gefahren. Ich habe Collin angezeigt. Sein Vater hat eine Zeugenaussage gemacht. Weißt du womit das gestrige Datum zutun hat? Da war die Gerichtsverhandlung."

Alex Griff um mich ist stark. Als wolle er mich nicht mehr loslassen.
Durch die Umarmung fühle ich mich sicher.

"Collin hat die Nacktbilder übrigens veröffentlicht", flüstere ich.

"Dieser Collin ist keine deiner Tränen wert", flüstert Alex und streicht mit seinen Daumen über meine Wangen, um die Tränen wegzuwischen. Ich nicke kaum merklich und gucke ihn an. Er lächelt mich aufmunternd an.

Ich stelle mich auf Zehenspitzen und hauche ein leises Danke gegen seine Lippen, eh ich meine Lippen sanft auf seine lege.

Und so stehen wir da.. Küssend.. In einem Park..

*

Leise schleiche ich mich in Alex' Zimmer.
"Hey", flüstert er mir zu, als ich unter seine Decke krieche.
"Hey", erwidere ich.
"Hattest du wieder einen Albtraum?", fragt er vorsichtig.
"Nein", antworte ich und kuschle mich an ihn. "Ich wollte nur neben dir liegen."

"Riley?", fragt Alex nach ein paar Minuten, in der wir schwiegen.
"So heiße ich."
"Warum hast du mich vorhin geküsst?"
Ich setze mich auf und muss irgendwie schmunzeln. Warum habe ich ihn geküsst. Ich weiß es selber nicht. "Keine Ahnung."

Er guckt mich leicht verletzt an. Habe ich was falsch gemacht?
Ich weiß es nicht.

"Okay", seufzt er und dreht sich von mir weg.

"Habe ich irgendwas falsch gemacht?", frage ich.
"Nein, du hast garnichts falsch gemacht", erwidert er mit ironischen Unterton.
"Was habe ich falsch gemacht, Alex?"
"Ach nichts. Du hast mir nur Hoffnungen gemacht. Du hast mich geküsst und mir scheiß Hoffnungen gemacht. Hoffnungen, dass du vielleicht auch in mich verknallt bist."

"Vielleicht sollte ich gehen", flüstere ich und stehe vom Bett auf.
"Genau. Geh. Renn vor deinen scheiß Problemen weg!"
"Halt die Klappe, Alex", sage ich weinerlich. Eine stumme Träne läuft mir über die Wange.

"Ouh Shit. Nein, das wollte ich nicht!", flucht Alex und kommt auf mich zu. "Bitte wein' nicht."

Sanft streicht er mir die Träne weg.
"Ich bin auch in dich verknallt. Ich wollte es mir aber nicht eingestehen, weil ich Angst vor einer Beziehung haben. Nach all dem was damals passiert ist", gestehe ich ihm.

"Ich würde mich selber hassen, wenn ich dir weh tue", flüstert er und presst dann stürmisch seine Lippen auf meine.

Wow, ich kenne ihn erst seit drei Tagen wieder und habe Gefühle für ihn. Starke.

"Wir sollten jetzt schlafen gehen. Es ist schon spät", flüstert Alex, als wir uns lösen.
Ich nicke.

Wir legen uns wieder in sein Bett und ich kuschle mich an ihn.

"Schlaf schön, Prinzessin", flüstert er.
"Du auch", erwidere ich und kurz darauf bin ich auch schon eingeschlafen.

*

Anders als sonst werde ich erst 9.00 Uhr wach.
Ich mache meine Augen langsam auf.
Alex liegt nicht mehr neben mir.
Er steht vor seinem Kleiderschrank, er hat nur eine Jogginghose an. Seine Haare sehen nass aus.

Ich setze mich auf. Dadurch bemerkt mich auch Alex und dreht sich zu mir.
"Habe ich dich geweckt?", fragt er mich lächelnd. Als Antwort schüttle ich mit dem Kopf.

"Hast du gut geschlafen?", fragt er und setzt sich zu mir.
"Klar", grinse ich ihn an.

"Warum hast du mich eigentlich nicht früher geweckt?"
"Du brauchst den Schlaf, Riley." Sanft lächelt er mich an. "Und du sahst so niedlich aus."
Ich muss leicht schmunzeln und wollte gerade etwas sagen, da wurde schon die Tür aufgerissen.

"Ich wollte euch nur sagen, dass ich jetzt zu Pablo gehe. Wir kommen aber nachher wieder", sagt Amy grinsend. "Viel Spaß euch", sie zwinkert uns zu und geht dann wieder.

"Sie ist komisch", lacht Alex.
"Jap, das ist sie", erwidere ich

Ich drücke einen kurzen Kuss auf seine Lippen und sage dann grinsend: "Ich habe Hunger."

The Skater BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt