e i g h t

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Der Regenvorhang öffnet sich und offenbart einige glitzernde Sonnenstrahlen, die durch die Wolken blitzen. Es ist schön, doch die Stille trügt. Die Reifen des Wagens lassen Pfützen an den Seiten hochspritzen. Sie finden sich als Tropfen auf den Scheiben wieder. Ein Regenbogen spannt sich am Himmelszelt - malt blaue, grüne, rote Streifen. Blauer Himmel, weiße Wolken, dieser bunte Regenbogen.
Meine Nägel sind schwarz. Meine Hose ist schwarz. Mein Shirt ist schwarz. Meine Dr. Martens sind schwarz. Ich bin der einzige dunkle Fleck in dieser schönen bunten Welt.

Ich öffne die Seitentür des Autos und steige aus. Prompt stehe ich mit beiden Füßen mitten in einer tiefen Pfütze. Ich schnaufe. Das fängt ja gut an. Ein herzlicher Empfang. Wahrscheinlich haben die die ducking Pfütze extra hier hin gegossen. Schnaubend stapfe ich hinter Gudrun her. Dieses hinterfotzige Biest freut sich auch noch mich los zu werden. Die Eingangstür knarrt und warme Luft empfängt mich.

"Deine Sachen werden hinein gebracht, geh doch schon mal ins Büro, Noelia.", schlägt sie vor.

Trotzig folge ich den Messingschildern, die den Weg zum Büro weisen. Leicht zögernd klopfe ich an die schwere Holztür.

"Herein!", ertönt es von drinnen. Schweigend betrete ich den großen Raum. Ich wende meinen Blick zum Schreibtisch und verknote meine Hände. Zu sagen ich sei nervös wäre untertrieben. Meine Handflächen schwitzen leicht.

"Hallo."

Die Stimme klingt desinteressiert. Ich trete einen Schritt vor und erkenne die Person, die zur Stimme gehört. Es ist eine ältere Frau mit strengem Zug um den Mund.

"Hallo." , antworte ich genauso lustlos.

Sie zieht die Augenbrauen hoch und holt tief Luft bevor sie erneut ansetzt.

"Dein Zimmer ist im ersten Stock, Nummer 21. Frühstück um sieben, Mittagessen um zwölf, Abendbrot um acht. Ausgang bei gutem Betragen, aber nur Samstags unter Aufsicht.", rattert sie herunter. Ich nicke langsam.

"Geh jetzt auf dein Zimmer!", befiehlt sie und wendet sich wieder ihrem Papierkram zu. Ich wende mich zum gehen, als sie sich kurz noch einmal räuspert.

"Und bitte beeil dich, es ist bald Zeit zu essen." , tönt es hinter mir. Ich nicke, obwohl sie das nicht sehen kann.

Bedächtig erklimme ich die knarrenden Stufen um nicht allzu viel Lärm zu produzieren. Vor dem Zimmer mit der Nummer 21 bleibe ich stehen und atme einmal tief durch. Meine Hand legt sich auf die Klinke und drückt diese hinunter. Meine Füße bewegen sich zu dem alten Holzbett, welches an der linken Wand steht. Ich setze mich darauf und versinke sofort in der weichen Decke. So tief wie ich sitze, baumeln meine Füße knapp über der Erde.

In Gedanken versunken, starre ich auf die nackte gegenüberliegende Wand. Langsam bemerke ich, dass es bald Zeit ist, zu Abend zu essen. Ich stehe wieder auf und mache mich erneut auf den Weg. Natürlich habe ich die Frau im Büro nicht nach dem Weg gefragt, also muss ich den Raum schon wieder suchen.

Mithilfe einiger Schilder und orientierungslosem Rumsuchen finde ich den Raum, der einer großen Halle gleicht. Es sind zwar nicht viele Leute, oder soll ich besser sagen, Kinder darin, aber keiner scheint mich zu bemerken. Still setze ich mich auf eine Bank in einer Ecke. Ich verknote meine Hände im Schoß.
Schweigend setzt sich ein Junge zu mir. Es scheint, als wären wenige Mädchen hier. Vorsichtig sehe ich zu ihm rüber. Die blonden Haare verdecken die Hälfte seines Gesichts. Immer wieder streicht er sie aus dem Gesicht. Ich frage mich, warum er hier ist.
Ein leises Räuspern ertönt.

"Ist irgendwas?", fragt er leise. Ich wende den Blick ab und stehe auf.

"Alles ok.", antworte ich, während ich raus gehe. Schnell laufe ich die Treppe wieder hoch zu meinem Zimmer.

Be an Angel  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt