Hass

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Meine Vermutung bestätigt sich, der braunhaarige, gutaussehende Typ, der durch die Tür geschlendert kommt, ist tatsächlich Jules. 

Eine weitere Person im Raum, die ich abgrundtief hassen sollte.

"Du! Warum, ich meine, wie, wer, wieso?"

Ich finde, ich spiele die Rolle des verwirrten Dummchens wirklich gut.

Jules schmeißt sich auf die Couch und mustert mich von oben bis unten, bevor er antwortet.

"Ich bin einfach mal davon ausgegangen, dass der Name Caspar schon mit einigen negativen Einflüssen geprägt war. Sagen wir also, ich wollte wissen, wie du auf mich reagierst, wenn ich für dich vollkommen neu bin."

Sein neutraler Gesichtsausdruck wechselt zu einem verträumten Grinsen.

"Du musst mir zustimmen, dass du nicht abgeneigt warst, hab ich recht?"

Ich hasse die Arroganz, die in seiner ruhigen Stimme mitschwingt.

Idiot.

Verbissen blicke ich zwischen den beiden hin und her. "Christian und Caspar also."

Christian nickt abwesend, ohne vom Fenster aufzusehen.

"Also wenn ihr nicht meinen Vater habt, was wollt ihr dann?", frage ich in den Raum.

Caspars Stimme  ist tief und rau, als er mich anschaut, um mir zu antworten.

"Dir vielleicht dabei helfen, ihn zu finden?"

Ja, ganz bestimmt.

Ich schnaube verächtlich und schaue in seine tiefen, blauen Augen.

"Warum sollte ich euch glauben?"

"Warum hast du Gawin geglaubt?"

Das ist leider eine wirklich gute Frage. Ich weiß nicht genau, warum ich ihm dieses Vertrauen entgegen gebracht habe. 

Vielleicht einfach, weil alle seine Antworten zu meinen Fragen gepasst haben.  

Allerdings hat Christian recht, wenn ich damals Gawin geglaubt habe, kann ich jetzt genauso gut Caspar und ihm glauben, denn überzeugender waren die Erzählungen damals auch nicht gewesen.

"Du kannst meinetwegen das ganze Haus durchsuchen, du wirst deinen Vater hier nicht finden."

Christian durchquert den Raum, um neben seinem Sohn Stellung zu beziehen. 

"Und ehrlich gesagt würde es mich nicht im Geringsten wundern, wenn Gawin ihn hätte."

Meine Empörung zeigt sich erneut durch ein verklärtes Lachen, bevor ich antworte.

"Warum in aller Welts Namen sollte er das tun?"

"Eine durchaus berechtigte Frage, ich habe nicht den Hauch einer Ahnung.", gibt Christian zu.

Die Tür wird aufgerissen und ein zerzauster Gawin rauscht in den Raum, gefolgt von Mr X.

"Christian! Wo ist sie?", brüllt er und scheint mich noch nicht entdeckt zu haben.

Der breitschultrige Mann, der noch immer hinter ihm steht meldet sich nun ebenfalls zu Wort:"Er trieb sich in der Nähe des Grundstücks herum, ich dachte es wäre besser, Sie davon in Kenntnis zu setzten, Sir. Ich empfehle mich."

Ich verstehe die Welt nicht mehr.

"Was ist hier los, bitte?"

Mit einer ruckartigen Kopfbewegung dreht Gawin sich in meine Richtung. "Faye! oh mein Gott. Wir sind alle gestorben vor Sorge. Geht es dir gut?" 

MakellosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt