*Freie Bodenarbeit 3 - Abstand halten*

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Ein wichtiges Element der Bodenarbeit ist es, den Abstand zwischen Pferd und Mensch zu variieren. Was dabei wichtig ist und worauf es ankommt, soll dieser Beitrag erklären.

Der Persönliche Bereich

"Jemandem auf die Pelle rücken" verbinden wir automatisch mit etwas Schlechtem, denn der Ausdruck meint: ungefragt in den persönlichen Bereich von jemandem eindringen. Diesen persönlichen Bereich hat jedes Tier. Dringt ein anderes Lebewesen hier ein, ohne eingeladen zu sein, fühlen es sich unwohl und bedroht. Das gilt auch für Menschen.

Wie groß der persönliche Bereich eines Lebewesens ist, hängt von vielen Faktoren ab. Groß starke Tiere mit wenigen Feinden haben keinen so großen persönlichen Bereich wie Fluchttiere. Der persönliche Bereich ist aber nicht immer gleich, er hängt auch von der Stimmung, Erfahrungen und anderen Faktoren ab.

Mittags bei Sonnenschein im Freibad, mit Freunden um uns herum, stört uns ein fremder Mensch zwei Meter neben uns überhaupt nicht. Kommt ein Fremder nachts, wenn wir allein
in einer dunklen Unterführung sind, so nah an uns heran, reagieren wir deutlich angespannter.

Bei Pferden ist das ähnlich: Pferde haben einen relativ großen persönlichen Bereich, in dem Eindringlinge misstrauisch beäugt werden. Steht das Pferd in seiner vertrauten Herde, schrumpft dieser Bereich deutlich zusammen, da die anderen ja einen "Schutzwall" bilden. In einer fremden Umgebung, mit unheimlichen Geräuschen und unbekannten Gerüchen steigt der Radius noch weiter an und das Pferd reagiert schon auf kleinste Geräusche.

Eine Frage des Vertrauens

Beim täglichen Umgang mit dem Pferd dringen wir ganz selbstverständlich in den persönlichen Bereich des Pferdes ein, meist sogar, ohne das das Pferd die Chance hat auszuweichen, zum Beispiel in der Box.

Wenn wir das Pferd bei der freien Bodenarbeit laufen lassen, geben wir ihm die Möglichkeit auszuweichen. Möchte es also nicht mit uns kommunizieren, kann es einfach weggehen. Umgekehrt kann es aber auch Nähe zulassen, indem wir in seinen persönlichen Bereich eindringen dürfen.

Es ist also eine Frage des Vertrauens, ob wir uns einem frei stehenden Pferd nähern dürfen, ohne dass es wegläuft. Meist beschränken wir den Rückzugsraum des Pferdes jedoch, um Kommunikation zu erleichtern. Ein Roundpen mit 15-20 m Durchmesser macht die Kommunikation deutlich einfacher als eine 20 mal 60m Halle, bei der das Pferd sich in der hintersten Ecke verkriechen kann.

Der Chef bestimmt den Abstand

Wer wie weit in den persönlichen Bereich des anderen eindringen darf, ist auch eine Frage der Rangfolge. Der Ranghöhere verteidigt seinen Bereich, wenn jemand eindringt. Der Rangniedrigere weicht aus, um den Abstand zu halten.

Dieses Prinzip verwendet man am Anfang in der Bodenarbeit, um das Pferd zu treiben und zu wenden. Geht man von hinten auf das Pferd zu, wird es nach vorne ausweichen, geht man von vorne auf das Pferd zu wird es bremsen und sich umdrehen, um auszuweichen.

Manche Pferde akzeptieren den Menschen nicht von vorneherein als Ranghöheren und testen mal aus was sie dürfen. Beliebt ist es dabei dem Menschen auf die Pelle zu rücken und auszuprobieren, ob der Mensch ausweicht.

Weicht der Mensch aus, gesteht er dem Pferd die ranghöhere Position zu. Damit ist nicht gemeint, dass sie vor einem durchgehenden Pferd stehenbleiben sollen, sondern das sie im täglichen Umgang darauf achten, dass das Pferd ausweicht und nicht sie.

Draußen bleiben

Der erste Schritt ist also, dem Pferd klar zu machen, welchen Abstand Sie für sich beanspruchen und wo das Pferd laufen soll.

Am einfachsten ist es, das Pferd auf dem ersten Hufschlag laufen zu lassen. Treiben Sie das Pferd vorwärts und versuchen Sie es dazu zu bringen, draußen zu bleiben. Kommt das Pferd auf Sie zu, machen Sie sich groß, deuten mit ausgestrecktem Arm nach außen und gehen ihrerseits auf das Pferd zu.

Heben Sie dabei den Kopf, nehmen Sie die Schultern zurück und schauen Sie das Pferd direkt an. Weicht das Pferd nicht, schubsen Sie es weg.

Irgendwann wird das Pferd um Sie herum laufen. Ziel ist es nun, den Kreis auf den Hufschlag zu verlegen. Dazu müssen Sie am Anfang wahrscheinlich mitlaufen und das Pferd mit Ihrer Präsenz immer wieder nach Außen schicken. Wie groß der Kreis ist, den Sie mitlaufen müssen hängt davon ab, ab wann Ihr Pferd anfängt zu weichen.

Versuchen Sie die Kreise die Sie laufen immer kleiner werden zu lassen. Kommt das Pferd nach innen, vergrößern Sie Ihren Kreis wieder.

Abstand vergrößern

Reagiert Ihr Pferd nicht auf ihre Körpersprache alleine, können Sie auch Hilfsmittel verwenden. Am einfachsten ist eine einfache Longierpeitsche, mit der Sie auf die Schulter des Pferdes zeigen können, um es auf Abstand zu halten. Bei sehr büffeligen Pferden können Sie einen kleinen Schaumgummiball an der Spitze der Peitsche anbringen und damit das Pferd immer wieder anstupsen.

Der Schritt zurück wäre dann ein einfache Gerte oder ein Führstrick, mit dessen Ende sie nach dem Pferd werfen, wenn es zu nahe kommt. Sie werfen natürlich nicht mit dem Haken, sondern mit dem anderen Ende.

Übrigens: Je schneller das Pferd ist, desto einfacher bleibt es draußen. Bei sturen Kandidaten kann es helfen erstmal im Trab und Galopp zu üben und erst zum Schluß im Schritt.

Abstand verkleinern

Schwieriger als das Wegschicken, ist das Heranholen eines Pferdes. Die Körpersprache hierfür ist Kopfsenken, Schultern rund machen und über die Kopfseite des Pferdes wegdrehen. Damit sagen Sie dem Pferd: Ich vertraue dir und muss dich nicht mehr im Auge behalten. So laden Sie Ihr Pferd ein heranzukommen.

Aus diesem Prinzip entwickelt sich später auch die Entfernungssteuerung. Je größer Sie sich machen und je ausladender die Gesten sind mit denen Sie ihre Kommandos geben, desto mehr Abstand wird das Pferd halten. Soll das Pferd näher kommen, machen Sie sich kleiner und arbeiten mit kleinen, feinen Signalen.

Zirkel vergrößern und verkleinern ist eine sehr schwere Aufgabe in der freien Bodenarbeit. Einfacher ist es, das Pferd zu sich zu rufen und stehen zu lassen.

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