Part 28

550 35 8
                                    


Justins Pov

Seit ich bei Clara diesen seltsamen Erinnerungsschub hatte, bequatscht mich Ian, ich soll im Krankenhaus anrufen oder gleich hinfahren. Ich bin zwar froh, dass er wieder mit mir spricht, aber das was er jetzt sagt, nervt mich einfach unglaublich. Natürlich ist mir klar, dass so ein Erinnerungsschub gefährlich sein kann, wenn er kommt, während ich gerade eine Straße überquere oder zum Beispiel unter der Dusche stehe. Aber ich möchte nicht wahrhaben, dass der Schub real war. Vielleicht ist mir ja nur schwarz vor Augen geworden, weil der Tag so stressig war und ich zu wenig gegessen oder getrunken habe. Ich möchte einfach nicht wissen, wieso Emily und ich nicht mehr glücklich miteinander sind. Obwohl ich mir unterbewusst ziemlich sicher bin, es bereits mehr als genau zu wissen. Es kann kein Zufall sein, dass Emily einen neuen Freund hat und ich keine neue Freundin. Ich will es nicht wissen, aber irgendwie will ich es doch wissen, obwohl ich es eigentlich schon genau weiß. Macht keinen Sinn, aber das sind momentan meine Gedanken und ich kann die ewigen Kreise, die sie in meinem Kopf zu ziehen scheinen nicht unterbrechen.

Emilys Pov

Ich sitze in meinem Zimmer und warte darauf, dass Justin unser Haus verlässt und zurück nach Hause geht, damit ich ihm hinterherlaufen und die Wahrheit beichten kann. Ich könnte ihn theoretisch hoch zu mir in mein Zimmer bitten, aber Ian ist ja auch im Haus und ich möchte nicht, dass er uns irgendwie stört. Außerdem will ich unser Zusammentreffen und meine Beichte natürlich so weit wie möglich nach hinten herauszögern. Weil ich so angestrengt am Nachdenken bin, merke ich erst nach einigen Sekunden, dass mein Handy vibriert, weil ich angerufen werde. Schnell greife ich danach um zu sehen, wer es ist, obwohl ich das eigentlich schon weiß. Leo. Genau wie die anderen gefühlten hundert Male heute. Seufzend nehme ich den Anruf an. Ich kann dieses Gespräch schließlich nicht ewig vor mir herschieben. Obwohl ich eigentlich erst mit Justin reden möchte, bevor ich die Dinge mit Leo kläre.

„Emily? Hast du abgehoben?", tönt es vom anderen Ende der Leitung. Seine Stimme klingt besorgt und irgendwie löst das in mir ein Gefühl von Geborgenheit aus.

„Ja.", antworte ich kurz. Aus dem Augenwinkel beobachte ich durch meine Balkontür, wie Justin die Straße überquert. Leo hat echt schlechtes Timing.

„Wie geht es dir?", fragt er und ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Soll ich sagen, dass es mir gut geht, so wie man immer standardgemäß auf diese Fragen antwortet, oder soll ich ihm sagen, dass ich absolut verwirrt bin was meine Gefühle für meinen Ex angeht und dass ich darüber hinaus ihm gegenüber ein fürchterlich schlechtes Gewissen habe. Nein. Wohl eher nicht.

„Ganz ok.", sage ich deshalb und laufe mit dem Handy in der Hand zu meiner Zimmertür um meine Schuhe anzuziehen. Ich möchte Justin nicht verpassen. Vielleicht ist er ja nur kurz zu Hause bevor er wieder irgendwo anders hingeht.

„Wie geht es jetzt weiter mit uns?" Leos Stimme klingt zögerlich und leicht gebrochen. Ich weiß, dass ich eigentlich noch sauer auf ihn bin, aber er tut mir leid.

„Ich weiß es nicht.", antworte ich deshalb ehrlich.

„Ist es wegen ihm?", fragt er nun und ich halte mitten in meiner Bewegung inne. Bitte was?

„Wegen wem? Was meinst du?", gebe ich zurück und lehne mich mit dem Rücken an meinen Kleiderschrank.

„Dein Ex. Justin. Seit er den Unfall hatte bist du nur noch bei ihm." Ich sehe durch mein Balkonfenster, dass in Justins Zimmer das Licht angeht. Im selben Augenblick merke ich, wie absurd doch diese Situation eigentlich ist. Mein Freund wirft mir vor, nur noch bei meinem Ex zu sein und während er das tut kann ich an nichts anderes als genau diesen Ex denken, während ich ihn durch mein Fenster beobachte. Leo hat Recht. Naja teilweise zumindest. Es ist nicht nur wegen Justin, aber er spielt eine große Rolle.

„Nein. Es geht um mich und dich. Ich weiß einfach nicht mehr, ob das alles so richtig war. Ob wir wirklich zusammen passen." Während ich spreche laufe ich die Stufen zum Flur herunter.

„Und es ist doch wegen ihm.", höre ich Leo resignieren und bevor ich antworten kann bricht die Verbindung ab. Er hat aufgelegt.

Justins Pov

Als es klingelt, rufe ich Mum zu, dass sie aufmachen soll. Ich habe es mir gerade mit Tiefkühlpizza und Netflix in meinem Bett gemütlich gemacht. Außerdem ist es mit meinen Verletzungen ziemlich umständlich aufzustehen und nach unten zu laufen um die Tür zu öffnen.

„Justin? Emily ist hier.", ruft Mum von unten und ich lasse das Stück Pizza, das ich mir gerade in den Mund schieben wollte, zurück auf den Teller fallen. Ich habe eine grobe Ahnung, was sie hier will und das macht mir Angst.

„Sie kann hochkommen.", rufe ich zurück und kurze Augenblicke später höre ich Schritte auf der Treppe. Ich klappe meinen Laptop zu und setze mich in meinem Bett auf. Sie macht sich nicht die Mühe, anzuklopfen, sondern betritt einfach so mein Zimmer. Wie in alten Zeiten. Wie damals. Bevor sie. Ja. Bevor was? Es ist, als wüsste ich es, aber irgendwie weiß ich es doch nicht.

„Justin wir müssen reden. Ich halte das nicht mehr aus.", beginnt sie und setzt sich neben mich aufs Bett. Obwohl ich natürlich weiß, wovon sie spricht, stelle ich mich dumm.

„Reden? Worüber? Was hältst du nicht mehr aus?" Ich weiß, dass ich es so für sie nur noch unangenehmer mache, aber ich habe zu viel Angst davor, was sie mir jetzt erzählt.

Die Lügerei. Die Heimlichtuerei. Ich muss dir endlich die Wahrheit sagen, Justin.", sagt sie und wenn ich könnte, würde ich so schnell wie möglich aus dem Zimmer rennen und nie wieder zurück kommen.

From Love to Hate? (FHtL Pt2) zur Zeit unterbrochenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt