Ihr Name war mir unbekannt, doch ich wusste, dass sie die Tochter des Förster war. Mit einer Mischung aus Angst und Verständnis beobachtete ich das Treiben. Dass meine Eltern nun über das Schicksal der beiden entscheiden mussten, ließ mich schlecht fühlen. Ich wollte nicht, dass es zu einem oder zwei Opfer kam, in dessen Verantwortung meine Eltern gezogen wurden. Doch als Herrscher über Dásos waren sie sich ihren Entscheidungen bewusst und bereuten bis Heute keine einzige.
Verwirrt blickte Eros sich um und suchte nach Hilfe. Doch wer konnte ihm seine Unsicherheit verübeln, schließlich war er erst neu in der Truppe.
"Was wird das hier?", fragte mein Vater in strengem Ton das Mädchen.
"Es ist meine Schuld das er getötet wird, also bringt mich statt ihn um!"
Das ganze Volk blieb still, nur ihre Mutter fing laut an zu schluchzen. Ich bewunderte das Mädchen, dass sie den Eindringling so bedingungslos liebte, dass sie für ihn sterben würde. Liebte ich Ares genauso stark wie sie, sodass ich ihn im schlimmsten Fall schützen würde?
Mein Vater dachte noch eine kurze Weile nach, bis er zu einem Entschluss kam. Er wollte scheinbar keine Zeit mehr verlieren, deswegen traf er die alleinige Entscheidung über das Schicksal der beiden jungen Feen.
"Eigentlich sollte ich euch beide töten lassen", begann er. "Doch euer Leben hier wird anders beendet. Beide werdet ihr aus dem Wald verbannt. Und jetzt schafft sie mir aus den Augen!"
Die junge Frau durfte sich nichtmal von ihrer Familie verabschieden und war im nächsten Augenblick, gemeinsam mit ihrem Freund, verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt. Als wieder Bewegung in das Volk kam, atmete ich tief aus. Mir war nicht bewusst gewesen, dass ich meine Luft angehalten hatte. Denn zu sehr war ich auf das elendige Schauspiel fokussiert. Ein Blick auf ihre Familie zeigte mir, wie traurig und entsetzt sie waren. Sie hatten ein wichtiges Familienmitglied verloren und mussten nun ohne sie leben. Und das Mädchen ohne ihre Familie. Ganz Dásos war zutiefst erschüttert von dem Urteil. Trotzdem wurde nun allen wieder bewusst gemacht, was es für Konsequenzen haben könnte, wenn man gegen die Regeln verstieß. Niemand wusste, was uns außerhalb des Waldes erwarten würde. Welche Kreaturen dort auf uns warteten um uns zu verspeisen. Nichts wussten wir.
Ich brauchte einen kurzen Moment für mich alleine und flog zu einem ruhigen Ort, an dem ich alleine sein konnte. Ohne jemandem bescheid zu geben, wo ich denn hinfliegen würde, machte ich mich auf den Weg. Als ich unter einer Fichte eine moosbedeckte Fläche entdeckte, ließ ich mich auf dieser nieder.
Meine Gefühle spielten verrückt. Ich wusste nicht mehr was richtig und was falsch war. Würden meine Eltern das gleiche Urteil aussprechen, wenn sie von Ares und mir wüssten? Zwar wollte ich es nicht wahrhaben, jedoch war ich mir ziemlich sicher, dass es für mich keine Ausnahmen geben würde. Auch ich würde verbannt werden. Und Ares? Würden meine Eltern mir ein Leben mit ihm außerhalb des Waldes erlauben oder würde er derjenige sein, der als nächstes gepfählt wurde?
Ich hatte Angst. Angst vor meinem Schicksal. Angst vor einem Leben ohne meine Familie. Und ohne Ares. Doch warum konnte der Krieg nicht beendet werden? Bemerkten meine Eltern nicht, dass dieser nur Unheil anrichtete?
Unter meinem Tränenschleier pickte ich das Moos von dem kleinen Stein. Ich wurde immer wütender und verzweifelter und bemerkte, dass meine Liebe zu Ares hoffnungslos war. Nie würden wir gemeinsam in diesem Wald als Paar leben können.
Wenn ich unser beider Leben nicht aufs Spiel setzen möchte, dann musste ich das zwischen Ares und mir beenden. Auch, wenn mein Herz dabei in tausend Teile brach.
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Kristallklarer Morgentau
FantasíaEin Streit zwischen zwei Feenstämmen und Gaia steckt mittendrin. Schon seit unzähligen Jahren brandete der Streit um das Land im Wald erneut auf und sie verliebte sich ausgerechnet in den Feenjungen, der ihr am meisten verboten war. Zwei verfeindet...