Kapitel 7

184 10 2
                                    

PoV Nasuada

Ich ließ meinen Blick über den Himmel und den Hof schweifen. Murtagh und Dorn mussten jeden Moment auftauchen, was mich gleichzeitig sowohl mit Vorfreude als auch mit Nervosität erfüllte. Ich wusste noch nicht, ob ich schon bereit war, sie leibhaftig vor mir zu sehen. Allerdings hatte ich sieben Jahre Zeit gehabt, wenn ich jetzt nicht bereit war, wann dann? Abgesehen davon war es nicht so, als hätte ich eine Wahl, bereit hin oder her.

Und dann waren sie da. Ich zuckte nur kurz mit der Wimper, als Dorn und sein Reiter etwa drei Meter von uns entfernt wie aus dem Nichts auftauchten. Sie hatten wohl einen Verbergungszauber benutzt, um die Leute in der Stadt nicht in Aufruhr zu versetzen.
Ich straffte ein letztes Mal die Schultern, atmete tief ein, blickte auf und erstarrte. Seine stechend grau-blauen Augen schauten mich unverwandt an, jedoch konnte ich den Ausdruck auf seinem Gesicht nicht deuten, er hatte alle Emotionen sorgfältig hinter einer Maske verborgen.
Nun gut, das konnte ich ebenfalls. Allzu schwer fiel es mir nicht, da ich im Moment sowieso nicht sicher war, was ich empfinden sollte.
"Murtagh, Dorn, willkommen!" Ich lächelte unverbindlich, als ich einen Schritt nach vorne trat und gespannt wartete.
Murtagh verbeugte sich. "Meine Königin" Dorn neigte seinen Kopf und sprach mit der tiefen, angenehmen Stimme, die ich schon so lange nicht gehört hatte: "Sei gegrüßt, Nasuda"

"Nun, ich bin sicher, ihr seid furchtbar erschöpft von der langen Reise.", bemerkte ich nach einem Blick auf die beiden mit einem Lächeln in der Stimme. "Ihr solltet euch erstmal ausruhen, bevor wir anfangen, Pläne zu schmieden. Viel könnten wir ohnehin noch nicht tun, Arya und Fírnen werden voraussichtlich erst morgen früh eintreffen, genau wie König Orik."
Ich bemerkte, wie sich Murtaghs Augen beim Klang von Oriks Namen verdunkelten, nur für den Bruchteil einer Sekunde, doch lang genug, damit ich wusste, was los war. Er machte sich offensichtlich Sorgen, wie Orik zu ihm und Dorn stehen würde, nachdem er den vorherigen König der Zwerge, Hrothgar, getötet hatte. Zwar vermutete ich, dass Orik die zwei akzeptieren würde, doch natürlich konnte er nicht für sein Volk sprechen. Aber darüber konnte ich mir im Moment nicht den Kopf zerbrechen, dafür war dieser schon viel zu voll. Mir gingen einfach zu viele ermüdende Gedanken durch den Kopf.
Also bedeutete ich ihnen, mir zu folgen und führte sie zusammen mit zwei Nachtfalken und Elva durch ein großes Tor ins Innere des Schlosses. Das Schloss war so gebaut, dass eine Hälfte problemlos für Drachen zugänglich war, um in genau so einem Fall wie diesem auch Drachen beherbergen zu können.

Bei ihren Gemächern angekommen, wandte sich Murtagh noch einmal um, bevor er eintrat. Er machte den Mund auf, wollte etwas fragen, doch ich unterbrach ihn sanft: "Fragen können warten, Murtagh. Legt euch erst ein wenig hin."
Seine Mundwinkel zogen sich zu einem müden Lächeln nach oben, die erste wirkliche Reaktion von seiner Seite. "Danke"
Dann wandte ich mich ab und ging den Gang hinunter, in Richtung meiner eigenen Gemächer, wobei ich kurz die Augen schloss und seufzte. "Alles in Ordnung, Hoheit?", fragte mich Loran, einer der Nachtfalken.
"Kein Grund zur Sorge, ich werde mich nur kurz etwas ausruhen."
"Wie Ihr wünscht."
Ich warf einen kurzen Blick auf Elva, die die ganze Zeit nicht von meiner Seite gewichen war. Sie schaute mich mit einem schiefen Lächeln an und bei einem Blick in ihre ständig schimmernden Augen schien es, als wüsste sie ganz genau, was in mir los war und dass ich ganz und gar nicht in Ordnung war.
Nun ja, wahrscheinlich wusste sie es tatsächlich. Eigentlich hätte ich mittlerweile mehr als daran gewöhnt sein müssen, doch ab und zu bereitete mir der Gedanke noch etwas Unbehagen, auch wenn Elva mich so natürlich viel besser beschützen konnte. Ein kleiner Schauer rieselte mir den Rücken hinab.

Einen Moment später waren wir endlich bei meinen Gemächern angekommen, woraufhin sich Loran und der zweite Nachtfalke, Ravin, neben meiner Tür positionierten, während ich mit Elva direkt hinter mir ins Zimmer ging. Das Mädchen mit der Silberstirn begab sich an ihren gewohnten Platz, doch ich setzte mich erschöpft auf das Bett, das eigentlich viel zu groß für mich war. Mit einem Seufzer ließ ich mich nach hinten in die weichen Kissen sinken. Sie waren am Rand mit Spitze verziert, was mich immer daran erinnerte, wie wir Varden uns früher finanziert hatten. Nun war der Spitzenhandel nur noch ein kleiner Handelszweig, Alagaësia hatte längst andere andere Wege zur Finanzierung gefunden.

Mein Blick ging Richtung Decke, doch ich starrte nur ins Leere und dachte nach, bis sich meine müden Augen schlossen und ich langsam davonglitt.

Hope Dies Last (Murtagh ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt