Kapitel 5

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"Nein" Geschockt schlug ich die Augen nieder und fuhr mir mit der Hand über das Gesicht. Natürlich war ich erleichtert, dass es Nasuada gut ging, aber Jörmundur! Der Berater der Königin war einer der beeindruckendsten Männer, die ich kannte, einerseits aufgrund seines Talents, in jeder Situation einen kühlen Kopf zu bewahren, andererseits wegen seiner herausragenden strategischen Kampffähigkeiten. Abgesehen davon wusste er natürlich über alles genauso gut Bescheid wie Nasuada, was ihn zu einem fast ebenso großen Gewinn für die Du Sverdar Istalrio machte.

"Wisst ihr, wohin sie ihn gebracht haben?", fragte Dorn und ich gab die Frage weiter.
"Ja, die Elfen haben uns geholfen, ihre Spur zu verfolgen, doch wir stehen vor einem Problem: Jörmundur wurde mitten in die Wüste Hadarac verschleppt, zu den glühenden Bergen. Dort ist offensichtlich das Hauptquartier der Du Sverdar Istalrio."
Verwirrt runzelte ich die Stirn. Das konnte nicht sein. Wie sollten sie es geschafft haben, Du Fells Nángoröth ohne Drachen zu erreichen? Elfen würden so etwas schaffen, ebenso wie Drachenreiter, aber Menschenmagier? Wie konnten sie solch eine Kraft besitzen?

Nasuada und ihre Berater hatten darauf auch keine Antwort.
"Das ist der Grund, warum wir euch brauchen. Diese Magier sind aus irgendeinem Grund, der sich uns noch nicht erschlossen hat, einfach zu stark, nur Drachenreiter haben eine Chance. Arya und Fírnen sind schon unterwegs hierher. Sie werden losziehen, egal wie ihr euch entscheidet. Du weißt, ich würde nicht darum bitten, wenn es nicht dringend wäre, doch im Moment sehe ich keine andere Möglichkeit."

Die Königin blickte Dorn und mich nun so intensiv an, dass man ihre Entschlossenheit sogar so weit weg von ihr meinte spüren zu können.

"Bitte kommt zurück und helft uns, Jörmundur zu befreien!"

Dorn und ich standen vor einer Entscheidung, die eigentlich unmöglich war. Entweder wir retteten Jörmundur und setzten uns somit wieder dem Misstrauen und der Wut der Völker Alagaësias aus oder wir blieben und verloren den Respekt derer die uns schon akzeptiert hatten sowie Nasuadas Liebe, was mich betraf.
So oder so konnte ich diese Entscheidung nicht alleine treffen.

"Dorn?" fragte ich im Geist. Ich konnte fühlen, dass er ebenso ratlos war wie ich, doch nach einem Moment des Überlegens meinte er: "Ich finde, wir sollten ihnen helfen. Dieses eine Mal noch. Es ist unsere Pflicht als Drache und Reiter. Was wären wir für Feiglinge, wenn wir uns hier verkriechen würden wie Kaninchen, während unsere Hilfe notwendig ist!"

An dieser Rede merkte man, wie weise Dorn für sein Alter schon war. So sehr hatten die Kämpfe vor unserem selbst gewählten Exil uns beide beeinflusst.
Mein Drache hatte ausgesprochen, was auch ich tief im Innern wusste: wir mussten über unseren Schatten springen.
"Du hast recht."
Zu Nasuada, die während unseren Überlegungen geduldig auf unsere Antwort gewartet hatte, wandte ich mich nun um. Ich holte noch einmal tief Luft, dann verkündete ich unseren Entschluss.
"Wir werden kommen. Ein letztes Mal." Mehr musste nicht gesagt werden.
Ich konnte sehen, wie Nasuada erleichtert ausatmete; sie hatte wohl den Atem angehalten.
"Danke! Ihr wisst gar nicht, welche Last ihr mir damit von den Schultern genommen habt!"
Sie schenkte Dorn und mir ein letztes kleines Lächeln.
"Bis bald."

Dann war die Verbindung unterbrochen und ich ließ mich erschöpft auf den Boden sinken. Ich lehnte mich an die Wand und konnte den kühlen Fels spüren. Das beruhigte mich, genau wie Dorn, der mich aufmunternd mit seiner Schnauze anstupste, sodass ich jede einzelne seiner schimmernden roten Schuppen darauf betrachten konnte. Ich sah mein eigenes Gesicht, das mittlerweile dem eines Elfen schon so ähnlich geworden war, wie es sich in den Schuppen spiegelte.
Dorns tiefe Stimme klang zuversichtlich.
"Wir werden das schon schaffen, Kleiner. Du und ich. So wie wir bis jetzt noch alles geschafft haben. Gemeinsam."

Hope Dies Last (Murtagh ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt