Kapitel 9

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,,Skyla, Absatz nach unten und du mußt deine Hände vor dir tragen. Joel du verlierst den Kontakt zum Pferdemaul. Mina bleib gerade sitzen" sagte Fr. Jones und lief eilig zwischen uns umher, um unsere "Fehler" zu beheben. Sie war eine gute Reitlehrerin. in kurzer Zeit kann man bei ihr viel lernen. Sie weiß genau, was sie wann verlangen kann und hilft einem immer, wenn man nicht weiter weiß.
Wir üben gerade auf dem Zirkel leicht zu traben. Es ist zwar oft noch ein Ei, aber immerhin bekomme ich es hin, auf dem richtigen Fuß leicht zu traben. Fr. Jones ging aus der Mitte des Zirkels raus und holte bunte Hütchen. Die Hütchen stellte sie rechts und links von dem Zirkel auf und auch in die Ecken stellte sie zwei.
,,Ihr müsst, um einen wirklich runden Zirkel zu reiten, immer schön durch die Hütchen traben" erklärte sie uns. Wir versuchten es und es klappt wirklich besser. Ich bin vorher zu schnell nach innen geritten und habe ihn nicht so groß geritten. Pepper lief brav durch die Hütchen durch, als ob sie weiß was von ihr verlangt wird. Nur das Pferd von Joel kickte immer wieder ein Hütchen um, das Fr. Jones dann wieder aufheben mußte.
Kurz vor Ende der Reitstunde musste Fr. Jones noch kurz weg. In dieser Zeit sollten wir die Pferde trocken reiten.
Pepper ließ ihren Kopf sinken und schnaubte noch mal ordentlich ab. Ich krauelte ihren nassen Hals und freute mich schon wieder auf morgen.
,,Toll Skyla, du kannst sogar schon auf dem Zirkel traben. Beneidenswert" sagte jemand spöttisch vom Rand des Reitplatzes aus. Ich konnte mir denken, wer es war und blickte dann aber doch hinüber, um mich zu vergewissern. Da stand sie hinter dem weißen Holzzaun der den Reitplatz abgrenzte, Celine mit ihren zwei Freundinnen. Ich konnte sie einfach nicht verstehen, ich war doch erst so kurz hier und trotzdem hatten sie mich schon auf den Kicker. Was hatte ich Ihnen nur getan, dass sie mich nur so hassten. Ich ritt an ihnen vorbei und lächelte sie einfach an. Ignorieren klappte zwar nicht so ganz, aber ich hatte mich immerhin nicht weiter mit ihnen angelegt.
,,Oh da hat unsere Freundlichkeit dir wohl die Sprache verschlagen" versuchte sie mich weiter zu provozieren. Doch es klappte nicht, ich ritt unbeirrt weiter. Nach einigen Runden hatten sie es aufgegeben, mich zu provozieren und gingen wieder. Hoffentlich weit, weit weg. Vielleicht ins Weltall, wo sie zuerst in die Länge gezogen und dann von einem schwarzen Loch verschluckt werden. Dann sind Sie vielleicht in einer anderen Galaxie oder gleich in einer anderen Dimension. Dann können sie denen dort auf die Nerven gehen. Vorausgesetzt, sie überleben die Reise.
,,Ihr könnt dann jetzt absteigen und die Pferde in die Box bringen" rief uns Fr. Jones vom Rand des Reitplatzes zu. Sie ging gerade mit den anderen beiden Reitlehrern eilig in Richtung Koppeln. Sie diskutierten, aber über was konnte ich nicht hören.
Ich marschierte neben den andern beiden auf und stieg ab. Die beiden redeten über ihre Pferde, doch ich mußte immer wieder an unsere Reitlehrerin denken. Worüber sie wohl geredet haben. Hoffentlich geht es nicht um die Reitlehrerin. Ich mochte sie wirklich gerne und ich will lieber keinen Unterricht von den alten Leuten bekommen. Sie waren mir gleich auf Anhieb unsympathisch.

Die beiden gingen schon in den Stall. Doch ich wollte mich noch nicht von Pepper trennen und setzte mich auf eine Bank vor dem Stall. Pepper stellte sich gleich neben mich und fing an zu grasen. Ihr Schweif versuchte einige lästige Fliegen zu verscheuchen, die aber sogleich wieder kamen. Ihre Haut zuckte, wo sich eine Fliege hingesetzt hatte. Es wäre sehr praktisch, das auch zu können. Ich konzentrierte mich und versuchte meine Haut am Arm auch zum zucken zu bringen. Doch nichts passiert. Enttäuscht sah ich wieder von meinem Arm auf und beobachtete das Treiben auf dem Hof.
Die meisten Pferde waren schon wieder im Stall. Auch die Koppeln waren fast leer, da es noch zu kalt ist um die Pferde über Nacht draußen stehen zu lassen. Auch einige der Pferdewirte sah ich hier. Ob die sich wohl ihr Leben so vorgestellt hatten? Ich glaube wohl eher nicht. Wer will schon den ganzen Tag die Boxen von reichen und verwöhnten Kindern ausmisten. Ob die wohl auch mal reiten dürfen? Auch das bezweifelte ich. Sie hatten sich bestimmt vorgestellt, auf einem schönen Gestüt zu arbeiten mit kleinen Fohlen und mit jungen Pferden, die sie einreiten dürfen. Genügend Geld werden die hier wohl auch nicht bekommen. Es ist schon irgendwie bitter, das einige mit Pferden Millionen verdienen und andere in "Armut" leben, obwohl die viel härter für ihr Geld arbeiten müssen.
Auch ich würde gerne später mit Pferden arbeiten, aber was genau weiß ich nicht.

,,Du blöder Gaul!" schrie jemand. Ich blickte mich um, um die Person zu sehen, die geschrien hatte. Ich erblickte eine Reiterin auf dem Springplatz. Sie versuchte gerade ihr Pferde dazu zu bringen, über ein Hindernis zu springen. Doch das Pferd weigerte sich und wollte rückwärts gehen. ,,Nun spring endlich" schrie sie ihr braunes Pferd wieder an. Sie schlug es und bohrte ihre Sporen in die Seiten des Pferdes. Nur weil sie sich unbeobachtet fühlte gab es ihr nich das Recht, so etwas zu tun. Ich konnte mir das nicht weiter mit ansehen. Das arme Pferd hatte doch gar nichts gemacht. Ich stand auf und stapfte schon in Richtung Springplatz. Pepper folgte mir widerwillig. Sie wollte viel lieber weiter grasen.
Doch ich bleib abrupt stehen, als ich den Jungen aus dem Flur sah, der auf die Reiterin zu lief. Pepper nutzte die Gelegenheit und graste unbeirrt weiter.
,,Hör auf!" rieff Nick dem Mädchen zu und kletterte über den Zaun zu dem schweißgebadeten Pferd. Er stellte sich neben den Braunen und streichelte ihn beruhigend den Hals. ,,Was fällt dir eigentlich ein, das Pferd so zu behandeln?" fragte er das Mädchen entsetzt. ,,Ach lass mich doch. Du hast doch eh keine Ahnung" schrie das Mädchen Nick an und stieg wutentbrannt vom Pferd. Sie riss Nick die Zügel aus der Hand und stapfte vom Springplatz. Nick sah dem Mädchen kopfschüttelnd hinterher und ging dann wieder den Weg zurück, wo er hergekommen war. Das war der Weg, den auch die Reitlehrer genommen hatten. Der Weg, der zu den Koppeln führte. Was wollten sie nur alle dort? Es waren doch eigentlich keine Pferde mehr dort. Ich zuckte mit den Schultern und ging mit Pepper in den Stall. Sie schnaubte verärgert als sie aufhören musste zu Grasen, doch als sie merkte, dass ich sie zum Stall führte, vergas sie das Gras und lief braf neben mir her. Sie freute sich wohl schon auf ihren Hafer.

Im Stall standen die meisten Pferde wieder in der Box, nur noch ein paar Pferde wurden geputzt. Ich band Pepper auch vor ihrer Box an, sattelte sie ab und putzte sie. Zum Schluss legte ich ihr noch eine dunkelblaue Decke über den Rücken. Als Pepper in der Box stand fing sie an zu betteln und hörte erst auf, als ich ihr Hafer gegeben hatte. Ich streichelte Pepper noch über den Hals und verabschiedete mich von ihr.

Als ich aus dem Stall trat, dämmerte es bereits. Ich blickte zum Haupthaus rüber, in dem das Internat untergebracht war- Dort gingen gerade die Reitlehrer , Nick und ein Mann um das Haus. Was Nick wohl mit den allen zu tun hatte? Eine kühle Brise wehte mir eine Strähne ins Gesicht, die ich mir wieder hinter mein Ohr klemmte. Wenn die alle weg gegangen sind, kann ich doch mal nachgucken, was auf den Koppeln los war. Ob das wohl erlaubt war?  Ich sollte wohl besser zum Essen gehen. Doch ich war viel zu neugirig. Also atmete ich noch einmal tief durch und ging in Richtung den Weiden.

Reitinternat LehmannWo Geschichten leben. Entdecke jetzt