Kapitel 1

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Mein Leben ist nicht besonders. In der Schule beneiden mich viele, doch wenn sie nur wüssten. Mein Therapeut meint, dass ich aufhören soll mich selbst fertig zu machen. Aber ich mag mein Leben wirklich nicht. Freunde habe ich eigentlich keine. Also keine die mit mir befreundet sind, weil sie mich mögen, sondern aus den bekannten Gründen. 

Meine Schwester, Emilia war für mich mein Ein und alles. Ich stelle mir oft vor, was wäre wenn sie heute noch bei mir sein könnte. Sie hatte es nicht verdient zu sterben. Immer war sie gerecht zu jedem und sie liebte das Abenteuer. Manchmal fragte sie mich ob ich mein Leben satt hätte, immer wenn ich antwortete Nein, schien sie nieder geschlagen. Damals war ich der glücklichste Mensch auf Erden. Das ist jetzt genau ein Jahr her. An diesem Morgen wollte ich sie aufwecken und ihr Gratulieren, denn  es war ihr 17. Geburtstag. Als ich aber die Zimmertür aufriss, war das Bett leer. Auch sonst war sie nirgendwo. Nicht einmal eine Leiche wurde von ihr gefunden. 

Ich stehe auf. In einer Stunde laufen wir los. Das Anwesend auf dem wir wohnen, gehörte vorher einer alt eingesessenen Familie. Doch dann starb das alte Ehepaar und die Kinder wollten lieber in die Stadt ziehen. Wir konnten das Haus kaufen, mitsamt Kapelle, Friedhof und Garten. Auf diesem Freidhof befindet sich auch das Grab meiner Schwester. Für später ist eine Trauerfeier angesetzt. Nur die Verwandtschaft und ein par Freunde kommen.

Ich nehme mein schwarzes Kleid aus dem Kleiderschrank und begutachte es. Es sieht wie ein Abendkleid aus. Mit viel Taft und kein bisschen schlicht. In meinem eigenen Badezimmer mache ich mich fertig. Leise setze ich mich auf das Treppengeländer und rutsche hinunter. Meine Eltern sehen das nicht gerne, vorallem nicht mit teuren Kleidern. Jetzt haben sie aber andere Gedanken und ich könnte das Haus in die Luft jagen und sie würde nicht einmal mit der Wimper zucken. Ich ziehe meine Schuhe an, mit denen ich auf einem roten Teppich laufen könnte und geselle mich zu meiner Familie. 

Wir gingen erst allein zum Friedhof, dann kamen immer mehr Leute. Jetzt findet die Trauerfeier statt. Aber es trauert niemand um meine geliebte Schwester. Ein Paparazzo ist da und jetzt ist mir bewusst wieso meine Eltern mir dieses Outfit gegeben haben. Grauenhaftes Gefühl, die einzige zu sein, die wegen der Verstorbenen hier ist, nicht um Smalltalk und Geschäfte zu betreiben. Wütend stampfe ich die Treppe hoch. Ich gehe in ihr altes Zimmer. Alles ist noch wie zuvor. Meine Eltern haben sich nicht getraut es umzustellen, auf anraten meines Therapeuten hin. Die Tür quitscht leise und ich höre nurnoch gedämpfte Geräusche der Partygäste. Ich trete an die Balkontür. Es nieselt leicht. Das Wetter passt zu meiner Stimmung. Etwas knallt mit voller Wucht gegen die Scheibe. Ich schrcke panisch zurück. Doch es war nur, ja was eigentlich. Wer umwickelt denn einen Stein mit einem alten Fetzen Papier. 

Langsam öffne ich die Tür und nehme mir das Ding. Ich rolle es auseinander in mir bekannter Schrift stehen dort Buchstaben. Ich brauche eine Weile bis ich unter meinen Tränen feststelle, dass es eine Botschaft sein soll:  An Evelyn: Ich brauchte eine Weile um zu lernen, jetzt möchte ich dich sehen um mit dir mein Wissen zu teilen. Zuerst suche vor der Haustür. Bedenke: der Weg ist das eigentliche Ziel. 

Das ist die Handschrift einer Toten. Trotzdem schleich eich mich zur Haustür. Ich öffne sie und sehe ein in Packpapier eingewickeltes Päckchen. Die Worte "Such mich!" schauen mir entgegen.


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