Sie lag im Bett, den Blick an die Decke gerichtet und versunken in Träumen. Eine bisher ihr unbekannte, glühende Leidenschaft erwachte in ihrem Herzen. Ein Gefühl des Glückes brachte ihre Augen zum Strahlen und ihr Herz erfreute sich wie ein Schmetterling, der sich urplötzlich im Garten Eden befand.
Überwältigt von diesen Gefühlen drehte sie sich auf die Seite und schloss ihre Lider. Fand allerdings keinen Schlaf. Sie rang innerlich mit sich, ob sie noch einmal hinausgehen sollte, verwarf diesen Gedanken jedoch bedauernd. Selim würde es bestimmt auf sich beziehen und glauben, dass sie seinetwegen nicht schlafen konnte, womit er recht gehabt hätte. Wehmütig dachte sie an ihren Vater, der sicherlich in großer Sorge ihretwegen war und ihre Gesichtszüge wandelten sich in Trauer.
Dann glitt ihr Blick an das Kästchen mit dem Melkfett. Während sie sich die Hände damit einrieb, erinnerte sie sich, dass sie die Waschküche des Palastes noch nie betreten hatte. Sie stellte sich vor, wie in riesigen Kesseln das Wasser brodelte und ein riesiger Berg von Wäsche darauf wartete, gewaschen zu werden. Nicht nur die von der königlichen Familie, sondern auch die von der ganzen Dienerschaft, die dort beschäftigt war. Ein hartes Leben hatten sie, die Bauern, ihre Köche, die Waschfrauen und das Reinigungspersonal. Nie hatte sie sich gefragt, wie das alles von statten ging.
Ihr Frühstück wurde auf ihr Zimmer gebracht, die Wäsche gewaschen, gebügelt und sorgfältig gefaltet in die Schränke gelegt. Sie stieß einen Seufzer aus. Als sie aber die Gesänge der Männer wieder wahrnahm, lächelte sie.
»Er wird mich morgen mitnehmen und ich werde Vater wiedersehen. Doch was ist, wenn Vater verbietet, dass ich Selim wieder sehe? Nein, er hat mir versprochen, dass wir uns wiedersehen werden.«
Ihre Lider wurden schwer und sie versank endlich in einen tiefen, ruhigen Schlaf.
Alle Menschen sind klug, die einen vorher, die anderen nachher;
nur wenn es darauf ankommt, ist jeder dumm. (Arabische Weisheit)
Wüstenräuber
Am frühen Morgen, als die Sonne die Wüste in glühendes Rubinrot tauchte, erhob sich ein immer lauter werdendes Stimmengewirr. Schrille Schreie von Frauen und das Aufeinanderschlagen mehrerer Klingen drangen in Yasminas Zelt. Unverzüglich schlug sie die Decke zur Seite und lief hinaus.
Fremde Männer auf starken Arabern, versuchten junge Mädchen, die aus Leibeskräften schrien auf ihre Pferde zu hieven. Prinz Karim, seine Gefährten und die Nomaden hatten alle Hände voll zu tun, um sich gegen die Wüstenräuber zu behaupten. Es waren etwa ein Dutzend, wobei bereits zwei von ihnen blutend und reglos auf dem Boden lagen. Plötzlich erspähte ein Reiter die Prinzessin und trieb sein Pferd direkt auf sie zu.
Yasmina riss vor Schreck die Augen auf, als der Räuber auf sie zuritt. Sie rannte zu Karim, der gerade mit zwei Wüstenräubern auf Pferden focht. Ihr Verfolger neigte sich auf seinem Pferd zur Seite und ergriff ihr Haar, als sie versuchte, ihm auszuweichen. Er schlang seinen Arm um ihre Taille und hob sie auf das Pferd. Die Prinzessin wehrte sich, indem sie strampelte, doch der Mann hielt sie eisern fest und setzte sie vor sich. Verzweifelt sah Yasmina zu Prinz Karim hinüber, der die Hiebe der Schwerter abzuwehren versuchte.»Selim! Hilfe!«
Dieser warf ihr einen schnellen Blick zu. Einer der Räuber nutzte die Gelegenheit und setzte dem Prinzen einen Hieb in die Schulter. Der unbekannte Reiter rief den anderen etwas zu, worauf diese samt ihrer erbeuteten Mädchen ihre Pferde antrieben. Dann ritten sie im schnellen Galopp durch das Lager. Die verzweifelten Schreie der Mädchen hallten über die Oase.
»Hilfe. Lasst mich runter!«, rief Yasmina erneut.
Prinz Karim drückte eine Hand auf seine Wunde und besah sich die blutbeschmierte Hand.
»Die Pferde!« Er keuchte und schwankte plötzlich. Dann sank er entkräftet auf die Knie. Schwermütig sah er den Reitern nach, wie sie mit den Mädchen davon galoppierten. Die verzweifelten Hilferufe der Prinzessin und der Mädchen drangen nur noch schwach zu ihnen und erstarben in der Ferne.
Omar und Ali liefen sofort auf ihren Prinzen zu, um ihm aufzuhelfen. Er jedoch, stieß sie aufbrausend von sich.
»Verfolgt sie! Wir dürfen sie nicht aus den Augen verlieren. Sonst haben wir sie gänzlich verloren«, zischte er und verzog schmerzhaft das Gesicht. Omar und Ali nickten und schwangen sich sofort auf ihre Pferde. Der Staub, den die Tiere der Räuber verursachten, verschluckte diese bald und rieselte wieder hinab auf den Boden.Unser Märchen ist nun abgeschlossen und liegt beim Lektorat. Ich schätze mitte Juli Anfang August, wird das Buch veröffentlicht. Ich bedanke mich all denen, die sich das Märchen durchgelesen haben.
DU LIEST GERADE
Die Wüstenprinzessin - Auf der Flucht
FantasyDie ungestüme Prinzessin Yasmina ist im heiratsfähigen Alter und lehnt all ihre Verehrer ab, um den Mann ihres Herzens selbst bestimmen zu können. Auch Prinz Karim ist unter den abgewiesenen Kandidaten, Doch gibt dieser nicht auf und schmiedet einen...