2. Lacrima Gaia

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Ich schrecke aus dem Schlaf. Das stätige Brummen der Maschine hat mich wohl schläfriger gemacht als ich gedacht habe. Ich hebe den Kopf und schaue an Michael vorbei aus dem Fenster. Die Sonne glitzert auf dem Wasser. Unter uns ist nichts als Meer zu sehen. Kurz schaue ich zu Michael, doch er schläft. Zum Glück habe ich ihn nicht aufgeweckt. Ich lege meinen Kopf zurück auf seine Schulter und lasse meinen Blick durch das Flugzeug gleiten. Uns schräg gegenüber sitzen Alex und Laila. Die beiden schlafen ebenfalls. Wir drei haben in letzter Zeit nicht genügend Schlaf bekommen. Wir waren zu sehr mit der Suche nach dem Artefakt beschäftigt. Ausserdem sitzen wir schon seit Stunden in dem Flugzeug fest.

In der Vordersten Reihe kann ich Kalliope sitzen sehen. Wie es aussieht liest sie ein Buch. Iris, Nero und Hektor haben es sich ein paar Reihen hinter mir und Michael gemütlich gemacht. Ich habe keine Lust nach zu sehen, ob auch sie schlafen. Jedenfalls ist das einzige Geräusch hier das Brummen des Motors und das Rascheln von den Buchseiten, wenn Kalliope umblättert, also schlafen sie wahrscheinlich auch. Markus sitzt zusammen mit dem Pilot im Cockpit. Leise Stimmen sind von dort zu vernehmen aber ich kann nicht verstehen, was sie sagen. Ich schliesse wieder die Augen.

Die Planung haben Markus und Kalliope übernommen. Gestern haben sie die beste Route zu der Lacrima Gaia besprochen und stundenlang über unser vorgehen diskutiert. Heute Morgen ging es los. Nur Markus, Kalliope, Nero, Iris, Hektor, Alex, Laila, Michael und ich. Die Gruppe ist klein, aber hoffentlich auch unauffällig. Schliesslich ist immer noch ein verrückter Gott hinter mir her. Auch wenn ich nicht weiss, ob das ihn wirklich aufhalten wird. Er ist immer noch ein Gott. Jedenfalls geht die Reise nach der Quelle gleich weiter zum Ratstreffen. Die Zeit ist knapp, aber wir sollten es schaffen.

Heute Morgen sind wir mit einem Helikopter vom Berghaus zu einem nahen Flughafen geflogen. Dort wartete bereits der Privatjet des Clans, die Dark Wind. Ich musste grinsen als ich den Namen auf dem Jet gesehen habe. Der Name ist mal wieder typisch für den Clan, genau so wie die Inneneinrichtung: Dunkle Farbtöne und edle Materialien.

Seltsamerweise fehlt mir das Berghaus. Auch wenn ich froh bin den Winter nicht dort oben verbringen zu müssen. Ich mag die Abgeschiedenheit und in den verwinkelten Gängen fühle ich mich wohl. Doch ich werde wahrscheinlich nicht so schnell dort hin zurückkehren. Ich weiss nicht was nach dem Treffen passieren wird. Kalliope vermutet aber, dass ich zusammen mit den anderen Begabten trainieren werde. Aber werden wir jemals bereit sein gegen einen Gott zu kämpfen?

Ich schiebe diesen Gedanken beiseite. Bis Morgen Abend werde ich mich nur auf Michaels Rettung konzentrieren. Doch fürs erste sitze ich in diesem langweiligen Flugzeug fest. Meine Gedanken beginnen wieder abzudriften. Ein kleines Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht als ich mich an heute Morgen zurück erinnere:


Ich bin auf dem Weg zu den anderen. Wir wollen uns draussen vor dem Berghaus treffen. Der Helikopter wartet schon auf uns. Vor mir öffnet sich eine Tür und reisst mich aus meinen Gedanken. Agatha tritt hinaus auf den Gang und lächelt mich an. Sie hat wohl auf mich gewartet. Da sie mich und all die anderen hier in diesem Gebäude spüren kann, ist es nicht besonders schwer für sie jemanden aufzuspüren.

„Heute geht es also los", sagt sie. Ich bleibe vor ihr stehen und lächle sie ebenfalls an.

„Danke für deine Gastfreundschaft", sage ich höflich. Agatha macht eine wegwerfende Handbewegung.

„Hör auf so förmlich zu sein. Das habe ich früher schon gehasst und ich hasse es heute genau so. Wir leben schliesslich im 21.Jahrhundert. Hier darf jeder sagen was er denkt", meint sie. Ich lache.

„So direkt wie eh und je", meine ich.

„Ich mag es nicht wenn man ständig um den heissen Brei rum redet", erwidert sie.

Schwarzer Mond - Die Bande des SchicksalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt