16. Die Vision

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Vier Tage später...

Michael

Ich habe es aufgegeben, den Schlägen von Ellas Doppelgängern auszuweichen. Ihre Angriffe werden von meinen Kräften wenige Zentimeter vor mir gestoppt. Ich verbrauche meine Energie nur unnötig, wenn ich zusätzlich versuche sie abzuwehren. Stattdessen warte ich darauf, dass Ellas Kräfte und damit auch die ihrer Doppelgänger nachlassen. Es ist ein Spiel gegen die Zeit. Ella sitzt konzentriert da. Ich bin mir sicher, dass sie weiss was ich plane. Nun kommt es darauf an, wer von uns beiden länger durchhält.

 Der Kampf geht sicher schon eine halbe Stunde und wir werden beide langsam müde. Ich kann die Schweisstropfen auf ihrer Stirn sehen. Doch niemand von uns beiden wird so schnell aufgeben. Fäuste fliegen auf mich zu, stoppen aber immer wieder. Plötzlich geht das Tor auf und jemand schlendert über den Hof. Es ist Vesta. Sie hält einen Stapel Papiere in der Hand. Eines davon scheint sie ganz vertieft durch zu lesen. Und sie kommt direkt auf uns zu. Ellas Blick huscht von mir zu Vesta und ein breites Grinsen erscheint auf ihrem Gesicht.

„Ella", knurre ich warnend.

„Vielleicht sollten wir die Methode ändern", meint sie und einer ihrer Doppelgänger beginnt auf Vesta zu zulaufen. Ich will ihm nachlaufen, doch die anderen Doppelgänger versperren mir den Weg. Vesta scheint immer noch nichts bemerkt zu haben. Sie ist stehen geblieben und mustert das Blatt in ihrer Hand nachdenklich.

„Vesta!", rufe ich und im selben Moment rennt der Doppelgänger los. Erschrocken reisst Vesta ihren Kopf hoch, doch der Doppelgänger steht bereits vor ihr. Sie lässt die Blätter fallen, um ihr Gesicht zu schützen, doch sie wird zu langsam sein. Und ich bin zu weit weg. Das Blut rauscht in meinen Ohren und ich strecke verzweifelt die Hand aus, auch wenn ich viel zu weit weg bin um etwas auszurichten. Und dann beginnt sich die Luft vor Vesta zu kräuseln.

Die Faust des Doppelgängers kracht auf eine unsichtbare Mauer, kurz bevor sie Vesta einen Kinnhacken verpassen kann. Im selben Augenblick spüre ich die Erschöpfung, doch ich ignoriere sie und renne zu Vesta. Sie starrt geschockt auf den Doppelgänger und auf die Faust nur wenige Zentimeter vor ihrem Gesicht. Ich erreiche sie und verpasse dem Doppelgänger meiner Seitz einen Schlag, so dass er ein paar Schritte weg taumelt.

„Geht es dir gut?", frage ich besorgt. Vesta nickt. Im nächsten Moment setzten sich die anderen Doppelgänger in Bewegung. Ich stelle mich schützend vor Vesta, doch wir sind innerhalb von Sekunden umzingelt. Ich bin kein schlechter Kämpfer, aber gegen sieben Doppelgänger kann ich nichts ausrichten, jedenfalls nicht, wenn ich Vesta beschützen will. Ich beisse mir auf die Lippe. Es gibt keinen Ausweg...oder doch?

Ich konzentriere mich. Versuche mich daran zu erinnern, wie ich diese Mauer zu Stande bekommen habe. Im nächsten Moment greift der erste Doppelgänger an. Er zielt auf Vesta, doch seine Faust trifft auf eine unsichtbare Barriere. Dort, wo die Faust auf die Barriere trifft, kräuselt sich die Luft und macht den unsichtbaren Schild sichtbar. Die Doppelgänger lassen sich aber nicht davon beirren. Ihre Hiebe und Tritte prasseln auf den Schild ein.

Einer von ihnen versucht sogar über die Barriere hinweg zu springen, landet aber nur auf dem Schild. Es ist nicht einfach nur eine Mauer, sondern eine Halbkugel, die uns schützend umgibt. Der Schweiss rinnt mir übers Gesicht und ich keuche. Der Schild ist deutlich schwieriger aufrecht zu erhalten als nur mich selbst zu schützen und verbraucht immer mehr von meiner Kraft.

„Was zum Teufel ist hier los?!", dröhnt Thots Stimme über den Hof. Die Doppelgänger halten inne. Im Eingang steht Thot. Hinter ihm stehen Arist, Achilles, Fortuna und Tja, die ungläubig auf das Schauspiel im Hof hinunter starren. Das muss ein Anblick sein, wie Vesta und ich in einem Ring aus Doppelgänger stehen und einer von ihnen sogar in der Luft zu schweben scheint. Thots Blick dagegen ist auf Ella gerichtet, die immer noch unterm Baum sitzt.

Schwarzer Mond - Die Bande des SchicksalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt