Strafen über Strafen

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Völlig außer Atem blieb ich vor der Tür zu meinem Klassenzimmer stehen. Ich hatte es tatsächlich geschafft zu spät zu kommen, obwohl ich ausnahmsweise mal rechtzeitig aufgestanden war. Leider bin ich beim Frühstück doch noch mal kurz eingeschlafen, weshalb ich jetzt fast 20 Minuten zu spät war. Na toll. Da konnte ich mich auf gewaltigen Ärger gefasst machen, weil meine nette Deutschlehrerin einfach zu gerne Strafen verteilte - selbst wenn man nur zwei Minuten zu spät war. Am liebsten verteilte sie Nachsitzen bei anderen Lehrern. Immerhin nicht bei ihr. Über diesen Gedanken schmunzelte ich leicht und klopfte im nächsten Moment schon an die Tür. Diese wurde mir direkt geöffnet und meine absolute Lieblingslehrerin - nicht - stand vor mir. Sie schob mit dem rechten Zeigefinger ihre Brille höher und verengte die Augen.
,,Du findest es also lustig, dass du mitten in meinen Unterricht platzt, Stegi?"
Meinen Namen spuckte sie förmlich aus, als wäre es das widerwärtigste auf dieser Welt.
Das Lächeln verschwand sofort aus meinem Gesicht und ich schüttelte hastig den Kopf, schaute dabei auf den Boden.
Von ihr vernahm ich nur ein abfälliges Schnauben ehe sie mir zwei Stunden Nachsitzen erteilte.
Seufzend begab ich mich auf meinen Platz.

Die Stunden zogen sich nur so in die Länge. Es wurde immer schwieriger für mich wach zu bleiben. In Chemie war es dann endgültig vorbei und ich schlief mit dem Gesicht im Buch ein.

Ein lauter Knall ertönte direkt neben meinem Kopf. Ich schreckte auf und fiel, da ich zu viel Schwung hatte, seitlich vom Stuhl. Um mich herum lachten alle. Alle bis auf meinen Chemielehrer, der mich wütend ansah.
,,Nachsitzen. Heute. Zwei Stunden."
Ich verzog mein Gesicht und rappelte mich auf. Mein Lehrer nahm sein Buch von meinem Tisch, welches er zuvor darauf geschlagen hat, um mich zu wecken.
Nochmal zwei Stunden. Das sind insgesamt vier Stunden Nachsitzen. Alles an einem Tag bekommen. Das ist meine persönliche Bestleistung.
Da die Stunden vermutlich auf zwei Nachmittage verteilt werden, hieß es für mich, dass ich heute wohl erst nach der 9. Stunde nach Hause kam. Naja, immer noch besser als nach der 11. Stunde.

Als das erlösende Klingeln den Raum ausfüllte, packte ich meine Sachen und begab mich in die Aula.

Eine Stunde später stand ich mit all meinen Schulsachen vor dem Lehrerzimmer und wartete auf meinen Chemielehrer. Dieser würde mir mitteilen, bei wem ich nachsitzen würde und welche Aufgaben ich zu erledigen hatte.
Die ganze Prozedur kannte ich nur zu gut. Man könnte schon fast sagen, ich war, zusammen mit den Schulschlägern, Stammgast beim Nachsitzen.
Die Aufsicht beim Nachsitzen war eine der unbeliebtesten Aufgaben unter den Lehrern. Deshalb hatten wir meistens neue Lehrer, die das noch nicht wussten oder Referendare, die auf diesem Gebiet nicht unbedingt viel zu sagen hatten.

Nach weiteren 10 Minuten warten kam mein Chemielehrer endlich aus dem Lehrerzimmer. Er drückte mir einen Zettel in die Hand, auf dem meine Aufgaben standen. Danach ging er mit mir zu dem Raum, in dem das Nachsitzen immer stattfand. Es war eigentlich ein Besprechungsraum für Lehrer, aber um diese Uhrzeit wurde dieser nicht mehr genutzt, weshalb er perfekt für's Nachsitzen war.
Mein Lehrer schloss den Raum auf und schob mich durch die Tür.
,,Zwei Stunden. Chemieaufgaben."
Und schon war er wieder weg. Er sprach nie wirklich viel, was als Lehrer eher ungewöhnlich war.

Ich ging, ohne auf die heutige Aufsicht zu achten auf meinen Stammplatz, ließ mich auf den Stuhl fallen und holte lustlos und demotiviert mein Chemiebuch und Block raus.
Plötzlich legte sich ein Schatten über meinen Tisch. Ein Räuspern ließ mich aufschauen.
,,Was hast du denn angestellt, dass du nachsitzen musst?", fragte der Referendar schmunzelnd.
Ich würde das Nachsitzen also bei Herr Timolia verbringen.

Ein Referendar zum Verlieben {STEXPERT}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt