19 Uhr schlug die kleine Küchenuhr an, als Luhna gerade das aussprach was ich dachte. ,,Noch 23 Stunden, würde ich mal sagen" sagte sie und zeigte dabei auf die Uhr. Ich wollte es mir nicht anmerken lassen, aber dennoch ging mir das schon fast zu schnell. Ich freute mich auf Seoul und die neue Chance die sich mir bot, aber das erste Mal seit Wochen fragte ich mich ob ich bereit war. Ich starrte gerade auf die Uhr, welche mittlerweile 2 Minuten weiter war, als ich anfing eine Träne zu verlieren. Ich hätte es nicht bemerkt, wäre mir Luhna nicht um den Hals gefallen. Sie Umarmte mich fest und schien mich auch nicht gehen lassen zu wollen, was meine Tränen nicht zurück hielt. Ich kam mir vor wie ein Wasserfall und so wie man es bei vielen Mädchen erwartet, fing Luhna auch an zu weinen. 20 Minuten saßen wir weinend auf der Couch, bis wir uns wieder fassten, uns in die Augen schauten und wir uns beide Auslachten. So schön ein geschminktes Gesicht auch sein kann, Panda Augen waren dann doch nicht der Renner.
Nach weiteren 10 Minuten gammeln entschloss ich mich zumindest mal das Geschirr weg zu räumen. Das könnte immerhin das letzte Mal in Deutschland sein. Wobei mir nach diesem Gedanken einfiel, dass so ziemlich alles was ich in den nächsten 22 ein halb Stunden tun werde das letzte Mal in Deutschland sein kann. Somit spülte ich vielleicht das letzte Mal meinen Teller in dem kleinen Waschbecken. Den Rest des Kuchens räumte ich in den Kühlschrank, wobei ich diesen noch lange nicht zum letzten Mal geöffnet werden habe. Nachdem ich auch die Küche zum vielleicht letzten Mal ein wenig zum Glänzen brachte, schaute ich mir die Küche einmal genauer an. Die Geräumigkeit werde ich vermissen. Die Küche ist ein Raum für sich und bietet trotzdem Platz für mindestens 5 Personen. Soweit ich in Erfahrung gebracht hatte, war die Küche meiner künftigen Wohnung offen und direkt an Ess- und Wohnzimmer gebaut. Auch die pinken Wände werde ich schweren Herzens hinter mir lassen. Luhna und ich kamen vor 1 Jahr auf die Idee. Wir waren beide etwas Angetrunken, da Luhna gerade ihren 19. Geburtstag feierte und eigentlich war die pinke Farbe für eine Bekannte von uns gedacht. Sie erwartete ein kleines Mädchen, doch die Idee angetrunken eine Küche zu streichen gefiel uns besser. Bei dem Gedanken an die alte Zeit musste ich lachen. Für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, in der Situation von damals zu stehen, wurde jedoch wieder in das hier und jetzt verfrachtet als mein Handy klingelte. Ich überlegte lange nach ob ich abnehmen sollte. Zu lange. Es war meine Mutter gewesen, Sie wollte wahrscheinlich wissen wie es mit dem Packen voran ging. Packen.
,,Ach du Heilige..", schrie ich laut auf und klatschte mir im gleichen Atemzug eine Hand auf die Stirn. Ich war in den letzten Tagen so damit beschäftigt mich an Vergangene Momente zu erinnern, dass ich nicht einmal einen Koffer für meine Klamotten organisiert hatte. Wie angewurzelt stand ich noch immer in der Küche und die Realität, dass ich noch viel zu viel zu tun hatte, haute mich förmlich um. ,,Alles okay bei dir oder soll man den Krankenwagen anrufen?", scherzte Luhna und musterte mich, doch bevor ich etwas sagen konnte redete sie weiter ,,wusstest du das man an einem Schrei vieles über die Gedanken der Person aussagen kann? Du zum Beispiel hast keinen Koffer und hast mittlerweile nur noch 21 ein halb Stunden Zeit." Antworten brauchte ich darauf nicht. Sie hatte es auf den Punkt genau getroffen. Doch bevor auch sie noch einen letzten Kommentar von sich geben konnte, klingelte mein Handy erneut. ,,Umma, Annyeong, du rufst genau...", fing ich an, doch auch sie unterbrach mich. Meine Mutter war die Retterin in Not, sie sagte mir, dass sie einen Koffer vor die Tür gestellt hatte, da wir die Tür scheinbar nicht hörten. Nachdem ich ihr noch kurz erklärt hatte, dass unsere Klingel nun schon seit Monaten nicht mehr ging, verabschiedete sie sich. Ich lief zur Tür, öffnete sie und tatsächlich stand da ein Koffer. Ich schob ihn in mein Zimmer und zusammen mit Luhna packten wir meine Klamotten, schmink Sachen, Bücher, Lern Utensilien und meinen Plüsch Hasen ein. Den Hasen hatte ich im Alter von 4 Jahren als Willkommensgeschenk von meinem damaligen Nachbarn bekommen und dieser begleitete mich seit dem auch überall hin. Mein Zimmer wirkte nach dem einpacken leer. Einige meiner Möbel werde ich in Seoul nicht brauchen und die Sachen die ich brauchte, wie mein Bett und meinen Schreibtisch, sowie auch Lampen würden morgen früh abgeholt werden. Luhna und ich setzten uns noch einmal schweigsam vor den Fernseher. So wenig wie heute redete sie selten.
Noch 20 Stunden blieben mir. ,,Wie wäre es, wenn wir einfach gar nicht schlafen? Ich kann auch im Flugzeug Schlafen", unterbrach ich diese Stille zwischen uns welche seltsamer nicht hätte sein können. Ihren hell aufblitzenden Augen zufolge, hätte ich keine bessere Idee bringen können. ,,Das ist das mindeste was du jetzt noch tun kannst, bald gehst du und lässt mich hier alleine. Wer weiß für wie lange. Den Platz hab ich nicht so sicher wie du ihn hattest", fauchte sie zum Schluss hin. Ein wenig erstarrt von den Worten saß ich da. Es ging ihr näher als sie zugab. Wir wollten beide in Seoul anfangen und ich Reise ohne sie. Luhna stand auf und meine Blicke folgten ihr in die Küche und nach ein paar Minuten auch wieder zurück auf die Couch. Sie hatte einen Eisbecher geholt und aß diesen genüsslich. ,,Du sag mal, wir werden doch in Kontakt bleiben oder?", fragte sie bevor sie sich einen weiteren Löffel in den Mund schob. ,,Stell dir mal einen Wolkenfreien Sternenhimmel vor. Siehst du die vielen Abermillionen hell leuchtenden Sterne?", begann ich ihre Frage zu beantworten. ,,Ja, alle samt und noch viel viel mehr", sprach sie und ich setzte fort:,,Das sind alles Argumente und Chancen die mehr als nur dafür sprechen und die kleinen dunklen Sterne, die die du nicht erkennen kannst, das sind die Möglichkeiten die dich davon abhalten, weil du sie dir selbst stellst. Ja, ja wir werden in Kontakt bleiben für immer. Schließlich wollten wir uns doch gemeinsam "83" tätowieren lassen. Unsere Magische Zahl." Unsere Magische Zahl entstand vor ein paar Jahren durch einen Zufall, als wir statt "okay" als unser "Für immer" die Zahl "83" nahmen.
Nach dieser kurzen und doch sehr Gefühlsvollen Aussage, redeten wir noch sehr lange darüber wie wir in Kontakt bleiben konnten und wie sehr wir einander Vermissen würden. Das lange reden führte irgendwann zu einer absoluten Müdigkeit und wir entschlossen uns um 5 Uhr morgens, während die Sonne dabei war aufzugehen, hinzulegen. ,,Mindestens bis 9 Uhr", sagte Luhna, ,,Mindestens bis 9.." Und eingeschlafen war sie. Sie war wirklich Müde und sollte sehr viel schlafen. Ab morgen gingen bei ihr die Prüfungen los, doch diese nahm sie nicht ganz so ernst, da sie wusste: was sie kann, kann sie, was sie nicht kann, kann sie nicht. Ich entschied mich auch zu schlafen. Doch hörte noch den lieblichen Klängen von Luhnas Gerede an. Sie redete oft im Schlaf und wenn man aufmerksam war, verstand man sogar was sie sagte. ,,Yugyeom, wir werden uns sehen. Bald. Yugyeom", das waren Luhnas Worte, zumindest das, was ich verstanden hatte. Yugyeom? Wer war das bloß. Verheimlichte sie mir einen Freund. Ich überlegte noch ein Weilchen, da ich diesen Namen nie zuvor gehört hatte, schlief aber doch sehr schnell ein.
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More than just Friends? (Got7~FF)
Fiksi Penggemar2017/2018. Min Sumi, eine 23 jährige Studentin aus Deutschland begibt sich nach Südkorea- ihr Heimatland. Geplant ist ein Aufbaustudium um ihren Abschluss in Psychologie zu erreichen. Durch den langfristigen Besuch hinterlässt Min Sumi ihre beste Fr...