Irgendwo, vielleicht Kanada, Tag 2
Es ist erniedrigend. In meiner Zelle befindet sich eine dieser Knasttoiletten, die keinen Sichtschutz haben. Während ich sie bentze, bete ich, dass Jack nicht in diesem Augenblick beschließt herein zu kommen.
Es ist immer noch kein Licht und ich taste mich an der feuchten Mauer entlang, bis ich wieder in meiner Ecke angekommen bin. Meine Jacke ist klamm und kalt und meine Schuhe von Blut durchtränkt. Ich zittere am ganzen Körper und gleichzeitig ist mir unheimlich heiß. Die Wunde an meiner Wange pocht, als würde jemand immer und immer wieder eine heiße Nadel darin versenken. Ich glaube ich habe Fieber.
Mein Finger und der Knöchel sind weder bewegbar noch belastbar.
Wäre ich nicht so erschöpft würde ich vielleicht über die Ironie der Situation lachen.
Vor ein paar Stunden habe ich noch gedacht, es könnte nicht schlimmer sein, als mit einem Werwolf verheiratet zu werden, während dessen bester Freund mein Verbundener ist und in wenigen Tagen selber heiratet.Und jetzt sitze ich in einem Keller, mit Verletzungen und Fieber und denke an meine arme Mutter, die alleine daheim sitzt und vermutlich schon die Polizei gerufen hat. Und an Wilk. Ich denke immer wieder an Wilk. Mien Körper reagiert stark auf seine Abwesenheit. Die riesige Lücke neben mir, fühlt sich an wie ein Krater, der langsam und qualvoll an mir reißt und zerrt, bis ich irgendwann tot auf dem Boden liege. Ich will nicht daran denken, dass es Wilk jetzt genauso geht.
●○●○●○●○●○●○Seit 45 Stunden, 37 Minuten und 18 Sekunden ist sie weg.
Seit 45 Stunden, 37 Minuten und 21 Sekunden klafft in seiner Brust ein riesiges Loch.
Seit 45 Stunden, 37 Minuten und 27 Sekunden fragt er sich, ob sie noch lebt.
Seit 45 Stunden, 37 Minuten und 34 Minuten hat er endlich Gewissheit, dass er sie liebt.
Diese Erkenntniss kommt 45 Stunden, 37 Minuten und 40 Sekunden zu spät.
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Jeder Atemzug, jedes Schlucken brennt. Meinen Körper zieht es zu Wilk. Wilk, der alles mit ein paar Berührungen wieder gut machen könnte. Und wie ich diese Berührungen will. Und wie ich sie genießen würde. Seine warme Haut auf meiner kalten. Seine austrahlende Wärme, die meinen geschundenen Körper umhüllen würde und jeden Schmerz verdrängen würde, bis es sich wieder gut anfühlen würde zu leben.
Ich glaube es ist Nacht, als meine Tür auffliegt und Jack mich nach oben trägt. Ich habe nicht die Kraft mich zu wehren, sondern sehe einfach nur dem vorbei ziehenden Boden zu.
"Hallo Zahra, wie geht es dir?" Begrüßt mich Maxton und über meine blutigen Lippen kommt ein Laut, wie von einem sterbenden Hund. Einem sarkastischen, sterbenden Hund.
"Verstehe. Ich würde dich ja gerne behandeln, aber dafür brauche ich die Erlaubnis von Jack." Er zuckt mit den Schultern und ich lächle.
"Ist schon okay, Baj." Krächtze ich und sehe zu Jack, der meinem Blick mit einem Grinsen begegnet. Ich schaue weg.Maxton nimmt mir Blut ab und ich kriege wieder Suppe und ein Glas Wasser. Dr Maxton gibt mir außerdem noch ein Paar spritzen gegen meinen Vitamin und Zucker Mangel und ich hoffe, irgendwo ist auch Schmerzmittel dabei.
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Er muss husten. In seinem gesamten Leben war er niemals krank, und jetzt muss er husten. Wegen dem einzigen Menschen in seinem Leben, für den es sich lohnen würde krank zu werden.
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Schneewittchen
Teen FictionAls Zahra nach dem Tod ihres Freundes in Depressionen verfällt, beschließen ihre Eltern und ihre Therapeutin über ihren Kopf hinweg, dass ein Standortwechsel das beste für sie ist. Kurz darauf findet sie sich im eiskaltem Kanada wieder. Noch schlimm...