„Einen Käsekuchen und einen Cappuccino, bitte." Schnell kritzelte ich die Bestellung einer der Studentinnen auf meinen kleinen Notizblock und steckte diesen anschließend in die Tasche an meiner Schürze und verschwand hinter den Tresen, um den Cappuccino zuzubereiten und nahm einen Teller mit Käsekuchen von der Theke. Mit einem Blick durch das Café, in dem ich jeden Tag arbeitete, sackten meine Schultern nach unten. Das Café war zwar klein, jedoch lag es in der Nähe einer Uni, weshalb es meistens prächtig mit Kundschaft gefüllt war. Und da mein Chef ziemlich knauserig war hatte er nur zwei Bedienungen angestellt und meine Kollegin hatte sich krank gemeldet. Also musste ich den Laden heute alleine schmeißen, was eine heiden Arbeit war. Als der Cappuccino fertig gebrüht war, streute ich noch etwas Kakaopulver darauf, ehe ich an den Tisch zurückging und ihr ihre Bestellung servierte. Dankend nahm sie die Tasse mit Cappuccino entgegen und nahm einen großen Schluck davon. Als ich auch den Käsekuchen abgestellt hatte, ging ich hinüber zu einem Pärchen und wollte die Bestellung aufnehmen, als ich bemerkte, wer vor mir an dem runden Tisch saß. Es war der blauäugige junge Mann, welcher mich an dem Todestag meiner Eltern angegriffen hatte. Derjenige, der dazu beigetragen hatte, diesen Tag zu dem schlimmsten meines Lebens zu machen. Mit zusammengebissenen Zähnen zückte ich meinen Notizblock und sah dem Mädchen neben ihm in die Augen, um seinen bohrenden Blick zu meiden. Er hatte mich erkannt. Natürlich, wieso auch nicht? „Was kann ich für sie tun?" fragte ich so nett es ging. Die Blondine mit der markanten Brille lächelte mir entgegen. „Ich hätte gerne einen schwarzen Kaffee. Und du Schatz?" erwartend besah sie ihre Begleitung mit einem Blick von der Seite, jedoch nahm er sie gar nicht war. „So sehen wir uns also wieder." Sagte er und zog eine Augenbraue hoch. „Hast mich schön erwischt, vor einem Monat. Es tut immer noch etwas weh." Sagte er und verzog gespielt eine leidende Miene. „Kennst du sie etwa?" fragte seine das Mädchen und lehnte sich vor, da sie ahnte, dass ich seine Ex wäre oder so. „Was wolltest du von mir?" fragte ich mit immer noch zusammengebissenen Zähnen und ballte meine Hände zu Fäusten. „Ich will, dass du mit mir kommst und dich nicht auf deren Seiten stellst." Das, was er sagte, ergab überhaupt keinen Sinn. „Wovon redest du, Schatz? Ich dachte, du hast mit dem Glücksspiel aufgehört?!" Unter seinem lauernden Blick erstarrte ich und ich rührte mich keinen Millimeter, als er mit seiner rechten Hand eine ominöse Bewegung machte, just in dem Moment wollte seine Begleitung etwas sagen, jedoch hielt sie mit offenen Mund inne. Auf einmal war alles still, keiner rührte sich. Alle schienen erstarrt zu sein, wie als wären sie eingefroren. Wie ist so etwas überhaupt möglich? „Viel besser, diese Göre geht mir sowieso auf die Nerven." Sagte er hämisch und stand auf, sodass ich zu ihm hinaufschauen musste. Zitternd stand ich vor ihm, als er mir eine Strähne hinters Ohr strich. „So eine Schande." Flüsterte er „Dass du keine vollwertige von uns bist. Ich wäre sofort einen Bund mit dir eingegangen.", „Wovon redest du?" fragte ich mit bebender Stimme und versuchte einige Schritte nach hinten vor ihm zu fliehen, stieß jedoch mit meinen Beinen gegen einen der Tische. „Ach." Sagte er mit einem schmutzigen Lächeln auf den Lippen. Sein ganzes Auftreten bereitete mir Schweißausbrüche. Er sah zu schön aus und war dennoch ein Raubtier. „Also bist du unwissend, wie spannend." Eine Hand legte er auf meine Schulter. Vor Ekel bekam ich einen säuerlichen Geschmack im Mund, ließ mir jedoch nichts anmerken. Langsam strich sie meine Seite hinunter. „Komm zu den Krähen, Alex." Versuchte er mich mit einer tiefen und melodischen Stimme zu locken. „Woher kennst du meinen Namen?" fragte ich und schob seine Hand von meiner Taille. Lachend umfasste er mein Handgelenk und verdrehte meinen Arm hinter meinen Rücken. „Na Na Na! Da ist wohl jemand kratzbürstig. Das wird ein Spaß!" Ruckartig zog er an meinem verdrehten Arm. Ich musste meine Zähne zusammenbeißen, damit ich nicht schrie und Tränen sammelten sich in meinen Augen. „Komm mit zu mir, zu den Krähen." Flüsterte er mir ins Ohr und abermals strich seine Hand über meinen Körper. Seine Worte hallten in meinem Kopf wider. Komm zu mir, zu den Krähen. Er sprach von einer Gruppe, die sich Krähen nannten. War an der Sage von Miss Fierce etwas dran? Gab es solche Menschen, wie die beiden Männer in der Sage wirklich? Wurden sie auch mit dieser Götteressenz beschenkt? Oder war das alles nur Humbug? Wie sonst hätte er jedch diese Menschen in den Stillstand versetzten können? Oder befand ich mich gerade in einem Traum, während ich nach Schichtende über meinem Sodoku-Heft eingeschlafen war? Stotternd versuchte ich, Worte über die Lippen zu bringen und mied seinen Blick. „Du...du bist einer von denen? Einer von Morrigans Sklaven?! Niemals gehe ich mit dir, du Monster!" Ich hatte nur diese eine Chance, um herauszufinden, ob es diese Welt voller Mythen wirklich gab oder ich einfach nach dem Tod meiner Eltern verrückt geworden war. Erstaunt riss er seine Augen auf, sodass seine feinen Adern hervortraten. „Du weißt doch Bescheid!" schrie er und nahm eine Gabel von einem der Tisch und ging auf mich los. Wie aus Reflex stolperte ich nach hinten und duckte mich, bevor die Gabel sich in meine Brust bohren konnte und schaffte etwas Distanz zwischen mir und der Gefahrenquelle. „Diesmal entkommst du mir nicht, auch wenn ich dein Herz aus deiner Brust reißen muss!" Schmerzhaft zog sich mein Magen zusammen, als ich nach einer sicheren Stelle in dem Café suchte. Verzweifelt griff ich hinter den Tresen und schnappte mir eines der Tabletts, welches ich notdürftig als Schutzschild benutzen konnte. Gerade als er auf mich zu hechtete, versuchte ich so schnell wie möglich hinter den Tresen zu gelangen und nach hinten in den Mitarbeiterraum zu flüchten. Meine Beine zitterten von dem Adrenalin, welches durch meine Adern pumpte. Schnell schnappte ich nach meinem Rucksack, als hinter mir die Tür aus den Angeln gerissen wurde. Erschrocken blickte ich zurück und sah nicht mehr den wildgewordenen Schönling vor mir, sondern ein kleinkindgroßes, vogelähnliches Wesen. „Ach du scheiße!" keuchte ich und verschwand so schnell mich meine Füße tragen konnten aus der Hintertür. Ich hörte das ‚Ding' hinter mir in die Lüfte gehen, höre den lauten Schlag der Flügel, der wie ein starker Peitschenhieb klang. Während ich lief versuchte ich, meine Autoschlüssel aus meinem Rucksack zu kramen, jedoch fanden meine Finger den Schlüssel nicht. Fluchend wagte ich einen Blick in das Innere des Rucksacks und erblickte den Schlüssel sofort. Schnell holte ich ihn heraus und rannte auf den Parkplatz, über mir lauerte immer noch dieses Biest. Ich traute mich nicht, hinaufzuschauen, also rannte ich einfache weiter bis mein Auto in mein Blickfeld kam. Eilig schloss ich es mit dem Schlüssel auf und stieg schnell ein. Als ich einen Blick nach oben durch mein Fenster wagte, sah ich dass der Vogel mein Auto anvisierte. Hektisch versuchte ich, das Auto zu starten. Als es laut aufheulte schlug ich erleichtert in die Hände. Genau in dem Moment setzte der Vogel zum Sturzflug an. Panisch trat ich das Gaspedal voll durch und schlitterte auf dem nassen Boden vom Parkplatz. In den Rückspiegel blickend, rieb ich mir mit einer Hand über meinen Kopf. Was war das gerade? Etwas plagte mich jedoch mehr, als all die Fragen. Das, was ich gerade erlebt hatte, sollte eigentlich nur in Sagen und Märchen existieren. Ich musste so schnell wie möglich weg von hier. Seit dem ersten Angriff meiner Eltern war ich hier schon nicht mehr sicher. Wenn er in der Lage war, mir ein zweites Mal aufzulauern, konnte er es auch noch ein weiteres Mal. Nach einer halben Stunde durch die Gegend fahren, war dieses komische Wesen nicht mehr zu sehen. Erleichtert konnte ich endlich wieder ausatmen. Morgen fahre ich weg von hier, hoffentlich an einen Ort, an dem ich mich sicher fühlen konnte und an dem ich etwas Klarheit über meine Situation bekommen würde.
Mit zitternden Knien stand ich in meinem Zimmer, die große Sporttasche meines Vaters in der Hand. In dieser Tasche waren alle meine Sachen, die mir in meinem Leben je etwas bedeutet hatten und Kleidung für die Fahrt. Verpflegung konnte ich mir immer noch an einer Raststätte kaufen, wenn ich hungrig oder durstig war. Ich wusste nicht, wohin ich gehen würde, was ich wusste war jedoch, dass ich hier nicht mehr bleiben wollte und konnte. Nichts blieb mir mehr hier, außer vielleicht noch mein Elternhaus. Mit einem letzten Blick auf mein altes Leben verließ ich stumm das Haus. Gerade als ich aus der Haustür eilte, hörte ich ein leises Pfeifen, es war schrill wie das einer Trillerpfeife. Bestimmt nur einer dieser verrückten Vogelarten. Als ich mich jedoch in meinen Wagen setzen wollte, griff eine Hand mir an meinen Hinterkopf, riss an meinem Haar und schlug meinen Kopf gegen die Autokarosserie. Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen, mein Kopf brannte vor Schmerz, aber dennoch ging es mir besser, als mit dem Messer in meinem Bein. „Wo ist sie?" fragte mich eine schrille Frauenstimme und mir drehte sich mein Magen um. Sie hatte gepfiffen, aber wieso? Wollte sie auf sich aufmerksam machen, bevor sie mich angriff? „Wo ist wer?" fragte ich und versuchte meinen Kopf zu der Frau zu drehen, jedoch ehe ich ihr Gesicht sehen konnte, schlug sie meinen Kopf erneut gegen das Autodach. Ok, nicht ins Gesicht schauen, Nachricht angekommen. „Das Orakel, wo habt ihr das Orakel versteckt? Sags mir du gottverdammte Eule!" Ein Orakel, wie das von Delphi? Schickte sie vielleicht der blauäugige Killer, welcher schon zweimal versucht hatte mich zu töten? Arbeiteten sie zusammen? Wenn ja, sollte ich so schnell wie möglich weg von hier, denn wenn dem so war, würde sie mich umbringen. Die Hinterlassenschaften und Hinweise von meinem Vater schienen sich geradezu durch den Jeansstoff meiner Hose zu brennen und zu schreien: „Töte sie! Töte sie!" Langsam und schmerzvoll begann mein Kopf zu pochen. Mein Kopf schien fast zu explodieren und immer mehr weiße und schwarze Punkte nahmen mir meine Sicht.
DU LIEST GERADE
Der Ruf der Eulen
ParanormalAlexandra Heathrow weiß, dass es Leute gab, die nach ihrem Leben trachteten. Nach dem Tod ihrer Eltern eröffnete sich ihr das Geheimnis, welches ihr Leben bestimmte und fand sich mitten in einem Krieg um Stärke und Macht wieder, in dem sie der Schlü...