Kapitel 4 • Raus mit der Sprache •

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Claire's POV.

Ich lief nach Hause und wollte einfach weg von allem. Hoffentlich würde dieser Scheiß Steven, David die Wahrheit sagen! Das er mich vor einem Jahr geschlagen hat... Er und Sam sind die einzigen, die davon bescheid wussten. Doch wer war eigentlich der Junge, der dazwischen kam?

Ich konnte mich nicht mehr so gut daran erinnern, aber es musste ein Junge sein, der mich nicht kannte. Aufjedenfall ergriff ich dort die Flucht und rannte danach um mein Leben.

In meiner Tasche kramte ich nach meinen Hausschlüsseln und steckte diese ins Schlüsselloch und drehte es. Meine Schuhe zog ich aus und stellte sie in die Ecke, danach rief ich nach meiner Grandma, die aber nicht antwortete. Meine Augen scannten das Haus ab und ich fand ein Zettel, der auf dem Kühlschrank geklebt worden war. 

Claire ich bin mit unserer Nachbarin einkaufen gegangen. Danach werden wir einen Kaffee trinken gehen. Lade doch deine Freunde ein und genieß die Zeit.

Freunde? Alles klar Grandma, danke. Ich schmiss den Zettel einfach weg und wollte mich umziehen, doch die Tür klingelte. Ich setzte ein Fuß nach dem anderen und steuerte auf die Tür zu. Wer das wohl war?

Also Grandma konnte es nicht sein, sie war ja einkaufen gegangen. Naja und mit anderen Personen sprach ich ja nicht. 

,,Wer ist da?", fragte ich leise, aber doch laut, sodass die Person mich hören konnte.

,,Hey ehm ich bins David. Ich weiß nicht ob du weißt wer ich bin, aber du bist ja heulend aus dem Zimmer gelaufen und ich wollte-" Weiter lies ich ihn nicht sprechen und öffnete die Tür. Ein kleines Lächeln zierte davor mein Gesicht, doch danach setzte ich wieder meine eiskalte Miene auf.

,,Ich weiß wer du bist. Hi" Ich deutete ihm hereinzukommen und lies danach die Tür ins Schloss fallen. Ich wusste nicht wieso ich einen, doch fremdem Jungen in mein Haus lies, aber irgendwie vertraute ich ihm. Doch das würde sich natürlich rasch ändern, wenn er mein Vertrauen missbrauchen würde.

,,Soll ich Schuhe ausziehen?", fragte er mich leise. Ich nickte und führte ihn ins Wohnzimmer.

,,Woher weißt du wo ich wohne und aus welchem Grund bist du hier?" Gleich mit Fragen bombardieren, du hast es verkackt Claire...

,,Ich, also... ehm. Ich habe...Also- nach der Schule, da... Ich bin dir gefolgt!" Meine Augen weiteten sich, aber eigentlich war das ja nicht so schlimm. ,,Ich wollte mit dir reden. Herausfinden, wieso du mir nicht richtig vertraust. Ich weiß wir kennen uns nicht, aber wieso hast du in der Schule gesagt, das ich Steven fragen soll? Claire was hat Steven dir angetan? Hat er dich geärgert? Geschlagen? Etwas schlimmeres? Antworte mir doch, bitte!" Ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten und fing an zu heulen. 

Seine Arme umschlangen meinen kleinen, zierlichen Körper und seine großen, warmen Hände strichen mir beruhigend über mein Rücken. 

,,I..ich k-kann nicht-t mehr..." Schon wieder wurde sein T-shirt nass, doch anscheinend störte es ihn nicht.

,,Pssht! Alles wird gut, glaub mir. Wir schaffen das, okay? Zusammen."

,,Du kennst mich doch gar nicht. Wie willst du mir helfen?" Er platzierte einen kleinen Kuss auf meinem Scheitel. Warscheinlich wollte er das ich ihm alles erzähle. Sollte ich es tun? Vielleicht konnte er mir wirklich helfen... Er wischte mit seinem Daumen meine Tränen weg.

,,Raus mit der Sprache", befahl er mir und strich eine verirrte Strähne aus meinem Gesicht.

,,Weißt du alles fing eigentlich damit an das mein Vater gestorben ist. Meine Mutter gab mir die Schuld und hielt es nicht mehr aus. Eines Tages begann sie Selbstmord und lies mich alleine in einem riesigen Haus. Danach fand die Polizei meine Großmutter und brachte sie hier her und seitdem lebe ich mit meiner Oma. Ich weiß nicht wie, aber irgendwie fanden die Personen in der Schule heraus, das meine Eltern tot waren und ich jetzt nur noch mit meiner Grandma lebte. Sie dachten, das mich niemand mehr schützt und so. Auf einmal hasste mich jeder. Einfach die ganze Schule und ich konnte nichts dagegen tun. Als dann Steven meine Story erfuhr begann das eigentliche Chaos. Sam und er fingen an mich zu mobben, schlagen und zu ärgern. Das geht schon seit zwei Jahren so. Meine Oma weiß nichts davon, ich habe ihr nichts erzählt, weil es würde schlimmer werden. Wer weiß wie lange dann Steven und Sam ins Kanst müssten und weißt du eigentlich was die beiden mir danach antun würden? Nein, warte ich will es gar nicht wissen! Dauerhaft schlechte Noten, dauerhaft Tränen in den Augen, dauerhaft unkonzentriert, dauerhaft müde, kraftlos, traurig. Ich kann nicht mehr... Fast jeden Tag komme ich nach Hause und fang an mich zu ritzen, weil ich für einen klitzekleinen Moment alles vergessen will. Mein Körper...Ich bin so hässlich, mein Körper ist einfach hässlich, aber ich konnte einfach nichts dagegen tun. Es werden immer mehr Narben. Ich finde zurzeit gar keine freie Stelle mehr auf meiner Haut. Aber weißt du, nur mit dem Ritzen kann ich weiterleben, das ist eine Sucht. Ich kann nicht mehr damit aufhören, was soll ich machen? Kennst du das? Wenn du richtig miese Laune hast und bei jedem bisschen weinst einfach so? Ohne einen wirklichen Grund zu haben? Einfach nur, weil dich jede Kleinigkeit überfordet? Weil die Vergangenheit wieder hochkommt? Und kannst du mir jetzt helfen? Du weißt ja jetzt bescheid..."

Scars *ON HOLD*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt