Das Achte, bleich.

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[Wir datieren den vierten Mai 2015]

"Wie geht es ihnen heute?", fragt Rolf und lehnt sich auf seinem Stuhl zurück.

"So gut das ich mich dazu entschlossen habe das Sie mich Duzen dürfen." Ein warmes Lächeln taut ihre Züge auf.

"Und Du willst mich weiter Siezen?"

"Keineswegs, Rolf." Ihre grünen Augen leuchten.

"Gut dann, Antonia, wie geht es Dir?", wiederholt Rolf seine Frage bezüglich ihres Wohlergehens noch einmal.

"Wunderbar.", noch immer erleuchtet Glück ihre Gesichtszüge.

"Das ist wunderbar. Also hat sich an diesem Wohlstand seit der letzten Sitzung nichts geändert?"

Sie schüttelt den Kopf. "Nein-", sie hält kurz inne und scheint zu überlegen- "wobei, doch. Ich kann sie nun beschrieben, meine Gefühle meine ich. Sie sind nicht nur da und existieren, nein, ich habe Worte und Begriffe gefunden sie zu beschrieben."

"Lass es mich hören!", fordert Rolf sie auf.

"Hmm, okay. Hast du schon einmal etwas wirklich verbotenes getan? Etwas so skandalöses das dein Herz dir bis in den Hals geklopft hat?
Bist du schon mal gewandert, so lange das du glaubtest nicht mehr zu können, und bist du dann weiter gegangen, und hast dein Ziel erreicht?
Hast du schon mal ein Baby dich anlächeln sehen, mit aller Ehrlichkeit die dessen ungetrübte Seele für dich aufbringen konnte. Und hast du schon mal eine Person in die Arme geschlossen, bei der du dich so sicher und geborgen gefühlt hast das du vor Glück hättest schreien können?
Nun, all das fühle ich auf ein Mal. Diese Wucht an Gefühl ist einfach da."

"Das klingt sehr bewegend" , wohl bedacht setzt Rolf die richtigen Worte hintereinander. So ein Fauxpas wie das letzte Mal darf ihm nicht noch einmal unterlaufen. Er muss seine Professionalität waren, das weiß er. Das würde er auch von jedem Psychologen verlangen in dessen Behandlung Louisa gehen würde.
"Das ist es in der Tat. Es ist sehr aufwühlend", stellt sie fest und lächelt.

Kurz überlegt Rolf was er sagen könnte. "Und gefällt dir diese innerliche Unruhe oder magst du es eher ruhig?"

"Es ist ruhig wenn es mir schlecht geht, also ja, ich mag das Aufgewühlte, es lässt mich vergessen das auf meinen Schultern drei Tode Lasten." Sie sieht ihn an, kurz wird ihr Blick trüb, dann lächelt sie wieder. "Ich werde nun gehen Brunner, ich werde den Orkan in mir weiter toben lassen", sie lacht, und reicht ihm die Hand.

"Aber sie sind noch nicht einmal zwanzig Minuten hier!"

"Muss ich denn hier sein wenn es mir gut geht?", sie lacht. "Ich denke Nein, Sokrates! Ich habe meinen Müll raus gebracht, jedenfalls für eine Weile."

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