Beim besten Willen, sie konnte nichts genaueres erkennen, außer die große, dunkle Gestalt vor ihr, an deren Seiten scharfe Klingen im Mondschein funkelten und der Regen, der ihn fast mit seiner Umgebung verschmelzen ließ. Man hörte keine Schritte, kein Rasseln, als er sich nur einfach vor sie setzte.
Sie versteifte sich. Den mysteriösen Mann vor sich hocken zu sehen und das in voller Montur, jagte ihr doch eine Gänsehautwelle nach der anderen über die nasse, kalte Haut.
Er schien sie zu beobachten.
Lupus war die Ruhe selbst, zwar wachsam und bereit zu allem, aber er wich ihr nicht von der Seite und wechselte die Blicke zwischen ihr und dem Mann, hin und her.Sie konnte sich dieses Verhalten nicht mehr erklären und schlagartig wurden ihr wieder ihre verschwundene Großmutter und die Tatsache, dass sie hier herumsaß bewusst. Sie schluckte den Kloß in ihrem Hals und straffte die Schultern, als sie sich vorbeugte, um ihn zurück anzustarren. Der Mann verzog keine Miene und wich auch nicht zurück. Bei dem kleineren Abstand konnte sie endlich genaueres erkennen.
Er trug ein Tuch um die untere Hälfte seines markanten Gesichtes und er hat längere, dunkle Haare, die um sein Gesicht und Schultern fielen. In dem Mondlicht das manchmal durch das Blätterdach schien, reflektierte sich sein Haar. Seine schwarze Kluft betonte seinen kampfbereiten Körper und seine breiten Schultern konnten ungemein einschüchternd sein, zumal Aleine noch weitere Waffen sah.
Woher kommt er, dass er einfach so Waffen mit sich rumträgt und sich wie ein Ninja vermummt? Ihr Herzschlag dröhnte in ihren Ohren.
Aleine versuchte sich unbeeindruckt zu zeigen, was ihr schwerer fiel, als sie zugeben mochte."Könnten Sie.. mir bitte helfen?.. Ich habe Ihnen nichts getan.." Er rückte noch näher, sodass er sie beinahe berühren konnte. Hatte er sie nur nicht hören können? Nun wurde sie wieder nervös. Nervosität wäre einfacher, als die Angst die sie schon die ganze Zeit bei ihm beschlich oder auch das Gefühl komischer Vertrautheit und Gefahr, das von ihm ausging.
"Werden Sie mir bitte nun helfen?" Fragte sie lauter und wartete. Er schlug seinen Umhang enger um sich, damit die Waffen nun wieder bedeckt waren. Es beruhigte sie ein wenig, aber dass er es wahrscheinlich in weniger als zwei Sekunden schaffen könnte sie zu ziehen, war ihr durchaus bewusst.
Sie traute ihm nicht, warum auch? Sie rückte wieder näher an den Baum heran, als er ihr noch einmal näher kam. Gegen das regelmäßige Erschauern konnte sie nichts tun und auch dass sie sich ständig verschluckte. Sei es vor Schmerzen, Kälte oder einfach wegen allem zusammen, sie wusste es nicht genau.
"Ich werde dir nichts tun, denn du scheinst keine Gefahr zu sein. Hast du dich verlaufen?" Sie vernahm einen ihr unbekannten Akzent, doch die Worte waren klar und richtig betont. Selbst das Rauschen und Donnern des Gewitters waren für einen kurzen Moment leiser. Sie suchte nach ihrer Stimme und zwang sich zur Ruhe, da er ja meinte, er wolle ihr nichts tun. "Nein, habe ich nicht. Ich bin nur ziemlich ungünstig auf die Steine dort gefallen." Sie zeigte mit dem Daumen hinter sich, vermied es aber ihn anzusehen, weil es ihr nun doch peinlich war, als ihr einfiel, dass er sie getragen haben muss. "Weißt du, wie schwer du verletzt bist?" Sie errötete leicht, weil er so viel größer neben ihr war und er ihr anscheinend wirklich nun helfen wollte.
Mit gesenkter Stimme antwortete sie nur: "Nicht genau. Ich habe eine kleine Platzwunde an der Schläfe, ein paar Kratzer und blaue Flecken ... und vielleicht habe ich mir ein paar Rippen angeknackst." Sein Blick ruhte auf ihr und ihr Herz schlug immer noch sehr schnell.
"Gebrochen sollten sie nicht sein, sonst würdest du nicht wirklich reden können. Soll ich es mal ansehen?" Sie schaute zu Boden. "Sie wollen mir also wirklich helfen?" "Ja. Höre bitte dem Sie auf. Wie heißt du?" Sie suchte den Blickkontakt, wurde jedoch nicht wirklich fündig. Selbst wenn sie einen anderen Blickwinkel versuchte. "Ich bin.. Aleine." Sie gab es auf sein Gesicht erkennen zu können.
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Phönixkind
ParanormalCover made by me "Aleine Evelyn Rubin ist 20 Jahre alt und lebt jetzt seit ca. 6 Jahren in einer Stadt umgeben vom Walde und Meer. Relativ abgeschieden lebt sie ihr Leben überdurchschnittlich normal und doch echt kompliziert. Der Alltag als junge F...