Kapitel 6

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Logan

Ich hatte zwar wirklich Lust gehabt, Reiten zu lernen, doch ich hatte nicht gewusst, was da alles dahinter steckte. "Du sollst ja nicht nur lernen, auf dem Pferd sitzen zu bleiben, sondern auch, richtig zu sitzen, in Schrecksituationen richtig zu reagieren und dein Pferd richtig zu gymnastizieren." Hatte Kaya mir erklärt, während sie mich prüfend beobachtete. Ich drehte Runde um Runde, doch sie korrigierte mich immer wieder. "Gerade sitzen, nach vorne gucken, nicht nach unten! Hacken runter, Hände locker und Ellbogen im 90° Winkel!" Ich seufzte, versuchte dabei alles auszuführen, was sie mir sagte. "Zügel lockerer, ja, so ist es gut." Inzwischen schwitzte ich schon, hatte mir das alles entspannter vorgestellt. Zumindest war das Pferd lieb.

Nachdem ich dann noch ein paar Runden locker getrabt war, hatte sie mich entlassen und mir gezeigt, wie ich nach dem Reiten den Sattel wieder abnahm. "Mum hat gesagt, du sollst dann nach dem Mittagessen mit Bill aufs Feld fahren, um die Zäune zu reparieren." Erklärte sie mir dann, als wir Choco wieder auf die Koppel brachten. Na toll, ich durfte mit ihrem Freund zusammen arbeiten. Ich hatte zwar noch nicht viel mit ihm zu tun gehabt und doch war mir schon klar geworden, dass er überhaupt kein Fan von mir war. Ich hatte ihm nichts getan, war bei den ein oder zwei Begegnungen Freundlich zu ihm gewesen, also konnte man mir wegen nichts die Schuld zuschieben.

Zum Mittagessen gab es Chili Con Carne, ein Typisches Gericht aus Colorado. Es war wirklich extrem scharf und ich hatte mir mehrere Male mein Glas Milch erneut aufgefüllt, während alle anderen nur ein einziges Glas getrunken hatten.

"Können wir los?" Bill hob den Blick und sah mich an, worauf ich nickend aufstand, denn jeder war fertig mit essen. "Komm, ich nehme den Teller." Kaya's Mum wollte mir den Teller schon abnehmen, doch ich schüttelte den Kopf und brachte ihn selbst in die Küche, wie ich es von zu Hause gewöhnt war. Die restlichen Männer im Haus allerdings, Bill eingeschlossen, ließen sich ihre Teller abnehmen, machten nicht einmal Anstalten, irgendwie im Haushalt zu helfen. Sie ließen sich von vorne bis hinten bedienen, was Kaya und ihre Mutter auch noch willig mitmachten.

"Gut, dann gehen wir." Bestimmte Bill, nahm seinen Cowboyhut von der Garderobe, gab Kaya einen flüchtigen Kuss und verließ dann die Küche. "Vielen Dank für das Essen, es hat sehr lecker geschmeckt." Bedankte ich mich noch, verließ dann ebenfalls die Küche. Ich wollte mich wenigstens bedankt haben.

Bill saß schon auf dem Traktor, als ich nach draußen kam, hatte den Motor gestartet und sah mich ungeduldig an. "Wo bleibst du denn?" Rief er, worauf ich meinen Schritt beschleunigte und mich zu ihm auf den Traktor schwang. Zu gerne wäre ich selbst gefahren, aber komischerweise jagte er mir solchen Respekt ein, dass ich es nicht wagte, ihn zu fragen.

Eine viertel Stunde fuhren wir in der inzwischen prallen Sonnen, über die Feldwege und Wiesen, waren zwischen Pferde - und Rinderkoppeln hindurch gefahren, hatten andere Farmer getroffen und sogar eine Klapperschlange gesehen. Da der Motor des Traktor's so laut war, konnten wir uns nicht Unterhalten, doch ich war mir sicher, dass wir sowieso nichts zu besprechen hatten. Irgendwann fuhr Bill rechts ran, sprang vom Trekker und nahm die Werkzeugkiste aus der Klappe. Ich sprang hinter ihm runter und nahm sofort den Zaun in Augenschein, wo mir ein gerissener Stacheldraht aufgefallen war. Bill, der inzwischen bei der glühenden Hitze sein Hemd ausgezogen hatte und Oberkörperfrei arbeitete, reichte mir stumm Rödeldraht und eine Zange. Ich nahm sie entgegen, während er die gerissenen Drahtstücke aneinander  hielt. Es war komisch, dass wir nicht miteinander redeten, aber trotzdem genau wussten, was der andere zu tun hatte und was als nächstes passieren würde, wo es doch das erste Mal war, dass wir miteinander arbeiteten.

"Was tust du eigentlich hier?" Fragte Bill angstrengt, wischte sich mit dem Arm den Schweiß, der ihm von der Stirn tropfte ab und biss die Zähne zusammen, als er am Draht zog. Misstrauisch sah ich ihn an. "Was soll ich schon hier machen? Geld verdienen?" Er nickte nur stumm, fragte nicht weiter, womit sich meine Vorahnung, das er mich nicht mochte, bestätigte. Wir redeten nicht viel, wechselten Zwischendurch ein paar Wörter, wenn wir uns Gegenseitig das Werkzeug reichten, den Zaun reparierten, aufbrachen und wieder ein Stück weiter fuhren. Insgesamt hielten wir 7 Mal an, waren am Ende beide Nass geschwitzt und hatten unsere Nassen T-Shirts über eine Stange am Trekker gehängt. Die Sengende Hitze drohte uns die Haut zu verbrennen, als wir zurück zur Ranch fuhren, uns beide schon einen Sonnenbrand geholt hatten.

Als wir auf die Ranch gefahren kamen, liefen uns Kaya und ihre Freundin Jasmin entgegen, die uns fröhlich zu winkten. "Na bei euch ging es aber heiß her." Lachte Jasmin, während sie neugierig schmunzelnd unsere Gesichter, die sicher ganz rot von der Sonne waren, betrachtete. Bill, der Kaya gerade einen Kuss gegeben hatte, drehte sich anschließend zu uns um und fragte: "Will jemand mit an den See?" Als wir alle zustimmten, froh über eine Abkühlung waren, lief er zu seinem Pick Up, fuhr diesen vor und wir fuhren alle runter zum See. Als ich durch den Rückspiegel sah, um ihn kurz zu beobachten, bemerkte ich, dass er mich ebenfalls mit einem unzufriedenen Blick betrachtete. Es schien, als wäre er lieber mit Kaya alleine gewesen und so wie sie ihn gerade in den Arm gezwickt hatte, war es alleine ihr Verdienst, dass Jasmin und ich mit im Auto saßen. Ich wusste, dass sie dafür Sorgen wollte, dass ich hier Freunde fand, doch aus Bill und mir würden sicher keine Freunde werden. Er war der erste von uns beiden, der den Blickkontakt abbrach, da er wiede auf die Straße gucken musste, doch innerlich klopfte ich mir auf die Schulter, stolz darauf, seinem Blick standgehalten zu haben.

Als er schließlich vor meiner kleinen Hütte parkte, der See sich mit seiner glitzernden Oberfläche vor uns erstreckte und die Sonne jetzt, gegen Abend tiefer am Himmel stand, stiegen wir alle aus dem Auto aus und jagten zum See.


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