Ob sie wusste, wie zweideutig das geklungen hatte?
Nach einer Stunde hatte ich schließlich die Reitstunde hinter mir, war schweißgebadet und Hunger hatte ich auch. Grummelnd fuhr ich mir mit dem Arm über das Gesicht, um mir den Schweiß, der mir in den Augen brannte weg zu wischen. "Na, es ist doch nicht so einfach, wie immer alle sagen, oder?" Kaya lachte, schloss das Tor des Reitplatzes hinter uns und lief fröhlich neben mir her. "Es ist nicht so einfach, wie es aussieht. Viele sagen ja, man würde einfach nur drauf sitzen und sich tragen lassen, aber das stimmt nicht. Man muss schon selbst etwas arbeiten, damit das Pferd ordentlich läuft." Kicherte sie, worauf ich nur stöhnte. "Ja, ist ja schon in Ordnung. Du hast Recht, bist du jetzt zufrieden?" Sie nickte auf meine Frage hin und grinste mich an. "Wenigstens einer." Grummelte ich, ziemlich unzufrieden darüber, dass ich mich mittlerweile schon selbst roch. "Wieso, was ist los?" Ich bemerkte, wie Kaya's Belustigung in leichte Sorge umschwang, was mich grinsen ließ. "Ich stinke und ich habe Hunger." Beantwortete ich ihre Frage und betrat den Stall, fing dann damit an den Schimmel abzusatteln, so wie Kaya es mir beigebracht hatte. Ich wusste, ihrem strengen Blick entging nichts, also erledigte ich meine Aufgaben ordentlich, kratzte nach und nach alle Hufe aus und legte dem Pferd eine Decke auf. "So, jetzt übernehme ich, dann kannst du ja schonmal Duschen gehen, du stinkst nämlich wirklich." Kaya grinste, löste den Knoten des Stricks und verschwand mit dem Pferd in einer Box. Kopfschüttelnd wandte ich mich ab, verließ den Stall und stieg dann in den Pick Up, womit ich dann hinunter zu meiner Hütte fuhr.
Ich hatte zwar überlegt, direkt in den See zu springen, doch eine kalte Dusche in der ich mich ordentlich waschen konnte war auch ziemlich verlockend. Ich entschied mich also doch für die Dusche, seifte mich ordentlich ein und roch anschließend wieder halbwegs annehmbar, zumindest meiner Meinung nach. Während ich mich abtrocknete, überlegte ich, was ich den ganzen Tag machen sollte. Ich hatte zwar noch meine Aufgaben auf dem Hof zu erledigen, doch jetzt hatte ich mindestens drei Stunden Freizeit. Als erstes würde ich etwas zu essen brauchen, doch mein Kühlschrank war bis auf eine Packung Milch und zwei Äpfel leer. Das Mittagessen auf dem Hof fiel heute aus, also würde ich mir selbst etwas besorgen müssen. Ich beschloss, in die Stadt zu fahren und trat nur mit einer Boxershorts aus dem Bad heraus.
Erschrocken stieß ich einen leisen Schrei aus, als ich Kaya entdeckte, die grinsend auf meiner Couch saß. "Was machst du hier?" Fragte ich, wobei ich mir jetzt erst darüber bewusst war, dass ich mit nichts als einer Boxershorts bedeckt war, doch Kaya lachte nur. "Stell dich doch nicht so an, in Badehose habe ich dich doch auch schon gesehen. Ich hab Mittagessen mitgebracht." Es machte ihr also nichts aus, dass ich nur eine Badehose anhatte, doch ich fühlte mich trotzdem unwohl. Im Gegensatz zu mir war sie komplett angezogen und ihr Blick ruhte Seelenruhig auf meinem Körper, wobei ich zu gerne ihre Gedanken lesen würde, wollte wissen was sie dachte. "Super, ich ziehe mich trotzdem noch schnell um." Murmelte ich peinlich berührt, stapfte herüber zu meinem Bett, dass nur durch einen Schrank vom Rest der 'Wohnung'getrennt war. Insgesamt bestand die Wohnung nur aus einem Zimmer, welches einen Herd, einen Kühlschrank, eine Spüle, einen Esstisch mit zwei Stühlen, eine Couch ein Bett und einen Kamin beinhaltete. Das einzige abgetrennte Zimmer war das Bad, das auch so klein war, dass ich mich gerade so darin drehen konnte. Komischerweise befand sich in dem Haus ein Doppelbett, da war man nicht so sparsam gewesen.
Natürlich wollte ich nicht meckern, ich hatte meine eigene Bude und das reichte für mich völlig aus. Ich war sowieso die ganze Zeit an der Arbeit und nur zum schlafen zu Hause, bis auf heute natürlich. Was mich wieder dazu brachte, dass Kaya sich in meiner Hütte befand, nur wenige Meter von mir entfernt, wo ich mich gerade umzog. Seltsamerweise machte mich das etwas nervös, also streifte ich mir schnell ein T-Shirt über und zog eine kurze Hose an, dann lief ich zurück zu Kaya und ließ mich neben ihr auf die Couch fallen. "Ich dachte eigentlich, wir essen draußen auf dem Steg." Sie grinste, stand auf, gab mir ihre Hand, die ich seufzend entgegen nahm und ließ mich von ihr hoch ziehen. "Ich habe mich doch gerade erst hingesetzt." Jammerte ich, grinste aber, als sie den Deckel der Dose, die sie mitgebracht hatte anhob. "Es gibt Lasagne." Flötete sie, drehte sich um und schob sich durch die Terassentür auf den Steg nach draußen. Hungrig holte ich Teller und Gabeln aus dem Schrank, nahm sie mit nach draußen und setzte mich Kaya gegenüber auf einen Stuhl.
"Weißt du, was hier fehlt?" Fragte ich mit vollem Mund, ließ meine Gabel dann in die Schüssel sinken, aus der wir mit unseren Gabeln aßen, Teller hatten wir doch keine benutzt. "Was denn?" Kaya, die inzwischen schon pappsatt war, hatte sich in ihrem Stuhl schon zurück gelehnt, die Füße auf eine alte Holzkiste gelegt, die ich gelegentlich als Hocker benutzte und sah verträumt auf den See hinaus. "Ein Fernseher." Murmelte ich, lehnte mich dann ebenfalls gesättigt in meinem Stuhl zurück. "Ein Fernseher?" "Ja, ein Fernseher." "Warum?" Fragte sie neugierig, warf mir dabei einen interessierten Blick zu. "Weil ich schon einen Monat kein Fernsehen mehr geguckt habe und es manchmal ziemlich langweilig ist, wenn ich abends hier bin." Erklärte ich ihr, fuhr mir dabei durch die Haare. Wenn ich abends schon niemanden zum reden hatte, konnte ich einen Fernseher gut gebrauchen. Anfangs hatte es zwar gut getan, mal abzuschalten, doch ich bemerkte schnell, dass ich mich ziemlich abgeschottet von der restlichen Welt fühlte. Vor allem, weil ich kein Breaking Bad mehr gucken konnte.
"Verstehe ich nicht. Ich gucke höchstens einmal im Monat fern." Sie sah mich an, wobei ihr Blick etwas Verlegenheit wieder spiegelte. "Einmal im Monat?" Früher hätte ich mir das gar nicht vorstellen können, doch da ich jetzt selbst genauso die Tage verbrachte, wusste ich genau, wie sie sich fühlen musste. Dachte ich. "Ich brauche keinen Fernseher. Ich bin den ganzen Tag im Stall, alles wichtige erfahre ich in der Schule und wenn ich abends rein komme, will ich nur noch ins Bett." Quasselte sie drauf los. Da hatte ich also doch falsch gelegen.
"Jetzt hast du aber seit einer Woche Ferien, wie willst du dann auf dem neuesten Stand bleiben?" Ich grinste, doch sie hatte sofort eine Antwort parat. "Internet, Radio. Außerdem werde ich sowieso mit einer Projektarbeit beschäftigt sein. Ich weiß gar nicht, wie ich die noch schreiben soll, wenn ich in den Ferien bei Mum im Laden arbeiten soll." Sie zog die Beine an, legte die Arme darum und stützte ihr Kinn auf die Knie. "Ich weiß ja noch nicht einmal, über welches Thema ich schreiben soll." Brummte sie, sah dabei noch immer auf den See. "Warum schreibst du nicht über Pferde? Da kennst du dich doch aus?" Schlug ich vor, doch sie schüttelte den Kopf. "Das Thema ist doch viel zu groß, ich brauche etwas genaues."
"Dann schreib doch darüber, wie man Pferde einreitet." "Geht auch nicht, da gibt es zu viele Möglichkeiten, zu viele Meinungen darüber wie man es richtig macht und was man falsch macht." Wehrte sie wieder ab, worauf ich mit den Schultern zuckte. "Dann schreib doch über deine eigene Vorgehensweise." "Nee, bis jetzt habe ich erst ein Pferd eingeritten, ich brauche mehr Erfahrung dafür." Auch dieser Vorschlag war ihr Recht und ich wusste nicht genug über Pferde, um ihr noch mehr Themen vorschlagen zu können. Das einzige was ich wusste war, dass die Pferde vor Millionen Jahren so groß gewesen waren wie ein Fuchs. Das hatte ich im Hinterkopf behalten, und schlug es ihr jetzt vor, sie solle doch über die Evolutionsgeschichte des Pferdes schreiben.
"Ich überlege es mir, aber jetzt muss ich erst mal los, ich komme nach dem Füttern wieder vorbei." Sie fing an, die Schüssel wieder einzupacken, stand dann auf und legte die Gabeln in die Spüle. "Wieso?" Fragte ich auf die Erkenntnis hin, dass ich heute Abend nochmal Besuch kommen würde und stand ebenfalls auf. "Na zum Film gucken."
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Wildest Dreams
Teen Fiction"Wenn du nicht hier wärst, wäre das alles nicht passiert! Ohne dich wäre ich glücklicher, du hast alles kaputt gemacht was mir wichtig war." Sie klang sauer, trotzdem liefen ihr die Tränen unaufhaltsam die Wangen herunter, sie war völlig verzweifelt...