John - Kapitel 2

28 2 2
                                    

Nach einer ausgiebigen Dusche zog ich mir wieder meine Sachen an und trocknete meine Haare mit einem Handtuch. Ich schlüpfte in Unterschwäche, Shorts und ein altes T-Shirt. Ich hatte es von meinem großen Bruder, weil es ihm zu klein geworden war. Es war schon ziemlich verwaschen, dennoch erkannte man noch den Aufdruck des Nirvana Logos. Ich liebte es, obwohl es steinalt war.
Entspannt verließ ich also wieder das Badezimmer und wollte zurück in mein Zimmer, als mich Sky ansprach, und fragte, ob ich auch Kaffee wollte. Mit einem angedeuteten Lächeln bejahte ich ihre Frage und ging ebenfalls zur Küchenzeile, die Großteils noch leer stand.
Als sie mich fragte, welches Fach ich studieren würde, gab ich eine Einwort-Antwort: Musik.
Recht viel mehr Konversation brachten wir aber irgendwie nicht zustande, also ging ich, nachdem ich meinen Kaffee in Stille getrunken hatte, wieder zurück in mein Zimmer.

In besagtem Raum angekommen, kramte ich Bleistift und Lineal, die ich extra in meinem Handgepäck mitgenommen hatte um direkt beginnen zu können, aus meinem Rucksack und fing an die Wände zu begutachten. Wo wollte ich was hinstellen, vor allem wo wollte ich alle Gitarren aufhängen. Ich hatte ja genügend Gitarren, sieben um genau zu sein. Ich glaube, das ist schon etwas Besonderes.

Ich begann also die Stellen an den Wänden zu markieren, wo ich meine Instrumente gerne aufhängen wollte, anstatt die Wände mit Bildern oder Ähnlichem zu verschönern.
Viel Arbeit war das nicht, aber die Möbel waren noch nicht da und Langeweile war einer meiner größten Feinde. An sich war mein Zimmer erstaunlich groß für eine billige Studienwohnung, was wohl daran liegen könnte, dass es so ein altes Gebäude war.

Mit einem tiefen Seufzer ließ ich mich an die Stelle auf den Boden sinken, an der irgendwann einmal in der näheren Zukunft mein Bett stehen sollte. Und da war sie auch schon, die Langeweile und vergrub mich unter ihren schweren Klauen. Poetisch, was? Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.
Irgendwas musste ich machen, aber ich wusste nicht, ob ich hier einfach so Gitarre spielen durfte. Ich meine, gab es hier irgendwelche Verordnungen? Ach, als ob mich Hausregeln interessieren würden.
Ich stand also wieder auf, klappte den Gitarrenkoffer auf und holte meinen größten Schatz heraus. Es war die „Doves in Flight Mystic Rosewood" ein ehrliches Schmuckstück, gemacht aus Sitka Holz. Aber ich schweife ab.
Ich setzte mich also mit einem zufriedenen Seufzen auf meinen Koffer und spielte mein Baby nach definitiv zu langer Zeit wieder an. Einfache Akkordfolgen glitten inzwischen recht geschmeidig, um nicht zu sagen beinahe perfekt von meinen Fingern, naja, ich übte mich ja auch schon lange genug darin. Hin und wieder baute ich Abschnitte aus meinen momentanen Lieblingsliedern ein, wenn es gerade passte.

Ich erinnere mich immer wieder gerne zurück an den Tag, an dem ich zum ersten Mal eine Gitarre in Händen gehalten hatte. Bis zu dem Tag war Musik alles andere als mein Ding gewesen, also, einfach unnötiges Zeug. Mein Bruder, also praktisch die einzige Person der ich mein Vertrauen geschenkt hatte, war aber selbst Gitarrist und überzeugte mich, es vielleicht doch auch mal auszuprobieren.
Und auf diese Art habe ich meine Liebe zu Gitarren und generell der Musik gefunden. Danke großer Bruder.

Erst nachdem ich schon relativ lange in meine musikalische Seite vertieft war, vernahm ich ein ziemlich leises Klopfen an meiner Zimmertür. Ich stoppte, dämpfte die Saiten mit einer Hand und bat die Person an der anderen Seite der Tür mit einem „Ist offen, komm nur rein" in mein Zimmer. Wie ich schon erwartet hatte, war es Sky, die die Tür aufmachte und sich dann zu mir, nur eben auf den Boden setzte. „Ich hab' gar nicht mitbekommen, dass du sogar zwei Gitarren mithast. Ich glaube, ich brauche eine Brille.", meinte das Mädchen und musterte das Instrument auf meinem Schoß. Ich nickte zustimmend, und neckte sie etwas „Ach weißt du, ich bin ein Magier. Die sind durchs Fenster geflogen gekommen.", und deutete mit meinen Armen einen Flügelschlag an. Sie lachte leicht und ging auf meinen Scherz ein „Ach deswegen hat sie wohl auch ein Loch in der Mitte! Also, wenn du sie reparieren musst, kann ich dir gerne Holz besorgen." Jetzt hatte sie mich erwischt und auch ich musste lachen. Wie lange hatte ich schon nicht mehr ehrlich gelacht?
Tja, und so kamen wir beide ins Quatschen. Ich verstand mich besser mit ihr, als ich es erwartet hatte. Was war eigentlich in mich gefahren? Seit wann war ich bitte nett?
Naja, musste wohl die Reisekrankheit sein, vielleicht meldete sich auch der Jetlag verfrüht.

Northern LightsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt