John - Kapitel 3

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Nachdem ich einige Stunden alleine in meinem Zimmer verbracht hatte, hörte ich erneut ein leises Klopfen an meiner Zimmertür. "Ist immer noch offen." meinte ich leicht schmunzelnd und erwartete Skylars Eintreten mit einem Blick in die Richtung des Eingangs. Kurz darauf öffnete sich meine Tür auch, und Sky trat mit zwei Zetteln in ihren Händen ein. "Was gibt 's?" fragte ich freundlicher als ich selbst erwartet hätte und schenkte ihr sogar ein Lächeln. "Naja, ich wollte eigentlich nur fragen, was du essen willst. Zur Auswahl stehen Chinesisch und Pizza." Ich überlegte einen Moment mit offensichtlich relativ durchschaubarer Miene, weil meine Mitbewohnerin kichern musste. Ich seufzte dann "Schwere Entscheidung, aber ich denke ich wähle heute mal Chinesisch. Also, auch wenn ich absolut unfähig bin was Essen mit Stäbchen angeht." Sky lachte zwar kurz, aber ich war mir ziemlich sicher, dass es nur Mitleid war. Meine Witze hatten echt schon bessere Zeiten gesehen. Naja, nevermind.

Sky drückte mir den Zettel in die Hand, damit ich mir ebenfalls was aussuchen konnte und ging wieder, nachdem ich ihr meine Auswahl mitteilte. Meine Zeit hier in Norwegen war bis jetzt eigentlich doch recht schön gewesen, auch, wenn ich erst wenige Stunden hier verbracht hatte. Ich meine, man muss erst sehen wie es mit Universität und Co. laufen wird, aber ich denke, das ist mein kleinstes Problem im Moment. Vielleicht nicht, aber ich empfand es so.

Eine weitere Stunde später schallte auch schon Skys Ruf "Essen ist... fertig!" in mein Zimmer und ich schüttelte leicht grinsend den Kopf, bevor ich aufstand und mich auf meinen Weg in die Küche begab. Doch schon im Wohnzimmer stieg mir der köstliche Geruch von chinesischem Essen in die Nase. Ein großer Teller, auf dem unser ganzes Essen gehäuft war, stand vor unserer Matratze und noch weiter davor stand unser Ungetüm von Fernseher. Eigentlich konnte man dieses Monster gar nicht mehr Fernseher nennen. „Stammt das Ding denn aus der Steinzeit?" nuschelte ich ganz leise vor mich hin, während ich auf Skylar wartete und dabei unseren schwarzen Koloss betrachtete. Es war einfach noch ein Röhrenfernseher, wer zur Hölle hat heutzutage noch sowas? Ich denke ich verwandle mich gerade in das Gegenteil einer alten Oma, die sich über heute beschwert, ich beschwere mich einfach über früher.
Als dann Sky wieder zu mir kam und irgendwie aussah als wäre sie leicht unsicher, klopfte ich mit einer Hand neben mich auf die Matratze um ihr zu deuten, dass sie sich setzten sollte.
Als wir dann beide dasaßen und jeder von uns etwas zu essen und eine Gabel genommen hatte, schnappte Sky die Fernbedienung und schaltete das Monster von Fernseher an.
Und so verbrachten wir unser erstes gemeinsames Abendessen, eigentlich ziemlich entspannt.
Nach einer Weile konnte ich es einfach nicht lassen Sky hin und wieder zu beobachten. Ich hatte in meinem Leben noch nie ein Mädchen gesehen, das so viel aß, aber trotzdem so schlank war. Und in Amerika aß man schon wirklich viel.
Eine kurze Bemerkung konnte ich mir nicht erwehren, aber diese war eher ein Kompliment und auch als ein solches Gedacht.

Und so saßen wir da, sahen fern und futterten nebenbei, oder sollte ich sagen futterten und sahen nebenbei fern?
Das Fernsehprogramm war jetzt nicht unbedingt so interessant für mich, aber ich wagte es nicht mich zu beschweren, denn Sky hatte mich ja extra gebeten sich diesen Film ansehen zu können.
Nach einer Weile brachte ich dann in einer Werbepause das verwendete Geschirr zurück in die Küche und setzte mich danach wieder zu Skylar. Müde war ich noch nicht, als unser Film zu Ende war, aber das Mädchen neben mir musste anscheinend schon gähnen, so müde war sie. Ich sah also zu ihr und schmunzelte dabei leicht
„Na, schon so fertig?"
„Naja, doch relativ. Es war ein langer Tag." erwiderte sie und lächelte zurück.
„Wenn du willst, dann können wir schon Licht ausmachen. Ist kein Problem."
Diese Option nahm meine Mitbewohnerin mit einem dankenden Nicken an, rieb sich die Augen und ließ sich dann zurück in die Kissen sinken.
Ich stand noch einmal auf um das Licht auszuschalten und kehrte dann ebenfalls auf die breite Matratze zurück und warf mir schnell die übriggebliebene Decke über.

Mir fiel es leider schwer einzuschlafen, ganz im Gegensatz zu Skylar. Die war schon in wenigen Minuten einfach weggepennt und atmete ruhig und friedlich neben mir.
Eine gefühlte Ewigkeit lag ich dort, und versuchte einzuschlafen während meine Gedanken irgendwo im Nirgendwo herumkreisten. Uralte Kindheitserinnerungen schossen mir durch den Kopf, gute genauso wie schlechte. Ich war gerade dabei, langsam mein Bewusstsein zu verlieren und in den Schlaf zu gleiten, als Skylar sich zur Hälfte auf mich drauf rollte und ihre Hand genau in meine Haare versenkte. Also wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen mit Absicht, aber sie schlief ja tief und fest. Ich grinste amüsiert als ich sie ganz vorsichtig wieder von mir runter schob und sie wieder zudeckte. Irgendwie war sie schon süß, das musste ich zugeben, aber im Moment definitiv nicht mein Beuteschema, wenn man das so sagen konnte. Generell war eine Beziehung mit einer Mitbewohnerin doch eher dumm, was passiert denn, wenn man sich trennt? Sie ist dann bestimmt nicht die, die sich dafür entscheidet auszuziehen. Aber ich weiß nicht, war sie nicht eigentlich schon ziemlich toll? Naja, das war erst unser erster Tag, warten wir Mal ab, wir werden noch genug Zeit miteinander erbringen.
Mit diesen Gedanken sollte ich in einen unruhigen Schlaf versinken.

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